Berlin/Köln. Der demografische Wandel kommt. Unaufhaltsam. Deutschland wird bald noch deutlicher altern – und das hat Folgen für die Sozialkassen. Wenn wir nicht gegensteuern, wird es für alle jüngeren Kollegen ganz bitter.

Wie bitter genau?! Das hat die Bertelsmann-Stiftung ausrechnen lassen, von Professor Martin Werding (Ruhr-Uni Bochum). Aktuell liegt der Gesamtbeitragssatz an die Sozialversicherungen nur knapp unter 40 Prozent: Das ist die rote Linie, eine politisch anerkannte Schmerzgrenze. Ohne Reformen aber wird die geballte Last der Beiträge laut Werdings Studie bis 2045 auf über 50 Prozent steigen.

Zusammenhalt: Ein gutes Verhältnis von Alt und Jung ist zentral für eine soziale Gesellschaft.

Dazu muss man wissen: Bei einem Jahresbruttogehalt von 35.000 Euro macht jeder Prozentpunkt Sozialbeiträge 350 Euro aus, die je zur Hälfte vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgebracht werden müssen, also: vom Betrieb und vom Mitarbeiter. 10 Prozentpunkte Unterschied bis 2045 – das wären also allein für den Beschäftigen pro Jahr 1.750 Euro weniger im Geldbeutel! Im Jahr 2010 geborenen jungen Menschen droht laut Studie sogar ein Gesamtbeitragssatz von 54 Prozent – als Durchschnittswert (!) ihres aktiven Arbeitslebens.

Jüngere Altersgruppen dürfen nicht über Gebühr belastet werden

Kein Wunder, dass Werding angesichts solcher Horror-Daten eine „fehlende langfristige Tragfähigkeit der Sozialfinanzen“ konstatiert. Er folgert: „Unverzichtbar ist eine weitere Verlängerung der aktiven Lebensphase.“ Bei der Rente mit 67, die seit 2012 schrittweise eingeführt wird, wird es also auf die Dauer nicht bleiben können.

Aber: „Im politischen Berlin werden fatalerweise lieber Extras wie aktuell die ‚Grundrente‘ diskutiert, die genau in die falsche Richtung gehen“, kritisiert Jochen Pimpertz, Sozialversicherungsexperte am Institut der deutschen Wirtschaft. „Wir dürfen doch angesichts der demografischen Belastung nicht auch noch zusätzliche Leistungsversprechen definieren, die dann vor allem jüngere Altersgruppen belasten würden.“

Mehr Sozialbeiträge – das heißt auch: Weniger Spielraum für Lohnerhöhungen

Mehr Sozialbeiträge, macht Pimpertz klar, das bedeute ja immer: Trotz gleicher Bruttolöhne höhere Arbeitskosten, die Betrieben im globalen Wettbewerb schaden – weniger Nettoentgelt für die Beschäftigten – und weniger Spielraum für künftige Lohnerhöhungen. Laut Koalitionsvertrag will die Regierung die Beitragslast „bei unter 40 Prozent stabilisieren“ (getan hat man dafür allerdings praktisch nichts).

Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer fordert denn auch, „eine Sozialabgabenbremse bei 40 Prozent gesetzlich festzuschreiben und auf weitere kostenträchtige Leistungsausweitungen in der Sozialpolitik zu verzichten“. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hat sogar eine entsprechende Grundgesetzänderung vorgeschlagen. Denn die Stabilität der Sozialfinanzen werde gefährdet, so Altmaier, „wenn wir reihenweise ungedeckte Schecks ausstellen, die dann unsere Kinder und Enkelkinder einlösen müssen“.