Imagevideo statt Messestand, Rampenlicht statt Heizungskeller: So kann es gehen, wenn ein Hidden Champion plötzlich sichtbarer wird. Sotin-Geschäftsführer Thomas Schroeder hat sich inzwischen ganz gut an den Trubel gewöhnt. 2021 gab es eine Anerkennung beim Innovationspreis Rheinland-Pfalz für das Bad Kreuznacher Unternehmen sowie den Sieg in der Kategorie Mittelstand beim Responsible-Care-Landeswettbewerb des Chemieverbands VCI. Der Grund: eco-N₂, ein Gefäßfüllsystem, mit dem Schroeder mehr Nachhaltigkeit in die Heizungswartung bringt.

Stickstoff statt Treibhausgasen zum Druckausgleich

„Wir sind absolut führend etwa bei Kesselreinigern“, erklärt Schroeder, was das Familienunternehmen seit der Gründung 1977 groß und in Fachkreisen bekannt gemacht hat. „Aber damit gewinnst du keinen Preis und keine großartigen Emotionen. Insofern ist eco-N₂ die mit Abstand größte Sache, die wir bislang hatten.“

Das Prinzip: Bei der Heizungswartung muss der Handwerker den Druck in der Anlage ausgleichen. Bislang pumpt er dazu meist entweder schädliche Treibhausgase aus kleinen Aerosoldosen in das Ausdehnungsgefäß im Keller oder Gase wie Stickstoff aus schweren Elf-Liter-Flaschen. Wenn er nicht sogar Luft nutzt – und so Korrosion fördert.

Mit eco-N₂ hat Sotin die perfekte Symbiose geschaffen, „die kleine Revolution“, schwärmt der grundfröhliche Schroeder: ein tragbares Gefäßfüllsystem, das nur mit Stickstoff arbeitet und so leicht anzuschließen sei wie der Reifenfüller ans Vorderrad. „Das gibt es in dieser kleinen Form nirgends. Und Stickstoff ist absolut klimaneutral, schließlich besteht unsere Umgebungsluft zu 78 Prozent daraus“, sagt der 56-Jährige. „Es gewinnen also alle: wir, der Handwerker und die Umwelt.“

Sauberes Heizsystem ist energieeffizienter

eco-N₂ ist die logische Fortschreibung der Sotin-Geschichte: 70 Prozent des Umsatzes von rund 8 Millionen Euro macht das Unternehmen mit Sanitär- und Heizungsreinigern. Und habe damit schon immer zur Nachhaltigkeit beigetragen, betont Petra Ranßweiler-Fink aus dem Marketing: „Saubere Kessel sind energieeffizienter.“

Einige Produkte sind seit 30 Jahren gleich, andere Rezepturen mussten sich verändern, weil Rohstoffe reguliert wurden und sich die Brenntechnik gewandelt hat, weg vom Öl. eco-N₂ aber war mehr eine technische als eine chemische Herausforderung. Die Idee hatten Schroeders Mitarbeiter Oliver Kuhn und Mario Stäb, die das Projekt auch leiteten. Schnell wurde klar, dass Sotin Partner brauchen würde: „Für die Feinabstimmungen brauchten wir ein Unternehmen für die Druckminderungseinheit, ein zweites für die Druckgasflaschen.“

Mit einer Ingenieurfirma entwickelte Sotin das aktenkoffergroße Gerät. Sein Herzstück ist die Druckminderungseinheit, die den Stickstoff kontrolliert entleert: Die Flasche steht unter 165 Bar Druck. „Gegenüber einer Aerosoldose mit Treibhausgasen erreichen wir die vierfache Ausbringungsmenge“, erklärt Schroeder. Seit Ende 2018 hat Sotin rund 1.000 Geräte sowie knapp 20.000 Druckgasflaschen verkauft.

Die Nachhaltigkeitsdebatte hat eco-N₂ Aufmerksamkeit verschafft, zugleich hat Corona Fachmessen als Vertriebskanal abgewürgt. „Wir hoffen, dass wir wieder häufiger rausdürfen“, sagt Schroeder. „Dann sehen wir kein Problem, 600 Geräte im Jahr zu verkaufen.“ Marktchancen sieht er auch, weil die EU-Kommission ab 2025 Treibhausgase in Aerosoldosen noch strenger regulieren will.

Wie wichtig ist Handwerkern Nachhaltigkeit?

Die betriebswirtschaftliche Seite liegt dem geschäftsführenden Gesellschafter etwas mehr als die Chemie. „Ich habe mal ein Jahr nicht erfolgreich Chemie studiert“, erzählt Schroeder. Mit Anfang 20 kam er zurück in den Familienbetrieb und schloss eine Ausbildung zum Industriekaufmann ab. „Eigentlich bin ich aber fast schon mein ganzes Leben hier.“ Lächelnd erinnert Schroeder sich an „Kinderarbeit“, als er in der Mittelstufe für 5 Mark die Stunde bis 3 Uhr morgens Scheibenklar für eine Supermarktkette abfüllte. „Weil um 7 Uhr der Kunde kam.“

Die Zeiten haben sich geändert. Und werden es beim Thema Nachhaltigkeit weiterhin. Für eco-N₂ hofft Schroeder auf neue Denkweisen im Handwerk: „Guckt der Handwerker auch auf die Umwelt? Ist er der Technikaffine, der es super findet, mit so einem Gerät irgendwo reinzukommen? Oder ist er einer, der sich mit Veränderungen schwertut und lieber so weitermacht wie schon seit 30 Jahren?“

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