Dresden. Menschen in Schutzkleidung beleben die Reinräume, die Büros der Halbleiterfabrik von Bosch in Sachsens Landeshauptstadt füllen sich mit Leben. Anfang März hat in der Chipfabrik die Prototypenproduktion begonnen. „Bis Ende 2021 startet die Serienfertigung“, weiß Otto Graf, Projektleiter des Fabrik-Aufbaus.

Hier werden voll automatisiert Chips auf 300-Millimeter-Wafer gefertigt. Und Chips – vor allem für die Leistungselektronik in Autos. Aus jedem Wafer entstehen bis zu 31.000 winzige Schaltkreise, die etwa in Elektronik-Komponenten von Gleichspannungswandlern in E- und Hybridautos oder in Airbag-Steuerungen gehören. 1 Milliarde Euro kostet das digitalisierte, hochvernetzte Werk bis zur Fertigstellung, rund 700 Beschäftigte werden hier arbeiten. 

Perfekte Infrastruktur war entscheidend für Investition

Warum investiert Bosch in Dresden? „Wir haben weltweit nach dem optimalen Platz für unsere ‚Chipfabrik der Zukunft‘ gesucht und ihn hier gefunden“, erklärt Graf. Ob gut ausgebildete Arbeitskräfte, Hochschulen, Forschungsinstitute, zahlreiche Firmen aus der ganzen Bandbreite der Halbleiterbranche: „All das ist hier in hohem Maße vorhanden.“ Zudem gebe es große Unterstützung durch Land, Kommune und den Bund.

Karin Raths bestätigt das. Die Pressesprecherin des Dresdner Werks vom US-Chipkonzern Globalfoundries (3.200 Beschäftigte) ist seit Ende der 1990er Jahre vor Ort. Sie hat das Wachsen der Branche und des eigenen Werks miterlebt: „Mittlerweile haben allein wir über 12 Milliarden US-Dollar investiert und betreiben den größten Fertigungsreinraum in Europa.“ 2021 sind erneut 400 Millionen Euro an Investitionen bestätigt.

Kooperation ist dabei Trumpf. So wollen etwa Bosch und Globalfoundries gemeinsam auf Basis einer von Globalfoundries entwickelten Technologie, die Chips mit sehr geringem Stromverbrauch erlaubt, eine neue Generation von Radarchips entwickeln und bauen. Die bringen Automobile sicherer durch den Verkehr und sind auch wichtig für autonomes Fahren.

„Silicon Saxony“ erfolgreich durch Kooperation

Allein in Sachsen arbeiten heute gut 64.000 Menschen in rund 2.400 Firmen der Halbleiter-Wertschöpfungskette, jeder dritte europäische Chip wird hier produziert. In Anlehnung an das kalifornische Silicon Valley hat sich für die Region der Begriff „Silicon Saxony“ etabliert.

So lautet seit 20 Jahren auch der Name des Branchenverbands mit über 360 Mitgliedsfirmen, der das innovative Hightech-Netzwerk auf dem Weg zum heute größten europäischen und weltweit fünftgrößten Mikroelektronik-Standort begleitet hat. „Wir sind erfolgreich, weil wir eine riesige technologische Breite sowie eine enge Zusammenarbeit zwischen Mittelstand, Global Playern und der Wissenschaft schaffen konnten“, weiß Heinz Martin Esser, im Ehrenamt Vorstandsvorsitzender des Verbands und bis vor Kurzem Chef eines Herstellers für Ausrüstung von Chipfabriken.

Soll der Erfolg von Dauer sein, müsse ständig investiert, modernisiert, ausgebaut werden. Allein Corona hat der Digitalisierung – und damit der Chipnachfrage – einen großen Schub gegeben. „Deshalb begrüßen wir Investitionshilfen wie etwa die IPCEI-Förderungen vom Bund, damit Europa im globalen strategischen Wettbewerb mithalten und stärker werden kann“, so Esser.