München. Sich weiterbilden oder einen Abschluss im Beruf nachholen, dafür ist jetzt ein guter Zeitpunkt. Lernen lohnt sich, ist wichtig für jeden Einzelnen, egal wie alt. Denn die Wirtschaft dreht sich schnell, Transformation und Digitalisierung sind in vollem Gang.

Das führt auch in der Industrie dazu, dass sich Berufe verändern, hin zu mehr qualifizierten Tätigkeiten. Corona verstärkt den Trend: Stellen für Hilfskräfte gingen stark zurück. Fachkräfte sind dagegen nach wie vor gesucht und werden künftig knapp.

Bis zu 100 Prozent der Kosten werden je nach Betriebsgröße bezahlt

„Die Anforderungen an die Beschäftigten ändern sich schnell“, sagt etwa Klaus Beier, operativer Geschäftsführer der Regionaldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit. Weiterbildung und Qualifizierung helfen, den Wandel abzufedern. Der Staat unterstützt Betriebe und Mitarbeiter bundesweit dabei, das durchzuziehen, nicht nur in Zeiten von Kurzarbeit. Es sollen vor allem Arbeitnehmer gefördert werden, deren Arbeitsplatz durch Digitalisierungs- und Automatisierung bedroht ist oder die vom Strukturwandel betroffen sind.

Entsprechende Fördermittel sind derzeit sehr attraktiv. Seit Herbst gibt es höhere Zuschüsse. Bis zu 100 Prozent Lehrgangskosten sowie ein Zuschuss zum Lohn in der Weiterbildung von bis zu 100 Prozent werden gestaffelt nach Betriebsgröße gezahlt.

Berufsabschluss nachholen: Na, wenn sich das nicht lohnt?

Für die Beschäftigten gibt es teils sogar Bares. Wer einen Berufsabschluss nachholt und sich vom Helfer zur Fachkraft weiterbilden lässt, bekommt 1.000 Euro Prämie für eine erfolgreich abgelegte Zwischenprüfung. Für den bestandenen Abschluss zahlt die Bundesagentur für Arbeit 1.500 Euro. Na, wenn sich das nicht lohnt?

Bundesweit berät und unterstützt die Qualifizierungsoffensive "Weiter.bildung" der Bundesagentur für Arbeit die Unternehmen. In Bayern berät die Taskforce Fachkräftesicherung plus (FKS+) die Betriebe kostenfrei zu Fördermöglichkeiten und Angeboten. Die Service-Einheit ist in allen bayerischen Regionen präsent. Sie wird von der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) sowie dem bayerischen Wirtschaftsministerium gefördert.

„Qualifizierte Mitarbeiter sind ein Schlüssel für erfolgreiche Unternehmen“, so die vbw. Sie setzt sich dafür ein, dass das Weiterbildungsengagement der Betriebe hoch bleibt. Allerdings fehlt vielen Firmen derzeit die Planungssicherheit. Viele wissen nicht, ob und wann es nach dem Lockdown weitergeht. Tabea Hoffmann, Gesamtkoordinatorin von FKS+, kennt diese Bedenken. „Doch wir planen die Maßnahmen sehr individuell“, betont sie, „die Lehrgänge werden jeweils auf die Situation im Betrieb zugeschnitten.“ Und können angepasst werden, falls sich die Lage ändert.

Bislang hat die Taskforce fks-plus.de rund 1.650 Firmen zum Thema Weiterbildung beraten. Eines davon ist ODU, Hersteller von Steckverbindern (weltweit 2.300 Mitarbeiter, davon 1.300 in Mühldorf am Inn). Das Unternehmen hat eine hohe Fertigungstiefe mit eigener Galvanik, Montage sowie Spritzgussanlagen. „Doch der beste Maschinenpark ist nichts wert ohne gut ausgebildete Mitarbeiter“, betont Robert Klemisch von der Geschäftsleitung. „Sie müssen die Anlagen programmieren und bedienen können.“ Der Betrieb bildet daher verstärkt aus. Jeder Zehnte im Werk ist Azubi. Doch das allein genügt nicht. Zusätzlich werden an- und ungelernte Mitarbeiter qualifiziert. „Die Arbeitsprozesse werden immer komplexer“, so Klemisch. Automatisierung halte überall Einzug in die Fabrik.

Dieser Mitarbeiter von ODU schafft den Sprung von der Zeitarbeit zum Meister

Vor allem Maschinen- und Anlagenführer und Fachkräfte für Logistik sind dort gefragt. Wer sich qualifiziert, ist Vorbild für Kollegen. „Das motiviert andere und zeigt, was man erreichen kann“, sagt Gerlinde Dilg, die Leiterin des Personalmanagements bei ODU.

Solch ein Vorbild ist etwa Daniel Gass (28). Er kam 2013 als Zeitarbeiter zu ODU. Inzwischen hat er eine mehrstufige Qualifizierung durchlaufen. Erster Stopp war der Fachlagerist, darauf folgte die Weiterbildung zur Fachkraft für Lagerlogistik. „Ich wollte wissen, was im Hintergrund passiert“, so Gass, der zuvor keinen Berufsabschluss besaß.

Das ist längst erledigt. Gass ist auf den Geschmack gekommen: Als Nächstes hat er eine Weiterbildung zum Logistikmeister im Blick und lernt weiter – neben seinem Job.

Friederike Storz
aktiv-Redakteurin

Friederike Storz berichtet für aktiv aus München über Unternehmen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Die ausgebildete Redakteurin hat nach dem Volontariat Wirtschaftsgeografie studiert und kam vom „Berliner Tagesspiegel“ und „Handelsblatt“ zu aktiv. Sie begeistert sich für Natur und Technik, Nachhaltigkeit sowie gesellschaftspolitische Themen. Privat liebt sie Veggie-Küche und Outdoor-Abenteuer in Bergstiefeln, Kletterschuhen oder auf Tourenski.

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