München. Kurs auf die Zukunft! Bei den Tarifverhandlungen in der Metall- und Elektro-Industrie (M+E) haben Arbeitgeber und Gewerkschaft im Pilotbezirk Nordrhein-Westfalen (NRW) vor Ostern eine Einigung erzielt. Dabei wurden eine Corona-Beihilfe von 500 Euro für die Beschäftigten sowie jährlich wiederkehrende Sonderzahlungen vereinbart. Betriebe in wirtschaftlich schwieriger Lage können zudem im laufenden Jahr automatisch entlastet werden.

Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall hat das für NRW vereinbarte Tarifergebnis im Hinblick auf die Entgeltbestandteile und die Struktur zur Übernahme in den anderen Bezirken empfohlen. Die Tarifpartner in Bayern wollen nun nach den Osterferien darüber verhandeln.

„In Nordrhein-Westfalen wurde ein Pilotabschluss erreicht, der den extrem schwierigen Zeiten durch Rezession, Strukturwandel und Corona-Pandemie gerecht wird“, kommentiert Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer des Verbands der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie vbm, den Politabschluss aus Düsseldorf. „Wir haben ein neues Prinzip einführen können, das Unternehmen in schwieriger wirtschaftlicher Lage entlastet, wenn sie eine Nettoumsatzrendite von kleiner oder gleich 2,3 Prozent haben“, so Brossardt weiter. Damit trage man der heterogenen Lage in den Betrieben Rechnung.

Nach dem Piloten erhalten Beschäftigte in der M+E-Industrie im Juni 2021 einmalig eine Corona-Beihilfe von 500 Euro. Es gibt keine Erhöhung des tariflichen Tabellenentgelts. Im Februar 2022 wird jedoch erstmals eine Sonderzahlung in Höhe von 18,4 Prozent eines Monatsentgelts ausgezahlt. Sie steigt ab Februar 2023 auf 27,6 Prozent des Monatsentgelts und fällt künftig jährlich an.

Entlastung der Betriebe und Absenkung der Arbeitszeit

Wie bisher können Arbeitgeber und Betriebsrat vorübergehend bis zu zwölf Monate die Wochenarbeitszeit auf bis zu 30 (in Bayern: 29) Stunden absenken. Zudem wurde ein neues optionales Modell einer Arbeitszeitabsenkung mit gestaffeltem Teilentgeltausgleich vereinbart, sobald die Absenkung länger als zwölf Monate besteht. Dies ist nur durch freiwillige Betriebsvereinbarungen möglich. Die neue jährliche Sonderzahlung kann zur Abmilderung der finanziellen Einbußen auf die Monate umgelegt werden.

Beide Seiten haben sich zudem auf einen sogenannten Zukunftstarifvertrag geeinigt, der tarifliche Rahmen regelt, unter welchen Umständen die Betriebsparteien betriebliche Transformationsprozesse begleiten können. Dies kann nur in beidseitigem Einvernehmen geschehen.

Mehr zum Thema

Bereitet der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie Sorge: Der Export ist 2020 stark eingebrochen. Neben Corona hemmen Handelsbarrieren den freien Warenverkehr.
Themenspecial: Tarifverhandlungen 2021 Metall- und Elektro-Industrie in Bayern

Die Metall- und Elektro-Industrie braucht noch lange, um wieder in Schwung zu kommen

mehr
Sensibel: Kunden weltweit schauen aufgrund ihrer angespannten ökonomischen Situation durch Corona noch stärker auf den Preis, sagt Konjunktur-Experte Professor Michael Grömling vom Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) Köln.
Themenspecial: Tarifverhandlungen 2021 Metall- und Elektro-Industrie in Bayern

Damit die Industrie nach Corona schnell durchstarten kann, muss sie wettbewerbsfähig sein

mehr

In Bayern hat die M+E-Industrie rund 840.000 Beschäftigte

Die Tarifverhandlungen fallen in eine außergewöhnlich schwere Zeit. Seit 2019 steckt die Wirtschaft in der Rezession. Die Betriebe müssen die Digitalisierung und einen tiefgreifenden Strukturwandel stemmen, gerade in der für Bayern so wichtigen Automobil-Industrie. Dazu kommen die Folgen der Pandemie. Vor diesem Hintergrund hatten sich die Tarifparteien vergangenes Jahr auf eine Nullrunde verständigt.

Auch um den jetzt in NRW geschlossenen Piloten für die bundesweit rund 3,8 Millionen Beschäftigten – in Bayern sind es rund 840.000 – in Deutschlands zentralem Industriezweig wurde hart gerungen. Er gilt rückwirkend zum 1. Januar 2021 und hat eine Laufzeit von 21 Monaten (bis 30. September 2022).

Friederike Storz
aktiv-Redakteurin

Friederike Storz berichtet für aktiv aus München über Unternehmen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Die ausgebildete Redakteurin hat nach dem Volontariat Wirtschaftsgeografie studiert und kam vom „Berliner Tagesspiegel“ und „Handelsblatt“ zu aktiv. Sie begeistert sich für Natur und Technik, Nachhaltigkeit sowie gesellschaftspolitische Themen. Privat liebt sie Veggie-Küche und Outdoor-Abenteuer in Bergstiefeln, Kletterschuhen oder auf Tourenski.

Alle Beiträge der Autorin