Hannover/Hildesheim. Einmal waren sie schon unter den Top Drei. „Dieses Jahr hat es endlich geklappt“, sagt Thomas Alten, Geschäftsführer von Keramischer OFENBAU GmbH. Geklappt hat es für das Unternehmen aus Hildesheim mit dem Gewinn des Außenwirtschaftspreises des Landes Niedersachsen 2023. Alten durfte ihn im April am Rande der Hannover-Messe entgegennehmen. Als Anerkennung dafür, was sich der Betrieb über viele Jahre erarbeitet hat.

Zwei Wochen später folgt der aktiv-Besuch in Hildesheim beim 45-köpfigen Gewinnerteam. Die Räume erinnern an ein Start-up – auch wenn die Firma schon mehr als 25 Jahre am Markt ist. Früher flogen hier in der ehemaligen Werkhalle die Funken. Heute sitzen in dem großen, hohen Raum Menschen an Schreibtischen vor Bildschirmen. Glaswände und freigelegte Balken, in der Mitte steht ein gemütlicher Esstisch mit kultigem Kühlschrank. Es ist ein Ort, um auf Ideen zu kommen. Ingenieure, Konstrukteure und technische Zeichner suchen hier nach Lösungen, um die besten Industrieöfen für Kunden zu bauen, die Keramik herstellen.

Keramikartikel kennt jeder aus dem Alltag – ob als Geschirr im Haushalt oder als Baustoff wie Ziegel oder Fliese. Aber auch moderne Medizin- und Automobiltechnik besteht aus Keramik. Die Herstellung ist energieintensiv und erzeugt große Mengen an Treibhausgasen. Kein Wunder, denn Keramik wird gebrannt – je nach Produkt bei Temperaturen zwischen 700 und 2.000 Grad. Viele der Öfen sind mehr als 100 Meter lang, und die Brennprozesse beanspruchen oft mehrere Tage.

Keramikhersteller wollen ihre Produkte möglichst schnell „grün“ brennen

„Bei unseren Kunden dreht sich immer mehr um Energieeffizienz“

David McGuinness, Geschäftsführer

Aktuell laufen die meisten Ofenanlagen noch mit Erdgas. „Die Herausforderung für die Keramik-Industrie liegt vor allem in der Umstellung der Energieversorgung – von fossilen Brennstoffen hin zu erneuerbaren Alternativen“, sagt Alten. Die Zukunftsthemen Wasserstoff und Brennstoffzelle machen deshalb auch in der Ofenbau-Branche Furore: So produziert Keramischer OFENBAU für einen Hersteller von Sanitärkeramik bereits Öfen, die sich zu 100 Prozent mit Wasserstoff betreiben lassen. Und es gibt eine Zusammenarbeit mit einem großen Unternehmen, das 2024 die stationäre Brennstoffzelle in Serie produzieren will.

Die ganze Welt brauche ressourcenschonende Technologien, sagt Alten. Deutschland sieht er hier in einer Vorreiterrolle: „Wir sind Teil der Industrie, die diese Technologien bauen und exportieren kann. So helfen wir dabei, den CO2-Ausstoß in Ländern wie China, USA oder Indien zu verringern.“

Den Blick auf andere Kontinente sind die Hildesheimer gewohnt. In den vergangenen zehn Jahren lag der Exportanteil der Firma kontinuierlich bei über 80 Prozent. Zuletzt ging fast jede Anlage ins Ausland. In Länder wie Mexiko, Polen, Indien oder Thailand spiele aktuell die Musik, sagt David McGuinness, der neben Alten in der Geschäftsführung sitzt. Auch er sieht Nachhaltigkeit als Treiber: „Bei unseren Kunden dreht sich immer mehr um Energieeffizienz.“

Keramischer OFENBAU will um 50 Prozent wachsen – auch an Beschäftigten

Weil die Nachfrage nach Anlagen aus Hildesheim zurzeit extrem hoch ist, treiben die Geschäftsführer zusammen mit Prokuristin Anne Zumhasch die Expansion voran. Um 50 Prozent will das Unternehmen wachsen – an Umsatz und auch an Beschäftigten. Die Digitalisierung biete dafür die Chance, sagt McGuinness: „Wir müssen viel weniger reisen, weil wir online vor Ort sein können.“ Kürzlich sei er am selben Tag auf drei Baustellen auf verschiedenen Kontinenten gewesen – Videokonferenzen und 3-D-Brillen sei Dank.

Trotz aller Erfolgsmeldungen: Unsichere Lieferketten und Zeitplanungen machen den Ofenbauern das Leben schwer. Ein Ärgernis ist auch die Bürokratie bei der Anstellung ausländischer Fachkräfte, sagt Prokuristin Zumhasch: Die Auflagen der Ämter dazu seien extrem umständlich. „Aber wir greifen nach jedem Strohhalm, um gute Leute zu bekommen.“ Dabei kann der Außenwirtschaftspreis helfen: Die Auszeichnung macht das Unternehmen für Fachkräfte noch interessanter.

Ein Preis für Internationalität

  • Der Niedersächsische Außenwirtschaftspreis würdigt Unternehmen, die auf internationalen Märkten erfolgreich sind.
  • Der Preis, an dessen Ausrichtung sich NiedersachsenMetall beteiligt, wurde 2023 bereits zum 13. Mal verliehen.
  • Bewerben können sich alle kleinen, mittleren und großen Unternehmen aus Niedersachsen, die bereits erfolgreich im Exportgeschäft tätig sind.
  • Kriterien sind unter anderem Exportstrategie, Innovationsfähigkeit und die Nachhaltigkeit der Produkte.
Werner Fricke
Autor

Werner Fricke kennt die niedersächsische Metall- und Elektro-Industrie aus dem Effeff. Denn nach seiner Tätigkeit als Journalist in Hannover wechselte er als Leiter der Geschäftsstelle zum Arbeitgeberverband NiedersachsenMetall. So schreibt er für aktiv über norddeutsche Betriebe und deren Mitarbeiter. Als Fan von Hannover 96 erlebt er in seiner Freizeit Höhen und Tiefen.

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