Wer norddeutsche Winter kennt, der weiß: Sturm ist erst dann, wenn die Schafe auf dem Deich keine Locken mehr haben. Noch ungemütlicher allerdings ist es jenseits der Nordsee in den schottischen Highlands, wo Wind und Regen selbst im Sommer an der Tagesordnung sind. Kein Wunder also, dass man hier bei Bauvorhaben großen Wert auf dauerhaft dichte Dächer legt.

Als beispielsweise die Whisky-Brennerei Macallan vor einiger Zeit einen Neubau mit hügeligem Gründach plante, suchten die Architekten lange nach einer geeigneten Dichtungsbahn. Sie sollte gleichermaßen stabil, langlebig und trotzdem leicht zu verlegen sein. Fündig wurden die Schotten in Hamburg beim Unternehmen Carlisle Construction Materials (CCM), das auf Abdichtungen aus dem Synthesekautschuk EPDM spezialisiert ist.

Einzigartige Materialkombination

CCM-Geschäftsführer Gregor Ellegast: „Unsere Resitrix-Plane ist für solche Zwecke besonders gut geeignet, denn sie besteht aus einer einzigartigen Materialkombination: einerseits EPDM mit innen liegender Glasfaserverstärkung, andererseits polymermodifiziertes Bitumen. Diese Verbundtechnik kombiniert die Stabilität des Synthesekautschuks mit der Verarbeitungsfreundlichkeit von Bitumen.“

Ellegast kennt sich aus, der Absolvent der Nordakademie hatte schon als Kind mit dem Thema zu tun – sein Vater war früher CEO beim Harburger Gummi-Unternehmen Phoenix. Deshalb nutzte er beherzt seine Chance, als der Geschäftsbereich Dachbahnen nach der Übernahme von Phoenix durch den Continental-Konzern zum Kauf angeboten wurde.

Investitionssumme von 50 Millionen Euro

Ein Jahrzehnt später ist aus der kleinen Randsparte ein veritables Unternehmen geworden, das europaweit 500 Mitarbeiter beschäftigt. Ellegast: „Wir produzieren derzeit etwa zehn Millionen Quadratmeter pro Jahr und wollen weiter wachsen. Deshalb werden wir in einem Zeitraum von drei Jahren rund 50 Millionen Euro investieren.“

CCM ist erfolgreich gewachsen und beschäftigt europaweit 500 Mitarbeiter

Ein Teil dieses Geldes ist in das neue Werk in Thüringen geflossen. Dort entstand in Waltershausen unweit von Gotha ein Gebäude mit 11.600 Quadratmeter Innenfläche, das ausreichend Platz für die großen Produktionsmaschinen und ein eigenes Schulungszentrum bietet.

Synthesekautschuk-Verarbeitung ist ein komplexer Vorgang

Eine ähnliche Einrichtung gibt es in Harburg, wo Anfang Oktober 2015 die Carlisle Academy eingeweiht wurde. Schulungsleiter Marko Grimm: „Hier können die Anwender den Umgang mit unseren Produkten in Theorie und Praxis erlernen.

Das Angebot wird sehr gut angenommen, wir haben gemeinsam mit dem Handel schon einige Hundert Schulungen durchgeführt und planen einen weiteren Ausbau, unter anderem mit Händler-Seminaren und Zertifizierungen.“

In der Halle nebenan kann man sehen, wie die Produkte gefertigt werden. Dort stehen die Maschinen, die den Synthesekautschuk walzen und vulkanisieren. Die Verarbeitung ist ein komplexer Vorgang, für den man einiges an Erfahrung braucht.

Jede Menge alte Hasen im Betrieb

Meister Robert Schreiber: „Ich bin schon seit über 40 Jahren dabei, aber es wird nie langweilig. Unser Rohstoff ist zwar synthetisch hergestellt, verhält sich jedoch ähnlich wie ein Naturprodukt. Da gibt es oft winzige Unterschiede im Material, die man nur in den Griff bekommt, wenn man mit dem Material und den Maschinen gut vertraut ist.“

Im Nachbargebäude bereitet sein Kollege Witold Cygan unterdessen eine Testreihe vor, bei der schmale Kunststoffproben in eine Zugprüfmaschine eingespannt werden. Der gelernte Maschinenbauer arbeitet in der Abteilung für Entwicklungs- und Anwendungstechnik und ist ähnlich wie Robert Schreiber ein alter Hase im EPDM-Business – 2018 feierte er sein 30-jähriges Betriebsjubiläum.

Langzeitversuche im eigenen Labor

„Wir arbeiten hier daran, unsere Produkte noch wetterfester und stabiler zu machen“, sagt er. „Dazu gehören auch Langzeitversuche, bei denen das Material auf seine Feuchtigkeits- und UV-Beständigkeit getestet wird.“

Das ist auch deshalb wichtig, weil es angesichts der aktuellen Klimasituation einen Trend zu begrünten Dächern gibt. Und Deutschland zählt hier weltweit zu den Vorreitern, mehr als 100 Millionen Quadratmeter Dachfläche sind bereits begrünt worden.

Auch der Hamburger Hauptbahnhof hat CCM-Bahnen auf dem Dach

Das ließe sich noch steigern. Allein in Hamburg, wo bislang rund 8.000 Dächer bepflanzt wurden, gibt es Flachdächer mit einer Gesamtfläche von über 25 Millionen Quadratmetern. Eine Begrünung ist allerdings nur möglich, wenn zwischen der baulichen Konstruktion und dem aufgebrachten Erdreich eine Sperrschicht liegt, die absolut dicht und wurzelfest ist.

Aber auch andere Gebäude brauchen ein dichtes und wartungsarmes Dach, etwa der Hamburger Hauptbahnhof, der zu den wichtigsten Verkehrsknotenpunkten der Bundesrepublik zählt.

Seine Dachabdichtung besteht aus 32.000 Quadratmeter Resitrix-Folie, die auf einer Stahlkonstruktion mit Holzschalung befestigt wurde. Sie sorgt seit über 20 Jahren für trockene Verhältnisse und hält jeder Belastung stand – selbst im stürmischen norddeutschen Winter.

Clemens von Frentz
Leiter aktiv-Redaktion Nord

Der gebürtige Westfale ist seit über 35 Jahren im Medienbereich tätig. Er studierte Geschichte und Holzwirtschaft und volontierte nach dem Diplom bei der „Hamburger Morgenpost“. Danach arbeitete er unter anderem bei n-tv und „manager magazin online“. Vor dem Wechsel zu aktiv leitete er die Redaktion des Fachmagazins „Druck & Medien“. Wenn er nicht für das Magazin „aktiv im Norden“ in den fünf norddeutschen Bundesländern unterwegs ist, trainiert er für seinen dritten New-York-Marathon.

Alle Beiträge des Autors