Köln. Nachhaltige Produkte, ressourcenschonende Verfahren, umweltfreundlicher Konsum – das wird immer wichtiger. Das zeigt auch der „Green Deal“ der EU-Kommission, für den bis 2030 über 100 Milliarden Euro investiert werden sollen. Gefragt sind innovative Lösungen, die das Klima und die Umwelt schützen. Auch unsere Textil-Industrie und die textile Forschung hierzulande haben da viel zu bieten. Einige Beispiele:

Filter für Prozesswasser

Mit einem Filz aus Polyester, das mit einer speziellen Substanz beschichtet ist, lassen sich Metalle wie Palladium oder Gold zurückgewinnen! „Das Fängertextil sammelt nicht nur Rohstoffe aus Prozesswasser, es ist selbst bis zu 20-mal wiederverwendbar“, erklärt Klaus Opwis, Chemiker am Deutschen Textilforschungszentrum Nord-West in Krefeld. Er hat das sogenannte Adsorber-Textil entwickelt. Dessen filternde Eigenschaften sind in Industrie oder Bergbau einsetzbar. Und in Kläranlagen könnte es Mikroplastik-Partikel aus dem Wasser filtern.

Gewebe für die Luftreinigung

Was im Wasser funktioniert, geht auch mit Luft: Sie kann textil gereinigt werden, etwa mit einer Textilfassade. Die erste Deutschlands filtert seit Herbst 2019 in Hamburg Stickoxide aus der Luft. Diese Entwicklung stammt von Textilforschern der RWTH Aachen. Das Nanotitandioxid-Gewebe baut Schadstoffe ab und verringert den Kohlendioxidausstoß. Im Sommer hilft die Fassade zudem beim Kühlen des Gebäudes, das reduziert den Stromverbrauch für Klimaanlagen.

Verbundwerkstoffe für Windkraftrotoren

132 Milliarden Kilowattstunden Strom produzierten die deutschen Windkraftanlagen 2019. Das war laut Bundesverband Windenergie fast ein Viertel des gesamten Strommixes – und Platz eins vor der Braunkohle und der Kernenergie. Ohne Textilien wäre das nicht möglich: Multiaxial-Gelege aus Glas- oder Carbonfasern, wie sie beim Unternehmen Saertex in Saerbeck gefertigt werden, verstärken Stege, Holme und die Schalen der Rotorblätter. Das macht die Rotoren robuster gegen die Kräfte des Windes.

Recycelte Rohstoffe für Geotextilien

Die werden etwa beim Textilunternehmen Huesker aus Gescher verarbeitet. Dieser Spezialist für Geotextilien fertigt Bewehrungstextilien zum Beispiel für Asphaltschichten im Straßenbau. Eine neue Variante besteht aus Polyestergarn, das zu 100 Prozent aus recycelten PET-Flaschen produziert wird. „Das recycelte PET, das wir verwenden, ist ein gleichwertiger Ersatz für das originäre PET-Garn“, so Huesker-Geschäftsführer Sven Schröer. Was bringt das dem Klima? Ein so produziertes „grünes“ Geogitter, verlegt auf einer Fläche so groß wie ein Fußballfeld, spart im Vergleich zu herkömmlich hergestellten Gittern mehr als eine Tonne Co2-Emissionen.

Technik für die E-Mobilität

In den Lithium-Ionen-Akkus von E-Autos steckt ein „Separator“ auf Textilbasis: Er trennt Plus- und Minuspol, gleichzeitig durchdringen ihn Lithium-Ionen, damit Strom fließt. Die Firma Freudenberg in Weinheim produziert solche Separatoren, deren Trägermaterial ein Polyestervlies ist, auf dem eine Keramikbeschichtung liegt. Sie ist dünner als die Wand eines Teebeutels und lässt so die Elektronen hindurch.

Anja van Marwick-Ebner
aktiv-Redakteurin

Anja van Marwick-Ebner ist die aktiv-Expertin für die deutsche Textil- und Bekleidungsindustrie. Sie berichtet vor allem aus deren Betrieben sowie über Wirtschafts- und Verbraucherthemen. Nach der Ausbildung zur Steuerfachgehilfin studierte sie VWL und volontierte unter anderem bei der „Deutschen Handwerks Zeitung“. Den Weg von ihrem Wohnort Leverkusen zur aktiv-Redaktion in Köln reitet sie am liebsten auf ihrem Steckenpferd: einem E-Bike.

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