Der neue Berliner Flughafen? Fertig, nach 14 Jahren Bauzeit, dreimal so lange wie geplant. Stuttgart 21? Die Kosten explodierten, derzeit kalkuliert die Bahn mit 8,2 Milliarden Euro. Die Beispiele zeigen: Wir tun uns schwer mit großen Infrastrukturprojekten. In einem Industrieland wie Deutschland ist das: ein Standortproblem!

Güterzugstrecke Rotterdam-Genua

Bei der internationalen Güterzugmagistrale Rotterdam-Genua liegen die beiden deutschen Streckenabschnitte um Jahrzehnte hinter dem Fahrplan zurück. Während die Linie in Holland bis zur deutschen Grenze bei Emmerich seit 2007 fertig ist und der für den Transit durch die Schweiz wichtige neue Gotthardtunnel 2016 eröffnet wurde, regieren hierzulande noch die Bagger. So zieht sich der Ausbau der Strecke zwischen Emmerich und Oberhausen hin. Und die Bahn kann noch nicht sagen, wann alles fertig sein wird.

Zudem gibt es auch massive Verspätungen beim Ausbau der Rheintalstrecke von Karlsruhe nach Basel. Erst 2041 soll alles fertig sein – ursprünglich war 2008 geplant!

Fehmarnbelttunnel

Der 18 Kilometer lange Fehmarnbelttunnel zwischen der Insel Fehmarn und der dänischen Insel Lolland darf jetzt gebaut werden – nach 25 Jahren Planung! 2029 soll er fertig sein und die Autofahrt zwischen Hamburg und Kopenhagen um eine Stunde verkürzen, bei Zugfahrten sind es bis zu zwei Stunden Ersparnis. Der 6,6 Milliarden Euro teure Tunnel ist übrigens ein Geschenk der Dänen: Dafür kassieren sie die Maut. Gegen das wichtige Infrastrukturprojekt gab es auf deutscher Seite 12.600 Einsprüche. In Dänemark: 43.

Eifelautobahn

Bei der Autobahn A1, mit 750 Kilometer Länge eine der bedeutendsten Verkehrsadern der Republik, fehlen 25 Kilometer Strecke im Grenzgebiet zwischen Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Seit Jahrzehnten!

In den 80er Jahren gab es erste Planungen für den Lückenschluss. 2003 wurde der vordringliche Bedarf in den Bundesverkehrswegeplan festgeschrieben. Aber bis heute fehlt ein Baubeschluss. Das Projekt wird von Umweltverbänden und Bürgerinitiativen blockiert. Derzeit müssen die Autos laut Verkehrsministerium pro Jahr 66 Millionen Kilometer Umweg fahren und verbrauchen 2.900 Tonnen Treibstoff zusätzlich.

aktiv-Themen-Special: Reformstau

Als starker Industriestandort mit vielen Weltmarktführern ist Deutschland an Erfolge gewöhnt. Und auch etwas verwöhnt – das führt zu Bequemlichkeit, die wiederum zu Problemen führt. In diesem Themen-Special gibt aktiv einen Überblick darüber, wo es hierzulande so hakt. Bei der Infrastruktur etwa oder der Digitalisierung im Gesundheitswesen.

  • Gesellschaft: Mit Panne auf der Standspur – so wirkt Deutschland gerade
  • Gesundheit: Mit Faxgeräten statt mit Software gegen Corona
  • Behörden: Massiver Aufholbedarf bei Bildung und Verwaltung
  • Psychologie: Sind wir zu satt, um uns mehr anzustrengen?