Ein Smartphone ist heute Standard – da wollen auch die ganz Kleinen oft schon dabei sein. Für Eltern stellen sich dann eine Reihe von Fragen, angefangen mit dem richtigen Alter und dem passenden Modell für den Einstieg. Michael Knothe, Experte beim Fachverband Medienabhängigkeit, gibt dafür einen ersten praktischen Tipp, wie man an das Thema herangehen sollte: Man fängt mit einer einfachen Ausstattung an, die mit der Zeit laufend erweitert wird.

Ab welchem Alter sollten Kinder ein Handy haben?

Diese Entscheidung hängt zum einen vom Entwicklungsstand des Kindes ab und zum anderen davon, was mit dem Handy bezweckt wird. Folgende wichtige Fragen sollten Eltern zunächst für sich klären: Soll das Kind nur aus Sicherheitsgründen erreichbar sein beziehungsweise die Eltern jederzeit erreichen können? Oder soll das Kind das Handy auch zur Freizeitbeschäftigung nutzen können?

Muss es ein Handy sein oder genügt eine Smartwatch?

„Wenn es nur um die Sicherheit geht, genügt zum Telefonieren oder Nachrichtenschreiben eine Smartwatch mit Ortungs- und Notfallfunktion“, meint Knothe. Auch einfache Notfallhandys mit Messenger-Apps erfüllen diesen Zweck. Für Kinder ab sechs Jahren gibt es Handys mit einem vereinfachten Menü und einer Notfallfunktion. Apps oder das Internet lassen sich im Eltern-Modus freischalten, spezielle Kinderbrowser können darauf installiert werden. Interessierte Eltern können sich auf der Ratgeberseite handy-kinder.de einen Überblick über das Handyangebot für Kinder verschaffen. 

Vertrag oder lieber Prepaid?

Für die Kleinen empfiehlt Knothe auf jeden Fall ein begrenztes Datenvolumen. So lernt das Kind von Anfang an, seine Handynutzung einzuschätzen, und es entstehen keine unerwünschten Kosten. Zum Einstieg bietet sich ein Kindertarif an. Der sollte idealerweise mit den Kindern mitwachsen können. Denn je älter das Kind (oder der Jugendliche), desto mehr Datenvolumen wird es benötigen. Ein nicht speziell an Kinder gerichteter, günstiger Kontingent-Tarif oder eine Prepaid-Karte mit Guthaben zum Aufladen tun es natürlich auch.

Wichtige Details zum Tarif

Dabei versteht sich von selbst: Das Aufladen liegt in Elternhand, und die Bezahlwege sind passwortgeschützt. Für ältere Kinder kommt auch ein Vertrag mit einer Daten-Flatrate infrage. Wichtig ist, dass sich teure Sonderrufnummern sperren lassen und ein Einzelverbindungsnachweis im Tarif enthalten ist. Und damit die Kinder immer problemlos erreichbar sind, sollte der Tarif auf jeden Fall LTE-Zugang haben.

Wie richtet man das Kinderhandy ein?

Praktische Hinweise dafür hat Miriam Ruhenstroth parat, Expertin beim Projekt mobilsicher.de. Diese Initiative beschäftigt sich mit sicherer Handynutzung und wird vom Bund gefördert. Ihr Tipp: Beim ersten Einrichten sollten Eltern auf dem Handy ein Haupt-Nutzerkonto anlegen, das automatisch den Status „Eigentümer“ hat. Nur wer sich mit diesem Konto anmeldet, hat Zugriff auf alle Einstellungen. Auch der „abgesicherte Modus“ kann bei den meisten Geräten nur vom Hauptkonto aus betätigt werden. In diesem Modus sind alle nachträglich installierten Apps inaktiv. Ganz klar ist: Der Zugang zum Hauptkonto sollte geschützt, und die Zugangsdaten sollten dem Kind nicht bekannt sein. Für das Kind kann dann noch ein eigenes Nutzerkonto angelegt werden. Allerdings haben nicht alle Android-Geräte diese Funktion der Nutzerverwaltung mit Haupt- und Nebenkonto.

Überflüssige Apps und Funktionen entfernen

„Nicht benötigte Funktionen sollten Sie ausschalten“, so der Tipp von Experte Knothe. Außerdem empfiehlt es sich, vorinstallierte Apps zu deinstallieren, wenn man sie nicht wirklich braucht. Leider lassen sich viele Apps – wie Google Play Store, Chrome oder Youtube – nicht deinstallieren. Man kann sie aber sperren oder mit Schutzfiltern versehen. Daher legt Knothes Kollegin Ruhenstroth den Eltern nahe: Nehmen Sie sich die Zeit, in den Einstellungen die Zugriffsrechte für vorinstallierte Apps zu checken und sie gegebenenfalls zu deaktivieren.

Mit Apps unerwünschte Nutzungen sperren

Verständlicherweise treibt Eltern zwei große Sorgen um: Was kann ich tun, damit mein Kind nicht stundenlang am Handy hängt? Und wie kann ich verhindern, dass mein Kind beim Surfen auf Internetseiten mit Gewalt oder sonstigen bedenklichen Inhalten gerät? Dafür sind etliche Kindersicherungs-Apps auf dem Markt. Die können eine ganze Menge: Die Nutzungszeit für einzelne Apps oder auch für das gesamte Gerät begrenzen, Apps blockieren oder nur ausgewählte Apps erlauben, Webfilter aktivieren, auf dem Elterngerät Protokolle über die Handynutzung des Kindes anzeigen oder auch das Kinderhandy orten.

Kindersicherungen verschiedener Anbieter

Für Android-Handys gibt es etwa Google Family Link (play.google.com). Samsung hat ebenfalls die Apps „Kindermodus“ und „Samsung Kids“ im Angebot, die man sich über den auf jedem Samsung-Gerät vorinstallierten Galaxy Store herunterladen kann. Für Apple-Geräte gibt es die Apple-eigene Funktion „Bildschirmzeit“ mit vielen Einstellungen. Kindersicherungs-Apps anderer Hersteller erlaubt Apple allerdings nur eingeschränkten Zugriff auf die Systemfunktionen. 

Mit speziellen Apps kann man zusätzlich auch eine Passwortsperre vor andere Apps legen. So stellen Eltern sicher, dass neue Apps nur mit ihrem Wissen und ihrem Zutun auf dem Gerät installiert werden können. Aber Achtung: Dann muss auch der Zugang zu den Einstellungen des eigenen Handys geschützt werden. Andernfalls könne das Kind eine solche Sicherungs-App einfach wieder deinstallieren, erklärt Ruhenstroth.

Der Haken: Nutzerdaten werden abgegriffen

Die Expertin warnt allerdings vor einem Nachteil: Die meisten Kindersicherungs-Apps laufen sowohl auf dem Eltern- als auch auf dem Kindergerät. Der Datentransfer dazwischen geht über den Server des App-Anbieters. Das heißt: Alle Daten landen dort in irgendeiner Form. Google Family Link legt beispielsweise ein Nutzerprofil des Kindes an, genauso wie bei Erwachsenen. Wer das nicht möchte, dem rät Ruhenstroth, gewünschte Sicherungseinstellungen direkt auf dem Kinderhandy vorzunehmen. Dafür empfiehlt die Expertin zum Beispiel die App TimeLimit.

Für Android: TimeLimit

Wie kann man das Kind im Notfall übers Handy orten?

Bei Android-Geräten lässt sich die Fernortung so einrichten: In den Einstellungen unter Google die App „Mein Gerät finden“ über den Playstore herunterladen. Bei Bedarf den passenden Account, das ist die jeweilige E-Mail-Adresse, mit dem der Nutzer des Geräts angemeldet, eingeben und die Suchfunktion mit dem Passwort freigeben. Dann sucht die App das betreffende Handy. Das ist natürlich auch bei Verlust oder Diebstahl nützlich.

Die App lässt es übrigens sogar zu, das Smartphone klingeln zu lassen oder zu sperren. „Die Ortung funktioniert jedoch nur, wenn die Standortdienste aktiv sind“, erklärt Ruhenstroth. Damit das Kind nicht das Gefühl hat, seine Eltern spionierten ihm nach, rät Knothe, diese Funktion mit dem Kind zu besprechen und ihren Nutzen zu erklären.

Wie geht kindgerechtes Surfen und Kommunizieren?

„Da Jugendschutzfilter für Browser nur begrenzt funktionieren, empfehlen wir für jüngere Kinder, spezielle, für Kinder konzipierte Suchmaschinen zu verwenden“, sagt Ruhenstroth. Da gibt es zum Beispiel FragFinn, Blinde Kuh, Helles Köpfchen oder Qwant Junior.

Lesen Sie auf aktiv-online.de weitere Vorteile der Suchmaschinen für Kinder.

Messenger-Apps sollten dem Kind erlaubt sein, damit es nicht außen vor bleibt, wenn die Freunde auf diese Weise miteinander in Kontakt sind. Außerdem gibt es einen großen Markt für Kinder-Apps. Klicksafe, eine Initiative der EU, gibt einige Tipps für die Auswahl geeigneter Apps. Die wichtigsten Kriterien: Kindgerechte Apps fragen keine persönlichen Daten ab und verlangen keine unnötigen Berechtigungen. Sie enthalten keine Werbung, keine Links zu Social Media oder App-Stores und ermöglichen keine In-App-Käufe.

Lesen Sie auf aktiv-online.de,  was Experten dazu sagen, wie lange Kinder das Handy nutzen sollten.

Filter und Sicherungsfunktion für Youtube

Wenn in Youtube der „eingeschränkte Modus" aktiviert ist, filtert Youtube Inhalte, die als nicht jugendfrei eingestuft sind. Hundertprozentig sicher ist dieser Filter aber nicht. Außerdem kann ein digital fittes Kind den Filter auch wieder deaktivieren, denn er kann nicht mit einer Pin geschützt werden.

Google bietet mit Youtube Kids (für Android und iOS verfügbar) eine eigene App an, die den Zugang zur Youtube-Plattform kindersicher machen soll. Der Vorteil: Damit lassen sich gezielte Sicherungen einbauen, etwa bestimmte Kanäle blockieren, nur ausgewählte Inhalte erlauben oder begrenzte Nutzungszeiten festlegen. Die Filterfunktion kann nach Altersstufe konfiguriert und mit einer Pin gesichert werden. Allerdings können auch hier unangemessene Inhalte durchrutschen. Ein weiteres Manko: Wer nicht die Premium-Bezahlversion hat, erhält Werbung.

So verhindern Sie einen Kostenschock

Bei Vertragshandys kann es vorkommen, dass auf der Rechnung plötzlich horrende Summen stehen. Oft sind digitale Betrügereien und Abzocke der Grund. Zum Beispiel jubeln einem Internetgauner über manipulierte Werbebanner gern unbemerkt teure Abos unter. Andere Tricks sind 0900-Nummern oder nutzlose, aber kostspielige Dienste. Damit Ihr Kind nicht in solche Fallen tappt, sollten Sie unbedingt bei Ihrem Mobilfunkanbieter eine Drittanbietersperre einrichten lassen. Dazu ist jeder Mobilfunkanbieter verpflichtet – und zwar kostenlos!

Lesen Sie auf aktiv-online.de, wie sich Verbraucher mit der  Drittanbietersperre vor hohen Mobilfunkkosten schützen können. Für kostenpflichtige Apps und In-App-Käufe sollten die Eltern im Kinderhandy ein Passwort oder eine Pin anlegen. Das geht bei Android-Geräten im Play Store unter den Einstellungen. Bei iPhones kann man In-App-Käufe in den Einstellungen deaktivieren.

Wie viel Kontrolle muss sein?

Eltern können sich auf ihrem Gerät Protokolle über die Smartphone-Nutzung des Kindes anzeigen lassen – Kindersicherungs-Apps machen’s möglich. Google Family Link zum Beispiel gewährt Eltern Einblicke, was das Kind in einzelnen Apps so macht. Manche Apps gehen noch weiter: Sie erlauben Eltern sogar, die Chats ihrer Kinder mitzulesen oder bei Telefonaten mitzuhören. Da stellt sich allerdings die Frage, wie sinnvoll das ist und ob man das tatsächlich will.

Dazu Knothe: „Prinzipiell sollte Vertrauen Vorrang haben. Besser als Schnüffeln ist ein Gespräch.“ Das sieht auch Ruhenstroth so: „Es geht nichts über den Dialog mit Ihrem Kind. Technische Hilfsmittel können dann eine nützliche Ergänzung zu getroffenen Absprachen sein.“ Eltern sollten also sorgfältig abwägen, ob und welche Kontrollmaßnahmen sie treffen – schließlich haben auch Kinder ein Recht auf Privatsphäre.

Wenn berechtigter Anlass zur Sorge besteht, könne es nicht schaden, die Grundeinstellungen und auch die geladenen Apps mal zu überprüfen, räumt Knothe ein. Dies sollte allerdings offen und nicht heimlich geschehen. Eltern und Kinder sollten sich gemeinsam damit beschäftigen, wie alles funktioniert, wo eventuell Gefahren lauern und warum gewisse Einschränkungen sinnvoll sind.

Ursula Wirtz
aktiv-Redakteurin

Als Mitglied der Stuttgarter aktiv-Redaktion berichtet Ursula Wirtz aus den Metall- und Elektrounternehmen in Baden-Württemberg sowie über Konjunktur- und Ratgeberthemen. Sie studierte Romanistik und Wirtschaftswissenschaften. Später stieg sie bei einem Fachzeitschriftenverlag für Haustechnik und Metall am Bau in den Journalismus ein. Neben dem Wirtschaftswachstum beobachtet sie am liebsten das Pflanzenwachstum in ihrem Garten.

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