Gemeinsames Leben, gemeinsame Wohnung, gemeinsames Girokonto – so denken viele Paare. Grundsätzlich gibt es dabei zwei Varianten für Gemeinschaftskonten: das Und-Konto und das Oder-Konto. aktiv hat Dirk Stein, Experte für Verbraucherthemen beim Bundesverband deutscher Banken gefragt, was Paare dabei von Vornherein berücksichtigen sollten.

Das Und-Konto: Nur gemeinsam Finanzgeschäfte erledigen

„Beim Und-Konto können alle Berechtigten nur gemeinsam über das Guthaben verfügen“, erklärt Stein. Auch für das Überziehen des Kontos und für Überweisungen müssen alle Kontoinhaber zustimmen. Ein Und-Konto ist vor allem dann sinnvoll, wenn alle Berechtigten volle Kontrolle über die Kontobewegungen behalten wollen. Denn es ist besonders gut gegen Missbrauch durch einzelne Kontoinhaber geschützt.

Das gilt selbst dann, wenn einer der Berechtigten stirbt. „In solchen Fällen dürfen die anderen Kontoinhaber nur gemeinsam mit den Erben des Verstorbenen über das Konto verfügen“, so Stein. Folglich braucht die Bank den Nachweis der erbrechtlichen Befugnis, beispielsweise den Erbschein, bevor sie irgendwelche Transaktionen ausführen darf. Auch wenn es im Todesfall mehrere Erben gibt, ist es oft sinnvoll, ein Und-Konto zu eröffnen, weil dann keiner der Erben gegen den Willen der anderen auf das Geld zugreifen darf.

Typischerweise sind beispielsweise Konten von Firmen oder auch Vereinen als Und-Konten ausgestaltet. Für den Familienalltag von Paaren dagegen ist ein solches Konto weniger geeignet. Denn damit braucht man bei jeder kleinen Abhebung oder Überweisung erst einmal das Okay vom Partner. Das ist natürlich extrem umständlich. „In der Praxis eröffnen die allermeisten Paare deshalb keine Und-Konten, sondern Oder-Konten“, so Stein.

Das Oder-Konto: Alleinige Verfügung möglich

„Bei einem Oder-Konto darf jeder Berechtigte ohne Zustimmung der anderen über das Konto verfügen“, erläutert Stein. Erst wenn das Oder-Konto wieder aufgelöst werden soll, müssen alle anderen Berechtigten einverstanden sein, bei Paaren also beide Partner.

In der Praxis bedeutet das: „Jeder Verfügungsberechtigte darf beliebige Summen abheben oder überweisen“, erklärt der Verbraucherexperte. Das ist im Alltag enorm praktisch und hat auch Vorteile. So kann man beispielsweise mal eben im Alleingang mit der Girocard oder Kreditkarte zum Geldautomaten flitzen und dort ein paar Euro abheben.

Und falls der Partner unerwartet stirbt: „Im Todesfall hat der andere Berechtigte weiterhin vollen Zugriff auf das Konto.“ Der Hinterbliebene braucht also weder Erbschein noch Kontovollmacht, sondern kann weiterhin wie vorher über das gemeinsame Konto verfügen.

Bei einem Oder-Konto darf man aber nicht nur das Guthaben auf dem Konto ausgeben, sondern man darf es auch in einem gewissen Umfang in die Miesen bringen, wenn die Bank einen Dispo eingeräumt hat. „Jeder Verfügungsberechtigte kann das Konto ohne Zustimmung der anderen vorübergehend überziehen“, so der Experte.

Klar, so lange eine Beziehung gut läuft, ist so etwas überhaupt kein Problem. Schließlich vertraut man seinem Partner normalerweise bedingungslos und zieht als Paar auch in finanziellen Dingen an einem Strang. Da ist es selbstverständlich, eine Kontoüberziehung vorher miteinander zu besprechen.

Wenn Zwei sich streiten

Doch wenn die Beziehung kriselt, kann ein Oder-Konto zum Problem werden. Denn: „Auch nach einer Trennung, selbst nach einer offiziellen Scheidung darf der andere weiterhin uneingeschränkt über das Konto verfügen, so lange der andere die Einzelverfügungsberechtigung nicht widerruft“, erläutert Stein.

Für die Schulden auf dem Konto haftet aber nicht nur derjenige, der das Geld auch tatsächlich erhalten hat. „Alle Kontoinhaber haften gesamtschuldnerisch“, warnt der Experte. Gesamtschuldnerisch bedeutet, dass jeder Partner für alles haftet, im Extremfall bedeutet das: Der eine Partner darf das Konto leerräumen und bis zum Anschlag überziehen, der andere Partner muss die Schulden allein zurückzahlen. So etwas kommt immer wieder vor, wenn völlig zerstrittene Paare sich bis aufs Blut bekämpfen.

Zwar kann der betrogene Partner vor Gericht ziehen, um sich das Geld vom Ex wieder zu holen – doch so etwas ist nicht nur teuer, zeitaufwendig und nervenaufreibend, sondern es ist auch unsicher, ob man das Geld tatsächlich am Ende jemals wiedersieht. Natürlich sind das Extremfälle, doch sie kommen vor, auch wenn man einem Menschen, den man einmal geliebt hat, solche Gemeinheiten niemals zugetraut hätte.

Zusätzlich eigene Konten behalten

Vorbeugen ist also auch bei einem Gemeinschaftskonto besser als heilen: „Es ist nicht empfehlenswert, dass gesamte Vermögen auf einem Oder-Konto zu haben“, rät Stein. Der Experte empfiehlt vielmehr, dass jeder Partner seine privaten Konten behält und nur das für die alltäglichen Ausgaben bestimmte Geld auf das gemeinsame Oder-Konto eingezahlt wird.

Das hat auch noch einen weiteren Vorteil: „Wenn der monatliche Geldeingang nur relativ gering ist, räumt die Bank in der Regel auch nur einen relativ geringen Dispo ein“, sagt der Experte. So kann man einerseits die praktischen Vorteile des Oder-Kontos nutzen, und andererseits die Risiken minimieren: Selbst wenn der schlimmste Fall eintritt, der ehemalige Partner über alle Berge verschwindet und nur einen Haufen Schulden hinterlässt, bleibt der Schaden dann trotzdem in einem halbwegs überschaubaren Rahmen.

Alternative: Kontovollmacht für Girokonto

Für alle, die sich nicht so recht mit einem Gemeinschaftskonto anfreunden können, gibt es aber eine Alternative: Die Kontovollmacht. Damit behält jeder sein eigenes Girokonto – erlaubt aber, dass auch der Partner auf das Guthaben zugreifen oder andere Verfügungen treffen kann. „Eine Kontovollmacht kann der Kontoinhaber jederzeit widerrufen“, sagt Verbraucherexperte Stein.

Hat der Expartner bereits unabgesprochen Geld abgehoben, kann man dies zwar nicht mehr rückgängig machen. Doch für die Zukunft hat der Ex blitzschnell und ohne jede Diskussion sofort keinerlei Zugriff mehr auf das eigene Vermögen.

Silke Becker
Autorin

Silke Becker studierte Soziologie, BWL, Pädagogik und Philosophie. Seit ihrem Abschluss arbeitet sie als Redakteurin und freie Journalistin. Außerdem hat sie mehrere Bücher veröffentlicht. Am liebsten beschäftigt sie sich mit den Themen Geld, Recht, Immobilien, Rente und Pflege.

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