Mit dem Akkuschrauber befestigt Industriemechaniker Andreas Greßmann einen Ventildeckel. Dann lässt er seinen Blick ein letztes Mal prüfend über die Anlage aus Rohrleitungen, Pumpen und Ventilen schweifen und ist zufrieden. Wieder kann eine einbaufertige Komponente an den Kunden ausgeliefert werden.

GEA Tuchenhagen baut in Büchen im Herzogtum Lauenburg Pumpen, Prozessventile und Reinigungstechnik für die Lebensmittelbranche und den Kosmetik- und Pharmamarkt. 450 Mitarbeiter produzieren jährlich rund 115.000 Ventile. Hintereinandergelegt ergäben sie eine Strecke von 55 Kilometern, was ungefähr der Entfernung von Büchen bis Hamburg entspricht.

Seit 1995 im Konzernverbund der GEA AG

Das schleswig-holsteinische Unternehmen fertigt seine Produkte seit 91 Jahren und gehört seit 1995 zum Konzernverbund der Düsseldorfer GEA AG. Zur Kundschaft zählen renommierte Firmen wie der Nivea-Hersteller Beiersdorf, Zentis, Krombacher, Jägermeister und der Smoothie-Produzent Innocent.

Trotz der Größe des Konzerns mit weltweit über 18.000 Beschäftigten zeichnet GEA Tuchenhagen ein äußerst familiäres Arbeitsklima und ein kollegiales Miteinander aus. „Wer hier einmal angefangen hat, geht nicht mehr weg“, sagt Andreas Greßmann. Er selbst ist bestes Beispiel für die gelebte Firmenphilosophie. 1977 hat der damals 16-Jährige als Maschinenschlosser-Lehrling im Unternehmen begonnen. Heute ist er stellvertretender Meister in der Montage und „so glücklich wie am ersten Tag“.

Ausbildungsquote von rund 10 Prozent

„Die lange Betriebszugehörigkeit und das familiäre Klima sowie die ausgezeichneten Karrierechancen sind wesentliche Elemente unseres Unternehmens“, bestätigt Ulrike Meyn. Auch sie hat vor mehr als 30 Jahren ihre berufliche Karriere bei GEA Tuchenhagen gestartet, konnte sich kontinuierlich weiterentwickeln und ist heute als Personalmanagerin tätig.

Selbstständig arbeiten, im Team erfolgreich agieren und Verantwortung übernehmen – das sind Tugenden, die GEA Tuchenhagen seinen Azubis mit auf den Weg gibt. Einschließlich der elf jungen Leute, die seit August dabei sind, lernen aktuell 40 Auszubildende in fünf Berufen und drei dualen Studiengängen bei GEA am Standort Büchen. Damit liegt die Ausbildungsquote bei rund 10 Prozent.

Strategien gegen den Fachkräftemangel

Allerdings spüren auch die Büchener den Nachwuchs- und Fachkräftemangel. „Es wird immer schwerer, geeignete Azubis zu finden“, sagt Meyn. „Und Fachkräfte gibt es kaum noch am Markt.“

Diesem Mangel begegnet man mit zahlreichen Aktivitäten. „Die Basis bildet unsere solide und gute Ausbildung mit besten Karrierechancen und internationaler Ausrichtung“, sagt Meyn. Die Firma unterstützt die Dualstudenten bei der Wohnungssuche und stellt in Elmshorn Zimmer zur Verfügung. Außerdem besuchen Personaler und Azubis regelmäßig die Schulen der Umgebung und nehmen an Ausbildungsmessen teil.

„Aber auch kleine Vergünstigungen wie unsere Firmenfahrräder oder günstiges Mittagessen gehören zu den Pluspunkten“, sagt Meyn. Gemeinsame sportliche Aktivitäten runden das Spektrum ab. So hat erst kürzlich ein Frauen-Vierer des Unternehmens beim Ratzeburger Rudercup den Sieg geholt.

Familiäres Miteinander

Tom Bockwoldt (19) hat sich vor einem Jahr für GEA Tuchenhagen entschieden. Seitdem lernt der Dualstudent des Wirtschaftsingenieurwesens abwechselnd in Büchen und in der Nordakademie in Elmshorn.

Die Atmosphäre im Vorstellungsgespräch und das familiäre Miteinander haben ihn überzeugt. „Bei GEA wird jeder Azubi und Dualstudent wie ein vollwertiger Mitarbeiter gesehen“, sagt er.

Mit 24 Jahren stellvertretender Abteilungsleiter

Vielleicht durchläuft er danach eine ähnliche Bilderbuchkarriere wie Fertigungsleiter David Lemke. Auch er hat – wie sollte es anders sein – bei GEA Tuchenhagen gelernt.

„1993 begann meine Lehre zum Industriemechaniker“, erzählt Lemke. Er wurde mit 24 stellvertretender Abteilungsleiter, bildete sich zum Industriemeister weiter und erklomm kontinuierlich Führungspositionen. Gemeinsam mit einem Projektteam war er für den Aufbau einer Produktionslinie verantwortlich, die die Durchlaufzeiten bestimmter Produkte verringerte und schwere körperliche Arbeiten beseitigte. Es folgten der Aufbau weiterer Produktionslinien, der Aufstieg zum Abteilungsleiter und 2019 die Ernennung zum Fertigungsleiter.

Außergewöhnliche Karrieremöglichkeiten

Heute ist Lemke für rund 100 Mitarbeiter disziplinarischer und fachlicher Vorgesetzter. „Das hätte ich ohne Studium wohl in keiner anderen Firma geschafft. Diese Chance hat mir GEA Tuchenhagen eröffnet“, sagt er. Weggehen? „Kommt nicht infrage. Ich bin Büchener und werde hierbleiben.“

Bleiben will auch Katja Benecke. Die Sachbearbeiterin im Verkauf gehört einer Familie an, die in dritter Generation bei GEA Tuchenhagen arbeitet. „Meine Eltern waren schon hier und mein Bruder ebenfalls“, sagt sie. Wen wundert’s, dass auch ihre Tochter in die Firma eingestiegen ist. Sie wird Konstruktionsmechanikerin.

GEA Tuchenhagen

Gründer Otto Tuchenhagen eröffnete sein „Ingenieurbüro für Molkerei­technik“ mit 23 Jahren 1931 in Kiel. Zunächst wurden Pumpen und Wärmetauscher für die Molkereibranche gebaut. In den 1960er Jahren arbeiteten bereits mehr als 300 Menschen für die Otto Tuchenhagen GmbH, 70 eigene Patente waren angemeldet.

1967 brachte Tuchenhagen die bis dato größte Innovation auf den Markt: das Doppelsitzventil, das zwei Medien an Kreuzungspunkten von Rohrleitungen vermischungs­sicher voneinander trennt. Es wurde zur technischen Visitenkarte des Unternehmens und prägt bis heute die hygienisch sichere Verarbeitung von Flüssigkeiten – von Milch bis Ketchup.

1995 kaufte die GEA AG das Büchener Unternehmen, das seine Ventile heute in mehr als 100 Ländern der Erde verkauft. GEA Tuchenhagen ist Inbegriff für höchste Qualität und Hygiene bei Ventilen, wie die Statistik eindrucksvoll belegt: Jeder zweite Liter Bier und jeder vierte Liter Milch fließen weltweit aus Anlagen, die mit Technologie von GEA ausgestattet sind.

Lothar Steckel
Autor

Als Geschäftsführer einer Bremer Kommunikationsagentur weiß Lothar Steckel, was Nordlichter bewegt. So berichtet er für aktiv seit mehr als drei Jahrzehnten vor allem über die Metall- und Elektro-Industrie, Logistik- und Hafenwirtschaft, aber auch über Kultur- und Freizeitthemen in den fünf norddeutschen Bundesländern.

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