Ob Fotokamera, Hotel oder Arzt – im Internet bekommt alles Mögliche Bewertungen von Kunden, sei es Produkt oder Dienstleistung. Was für andere Verbraucher eine Entscheidungshilfe beim Einkaufen sein soll, ist natürlich auch für die Hersteller wichtig. Denn am Ende entscheidet die Anzahl der Sternchen, die etwa ein neues Smartphone bekommt, mit über den Verkaufserfolg.
Daher haben die Unternehmen ein Interesse daran, gut benotet zu werden und versuchen teils, Einfluss zu nehmen. So berichtet Tatjana Halm, Referatsleiterin Markt und Recht bei der Verbraucherzentrale Bayern in München, etwa von einem Stromanbieter, der seinen Kunden für eine positive Beurteilung eine Belohnung von bis zu 100 Euro in Aussicht stellte.
Für Kunden immer wichtig: Online-Bewertungen mit kritischer Distanz betrachten
Für die Verbraucher heißt das: „Sie sollten den Bewertungen anderer grundsätzlich kritisch gegenüberstehen und sich nicht bei ihren Kaufentscheidungen allein von ihnen leiten lassen“, sagt Expertin Halm. Zum einen gäben die Bewertungen eher Gefühle als Tatsachen wieder. Zum anderen sei einem „normalen“ Nutzer keine objektive Bewertung möglich. Schließlich fehlen Vergleichsmöglichkeiten und normierte Testverfahren.
Absicht des Autors unbekannt
Zudem weiß der Leser nicht, mit welcher Absicht eine Bewertung geschrieben wurde. Manche der Autoren, sogenannte Produkttester, bekommen die Waren von den Unternehmen eigens zur Verfügung gestellt, damit sie darüber Bewertungen schreiben. „Es ist fraglich, wie objektiv diese dann sind“, gibt Halm zu bedenken.
Es gibt sogar Agenturen, die professionell verfasste Beurteilungen anbieten, auch wenn der Kauf von Bewertungen hierzulande verboten ist. Dennoch: Dennoch: Nach Schätzungen sollen rund 20 Prozent der Bewertungen in Online-Shops gefälscht sein.
Solche sogenannten Fake-Bewertungen sind immer schwerer von echten Beurteilungen zu unterscheiden, so Halm, weil die Verfasser auf die monierten Erkennungsmerkmale reagieren und sie mehr und mehr ausmerzen. „Während sich Fakes früher oft wie klassische Artikelbeschreibungen lasen, wirken sie nun authentischer.“
Mit diesen Tipps kommt man Fake-Bewertungen auf die Schliche
Dennoch gibt es einige Signale, die darauf hinweisen, dass eine Bewertung gefakt sein könnte. Dazu gehört etwa:
- Es gibt bereits eine große Anzahl an Beurteilungen zu einem Produkt, obwohl es gerade erst neu auf dem Markt ist.
- Die Beurteilung ist sehr lang und ausführlich. Wohl die wenigsten Menschen machen sich die Mühe, sich bis ins Kleinste zu einem Produkt zu äußern.
- Er werden Formulierungen verwendet, die extrem positiv sind, oder Begriffe, die aus der Werbung stammen.
- Bei einem Verriss werden stattdessen Produkte anderer Hersteller empfohlen.
- Der Bewerter hat bereits eine große Anzahl an Beurteilungen geschrieben. Dies kann man in vielen Fällen in den jeweiligen Profilen nachprüfen. Wenn dort etwa mehrere Waschmaschinen auftauchen, ist das wenig glaubwürdig, weil in der Regel ein Käufer in kurzer Zeit kaum mehrere Geräte hintereinander kauft.
Man sollte sich klar machen: Was ist für mich wichtig?
Verbraucherschützerin Halm rät deshalb grundsätzlich dazu, weniger auf die Bewertungen zu achten. Stattdessen sollte sich jeder darüber klar werden, was für ihn selbst relevant ist. Wenn jemand beispielsweise ein Hotel schlecht bewertet, weil ihm das Frühstücksbüffet zu karg war, spielt das für einen selbst womöglich gar keine Rolle, wenn man morgens sowieso nur einen Kaffee trinkt. Der Aufenthalt in besagtem Hotel kann dann trotzdem sehr gelungen sein. Wer hier aber nur auf die Anzahl der vergebenen Sternchen schaut, kann leicht einen falschen Eindruck bekommen.
Alternativen suchen: Unabhängige Tests
Besser ist es stattdessen, etwa vor der Anschaffung eines teuren Geräts, auf unabhängige Tests zurückzugreifen, zum Beispiel von der Stiftung Warentest. Wer die Erfahrungen anderer Nutzer mit einbeziehen will, sollte eine größere Anzahl Beurteilungen auf mehreren Portalen lesen und dabei kürzere Texte, die umgangssprachlich geschrieben sind, vorziehen.
Gibt es bei einer Bewertung dann noch den Hinweis auf einen verifizierten Kauf, weiß man zumindest, dass der Schreiber das Produkt zuvor selbst erworben hat.
Wer bei Amazon kauft, hat übrigens die Gelegenheit, die Beurteilungen auf Echtheit bei Reviewmeta.com zu überprüfen. Dazu muss man einfach den Link zu einem Produkt auf der Website in die dort erscheinende Suchleiste kopieren. Per Algorithmus überprüft ReviewMeta die Beurteilungen auf Fälschungsmerkmale und korrigiert gegebenenfalls das Ranking. Allerdings gibt es auch hier keine Garantie, dass alle Fälschungen erkannt werden.