Frankfurt. Die deutsche Industrie kämpft mit den hohen Energiepreisen. Schon jetzt ist klar: Die kommenden Monate und Jahre werden hart. Und ziemlich sicher wird es danach nicht wieder so sein wie zuvor.

„Wenn wir in zehn Jahren auf die derzeitige Energiekrise zurückblicken, könnten wir diese Zeit als Ausgangspunkt für eine beschleunigte De-Industrialisierung in Deutschland betrachten“, heißt es im kürzlich erschienenen „Deutschland-Monitor“ von Deutsche Bank Research. „Letztlich trifft die aktuelle Energiekrise die Industrie in Deutschland bis ins Mark.“

Die Probleme der Unternehmen werden nach diesem Winter also nicht etwa plötzlich weg sein. Das sieht man auch beim Internationalen Währungsfonds so: Der Winter 2023/2024 könnte für Deutschland sogar noch deutlich schlimmer werden, heißt es. Die Energiekrise werde nicht so schnell verschwinden, und die Energiepreise würden für längere Zeit hoch bleiben.

Energieintensive Fertigung: Auch Glashersteller haben es derzeit besonders schwer.

Kein Wunder also, dass die Stimmung in den Firmen im Keller ist. In der Konjunkturumfrage des Münchner Ifo-Instituts vom September sind die Geschäftserwartungen der deutschen Industrie-Unternehmen weiter abgestürzt. Mittlerweile ist das Bild wieder so düster wie zu Hochzeiten der Corona-Pandemie. In manchen energieintensiven Branchen sind die Erwartungen sogar noch deutlich schlechter als im Schnitt.

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Energieintensive Betriebe haben besonders zu kämpfen

Die Analyse von Deutsche Bank Research verweist vor allem auf hohe Energiepreise und die Sorge um die Sicherheit der Gasversorgung. Unter diesen Bedingungen erwartet man einen starken Produktionsrückgang des Verarbeitenden Gewerbes – um 2,5 Prozent in diesem und sogar um 5 Prozent im kommenden Jahr. In einigen energieintensiven Branchen wie Metallerzeugung, Papier und Baustoffe könnte es noch deutlicher runtergehen. Für die Chemie wird sogar ein Minus von 9 und 10 Prozent in 2022 und 2023 prognostiziert.

Die Betriebe hätten zuletzt schon die meisten der kurzfristigen Möglichkeiten genutzt, um vom teuren Gas wegzukommen, heißt es weiter. Auch die Energieeffizienz habe sich noch einmal verbessert. Mittlerweile sei man nun dabei, die Produktion zu drosseln, einzelne Werke zu schließen und Tätigkeiten ins Ausland zu verlagern.

Hohe Energiepreise gefährden vor allem den Mittelstand

Die Ökonomen glauben nicht daran, dass der Industriestandort Deutschland dauerhaft höhere Gaspreise oder eine Umstellung auf andere Energieträger schadlos überstehen kann. Insbesondere sorgen sie sich um mittelständische Firmen. Diese seien im Gegensatz zu großen Konzernen weniger flexibel bei der Wahl ihrer Produktionsstandorte.

Die Befürchtung der Analysten: „Für den deutschen Mittelstand, insbesondere in den energieintensiven Branchen, wird die Anpassung an eine neue Energiewelt eine größere Herausforderung, an der manche Unternehmen scheitern werden.“

Michael Stark
aktiv-Redakteur

Michael Stark schreibt aus der Münchner aktiv-Redaktion vor allem über Betriebe und Themen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Darüber hinaus beschäftigt sich der Volkswirt immer wieder mit wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen. Das journalistische Handwerk lernte der gebürtige Hesse als Volontär bei der Mediengruppe Münchner Merkur/tz. An Wochenenden trifft man den Wahl-Landshuter regelmäßig im Eisstadion.

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