Wenn es kracht, müssen Autofahrer einiges tun und bedenken. Die zwölf wichtigsten Schritte in der richtigen Reihenfolge lesen Sie im Folgenden:
1. Den Unfallort absichern
Direkt nach einem Crash sollte man unbedingt das Warnblinklicht einschalten, den nachfolgenden Verkehr im Auge behalten, die Warnweste anlegen und vorsichtig aus dem Wagen steigen – auf der Autobahn am besten über die Beifahrerseite. Seit 2014 ist das Mitführen einer Warnweste im Auto Pflicht. Die Weste sollte immer griffbereit sein, sodass sie nach einem Unfall schnell angelegt werden kann, bevor man aus dem Auto steigt. „Danach unter Beobachtung des Verkehrs das Warndreieck aufstellen“, sagt Katharina Lucá, Sprecherin beim ADAC. „Der richtige Abstand zur Unfallstelle liegt 50 bis 100 Schritte zurück. Auf der Autobahn sind es 200 Schritte.“ Ist eine Leitplanke vorhanden, unbedingt hinter dieser laufen. Dort sollten auch Beifahrer und Unfallzeugen warten – das ist sicherer.
2. Prüfen, ob es Verletzte gibt
Fragen Sie, ob Ihr Unfallgegner oder Beifahrer verletzt ist. Leisten Sie, wenn nötig, Erste Hilfe. Die ersten Maßnahmen hat das Deutsche Rote Kreuz auf seiner Seite in einem Kurzüberblick zusammengefasst – dort findet man auch Adressen für Auffrischungskurse in Wohnortnähe: drk.de. Gibt es Verletzte, muss der Rettungsdienst (Rufnummer: 112) sofort verständigt werden. Die Retter brauchen Antworten auf die folgenden Fragen:
- Was ist passiert?
- Wo ist es passiert?
- Wie viele Verletzte gibt es?
- Welcher Art sind die Verletzungen?
Dann gilt es, dem Verletzten zu helfen. „Der schlimmste Fehler, den man machen kann, ist: Gar nichts tun“, sagt Professor Peter Sefrin, Bundesarzt beim Deutschen Roten Kreuz (DRK). „Das gilt auch heute noch. Aber durch die Corona-Pandemie muss man auch bei der Ersten Hilfe heute anders vorgehen. Eigensicherheit geht vor!“ Das ist sogar im Gesetz so verankert. Man muss sich nicht selbst in Gefahr bringen, um anderen zu helfen. „Immer erst sich selbst mit Handschuhen und Mund-Nasen-Schutz absichern. Dann den Verletzten ansprechen.
Ist dieser ansprechbar, fragt man ihn nach seinen Beschwerden – und kann ihn dann auch anleiten, selbst zum Beispiel eine Blutung zu stoppen, indem man ihm entsprechendes Material aus dem Verbandkasten reicht.“ Ist der Verletzte bewusstlos, sollte man seine Atmung kontrollieren. Sefrin: „In diesem Fall sollte man den Kopf des Verletzten nach hinten überstrecken und so die Atemwege frei machen. Dann den Brustkorb genau beobachten.“ Dafür unbedingt Handschuhe und Mund-Nasen-Schutz tragen. „Das gilt auch, um eine bewusstlose Person in die stabile Seitenlage zu bringen.“
3. Polizei verständigen
„Auch wenn es sich nur um einen Blechschaden handelt, sollte bei unklarer Unfallursache auf jeden Fall die Polizei verständigt werden. Dies gilt auch, wenn der Unfallgegner sich unerlaubt von der Unfallstelle entfernt hat oder ein Fahrzeug mit Kennzeichen außerhalb der EU ohne Versicherungsnachweis beteiligt ist. Man sollte ebenfalls die Polizei rufen, wenn ein Miet- oder Firmenwagen in den Unfall verwickelt ist“, rät die ADAC-Expertin Lucá. Das sollte man auch immer bei größeren Sachschäden tun. Haben Sie Zweifel über den Unfallhergang, machen Sie gegenüber den Beamten nur Angaben zur Person und zum Fahrzeug. „Nur bei eindeutigem Verschulden sollten Sie ein polizeiliches Verwarnungsgeld akzeptieren.“ Die Polizei auch immer dann rufen, wenn der Unfallgegner nicht auffindbar ist – zum Beispiel, wenn ein geparktes Auto gerammt wurde. „Nur einen Zettel hinter dem Scheibenwischer zu hinterlassen, reicht nicht!“
4. Beweise sichern, um Schaden zu dokumentieren
„Fotografieren Sie die Unfallstelle mit dem Smartphone“, rät Lucá. Ein Bild aus fünf bis zehn Metern Entfernung machen, dann die Schäden an den Fahrzeugen im Detail fotografieren. Bei Bagatellschäden können Sie danach die Unfallstelle räumen (mehr dazu im nächsten Unterpunkt 5 in diesem Artikel). „Notieren Sie sich zudem Namen und Anschrift von Zeugen“, so die ADAC-Expertin. Wurde die Polizei hinzugezogen, wird der Beamte einen Unfallbericht ausfüllen, ansonsten tun Sie dies selbst. Viele Versicherungen bieten dafür Vordrucke an, die Sie immer im Handschuhfach mitführen sollten. Ein Vordruck dafür steht auch auf der Seite des ADAC zum Download bereit: adac.de. Ansonsten halten Sie auf einem Stück Papier auf jeden Fall Folgendes fest: Unfallort und -zeit, Personalien des Unfallgegners, Kennzeichen der beteiligten Fahrzeuge, Versicherungsdaten sowie eine Skizze des Unfallhergangs in der Vogelperspektive.
5. Aufräumen am Unfallort
Ist alles geklärt, muss die Unfallstelle geräumt werden. Bei größeren Schäden und nicht mehr fahrbereiten Autos muss ein Abschleppdienst gerufen werden. „Falls es abgeschleppt wird, dürfen Sie eine Werkstatt aussuchen“, sagt Lucá. „Aber: Es wird nicht von der gegnerischen Versicherung bezahlt, den Wagen von Stuttgart nach München bringen zu lassen. Sie zahlt in der Regel nur das Abschleppen in die nächstgelegene Fachwerkstatt – außer es gibt gute Gründe für einen weiter entfernten Transport.“ Das wäre zum Beispiel eine laufende Garantie. Wichtig bei kleineren Schäden: Das Wegräumen von Blechteilen und Scherben ist Ihre Sache. „Nur bei schweren Unfällen ist die Feuerwehr dafür zuständig“, so die Expertin.
6. Gegebenenfalls Arzt aufsuchen
Im Schockmoment des Unfalls spürt unser Körper Schmerzen manchmal nicht sofort. Beschwerden können sich erst Stunden später bemerkbar machen. „Vor allem beim Schleudertrauma tauchen die Schmerzen im Nacken oft erst viel später auf“, sagt Bundesarzt Sefrin vom DRK. Dann muss unverzüglich ein Arzt aufgesucht werden, der die Verletzung dokumentieren kann. Diese Dokumentation ist für eventuelle Schmerzensgeldforderungen unerlässlich. „Wer nach dem Unfall Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit oder kleinere Lähmungserscheinungen hat, sollte unbedingt zum Arzt gehen. Bei schneller Verschlechterung der Symptome sollte ein Rettungswagen alarmiert werden.“
7. Versicherung informieren
Ist der Unfallgegner schuld, ist auch seine Versicherung zuständig. Machen Sie Ihre Ansprüche dort geltend – auch diejenigen, die eventuell über Schäden am Auto hinausgehen, wenn beispielsweise Transportgegenstände beschädigt wurden. „Wenn Sie allerdings glauben, dass Sie mindestens eine Teilschuld haben oder die andere Seite Ansprüche anmelden wird, müssen Sie unbedingt auch schnellstmöglich Ihre eigene Kfz-Haftpflicht informieren“, sagt die ADAC-Expertin Lucá.
Beide Versicherungen werden dann den Sachverhalt prüfen – unter Berücksichtigung der Angaben der Beteiligten und der Zeugen. Also sämtliche Fotos, Skizzen und Anschriften der Beteiligten per Post oder per E-Mail einreichen. Es geht darum, zu ermitteln, wer welchen Anteil der Schäden übernimmt. „Nach dieser Haftungsquote werden die Ansprüche reguliert“, sagt Lucá. Eine Vollkasko-Versicherung springt auch für die Reparaturen an Ihrem Auto ein, falls die gegnerische Versicherung nur teilweise oder gar nicht zahlt. Das geht allerdings in den meisten Fällen mit einer Verschlechterung beim Schadenfreiheitsrabatt einher.
Tipp: Über das „Quotenvorrecht“ kann man sich oft einen Teil des Geldes für diese Rückstufung sowie die Selbstbeteiligung bei der gegnerischen Kfz-Haftpflicht zurückholen. „Dafür sollten Sie sich von einem Anwalt beraten lassen“, so der Tipp vom ADAC.
8. Gegebenenfalls anwaltliche Hilfe suchen
Wenn Sie eine Verkehrs-Rechtsschutz-Versicherung haben, setzen Sie sich mit Ihrem Sachbearbeiter in Verbindung. „Jeder Geschädigte kann sich zur Geltendmachung seines Schadens einen Rechtsanwalt nehmen“, so Lucá. Hat man selbst keine Schuld am Unfall, muss die gegnerische Versicherung die Anwaltskosten komplett übernehmen. Ansonsten greift auch für diese Kosten die Haftungsquote. „Gerade bei Unfällen mit hohen Schadenssummen sollte man von der anwaltlichen Unterstützung Gebrauch machen.“ Der Rechtsanwalt hilft auch dabei, Wertminderung, Nutzungsausfall, Schmerzensgeld und weitere anfallende Kosten geltend zu machen. Wichtig: Unterschreiben Sie unverständliche Formulare erst nach Rücksprache mit Ihrem Anwalt.
9. Schaden feststellen lassen
Bei Bagatellschäden bis 1.000 Euro reichen in der Regel der Kostenvoranschlag oder die Reparaturrechnung als Schadensnachweis für die Versicherung. Ergänzend sollte man dann noch Fotos des am Auto entstandenen Schadens beifügen. „Bei höheren Schäden oder gar einem Totalschaden übernimmt die Versicherung die Kosten für einen Gutachter“, so die ADAC-Expertin. Bei einem unverschuldeten Unfall trägt die gegnerische Versicherung die Kosten des Sachverständigen. Den kann man frei wählen. Im Fall eines mitverschuldeten Unfalls werden die Kosten anteilig übernommen. Wichtig: Das Gutachten hat Beweissicherungsfunktion. Es enthält auch Angaben zu einer eventuellen Wertminderung des Fahrzeugs, was gerade bei neuen Autos und Leasingfahrzeugen sehr wichtig ist.
10. Den Schaden am Wagen reparieren lassen
Sie haben in jedem Fall das Recht, Ihr Fahrzeug in einer Werkstatt Ihrer Wahl reparieren zu lassen, also auch in einer Markenwerkstatt. „Liegen die vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs, ist eine Reparatur wirtschaftlich unvernünftig, und Sie erhalten den Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwertes“, erklärt Lucá.
Wer sich entscheidet, den Schaden nicht reparieren zu lassen (auch das ist möglich), sollte sich dennoch die von der Werkstatt oder vom Gutachter ermittelten Kosten netto von der gegnerischen Versicherung auszahlen lassen.
11. Mobil bleiben
Solange Sie aufgrund des Unfalls kein Fahrzeug haben, können Sie einen Mietwagen nutzen. Informieren Sie sich bei einem selbst verschuldeten Unfall bei Ihrer Versicherung. Tragen Sie keine Schuld, zahlt die gegnerische Versicherung den Mietwagen – allerdings nur, wenn sie den dann auch nutzen, also täglich mindestens 20 Kilometer fahren. „Klären Sie aber unbedingt vor der Anmietung ab, welche Kosten die gegnerische Versicherung übernimmt“, rät die ADAC-Expertin. „Wer einen Kleinwagen fährt, sich als Mietwagen aber eine große Limousine leistet, wird auf den Differenzkosten sitzen bleiben.“ Wer auf einen Mietwagen verzichtet, hat als Nichtschuldiger Anspruch auf eine Nutzungsausfallentschädigung. Deren Höhe richtet sich nach dem jeweiligen Fahrzeugtyp des eigenen Wagens.
12. Besonderheiten bei Unfällen im Urlaub
Ein Crash im Ausland kann umso mehr verunsichern: Fremde Sprache, womöglich andere Verkehrsregeln – da kommt schnell Panik auf. „Erst einmal sind zur Sicherung der Unfallstelle aber die gleichen Schritte erforderlich wie im Inland“, sagt Lucá. Danach sollten auch die gleichen Angaben notiert werden wie in Deutschland. Am einfachsten geht das mit dem Europäischen Unfallbericht, den die meisten Versicherungen auf Anfrage zusenden.
Vorteil: Die Formulare sind darin in mehreren Sprachen zusammengefasst. So ist sichergestellt, dass jeder Unfallteilnehmer auch versteht, welche Angaben gefragt sind. „Im Zweifelsfall im Ausland lieber die Polizei verständigen“, rät die Expertin. „Und niemals fremdsprachige Schriftstücke unterschreiben, deren Inhalt Sie nicht verstehen.“