Düsseldorf. Apps rund um die Gesundheit boomen. Jeden Tag erscheinen neue Angebote. Die Bandbreite ist inzwischen riesig. Aber – was ist wirklich hilfreich?

Klar ist schon mal: Fundierte Erste-Hilfe-Apps etwa vom Deutschen Roten Kreuz oder solche, die einem schnell den Weg zum Arzt oder die nächste Apotheke anzeigen, können nicht schaden. Und Terminplaner wie zum Beispiel „App zum Arzt“ helfen, die Übersicht über Impfungen, Vorsorgeuntersuchungen, Zahnchecks und so fort zu behalten, praktisch vor allem für Familien.

Apps könnten zukünftig von der Krankenkasse bezahlt werden

Bestimmte Apps können Patienten künftig sogar von der Kasse bezahlt bekommen, sogar nicht nur dann, wenn ihr Arzt sie verschreibt. Das betrifft zum Beispiel Anwendungen, die beim regelmäßigen Einnehmen von Medikamenten helfen, oder digitale Tagebücher für Diabetiker. Dafür ist 2020 eine rasche Zulassung beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte geplant. Ein Jahr lang tragen dann die Kassen die Kosten, innerhalb dieser Frist müssen  die App-Anbieter den Nachweis einer besseren Versorgung liefern. Für die Bezahlung durch die Krankenkasse kommen allerdings nur Apps infrage, die auch das CE-Zeichen tragen dürfen.

Einige Kassen bieten für die regelmäßige Nutzung von Bewegungs-Apps Belohnungen und Prämien an, beispielsweise Gutscheine von Partnerunternehmen oder Extra-Punkte für kasseneigene Bonusprogramme, die am Ende dann in Rückerstattungen umgesetzt werden. Dafür muss man kleine Ziele erreichen, zum Beispiel in zehn von zwölf Wochen jeweils 60.000 Schritte gehen. Aber dafür überträgt man eben auch freiwillig Daten an seine Kasse. 

Spezielle Mini-Programme etwa für Herzpatienten gelten als Medizinprodukte

Es gibt aber auch spezielle Apps, die als echte Medizinprodukte gelten und damit unter die Medizinprodukte-Richtlinie fallen: Sie sind zertifiziert, sie werden vom Arzt verschrieben und sogar von einigen Krankenkassen bezahlt. Zum Beispiel „Tinnitracks“ für Tinnitus-Patienten. Oder „CardioSecur“ für Menschen mit Herzproblemen: Diese App und ein paar Elektroden machen das Smartphone zum portablen EKG! Apps, die an die Tabletteneinnahme zu gewissen Zeitpunkten erinnern, sind ebenfalls hilfreich, vor allem für chronisch Kranke etwa mit Bluthochdruck, Parkinson oder Diabetes, eben alle, die ihre notwendige Medizin auch im Alltagsstress nicht vergessen dürfen.

Gegen alle diese Helfer hat Regina Behrendt von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen natürlich nichts. Aber solche Apps sind eben nur ein Teil des gigantischen Angebots. Da gibt es etwa Apps, die mal eben konkrete Handlungsanweisungen bei bestimmten Symptomen geben. Für den Laien ist aber oft nicht zu erkennen: Ist die App seriös? Welches medizinische Know-how steckt bei den Machern dahinter? Wie aktuell sind die Infos?

„Bei vielen Apps sind Softwareentwickler ohne medizinische Kenntnisse die Urheber“, warnt Behrendt. Die Verbraucherzentrale NRW hat zum Beispiel Apps für Menschen mit Rückenbeschwerden getestet: In vielen Fällen fehlte der Hinweis, dass eine App nicht den Gang zum Arzt ersetzen kann. Und einen Hinweis auf den Urheber gab es meistens auch nicht. Nach Schätzungen des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI) gibt es allein rund 100.000 deutsch- und englischsprachige Gesundheits-Apps, allerdings werden bei dieser Schätzung auch Apps gezählt, die zum Beispiel zu mehr Bewegung animieren. „Es gibt dabei keine einheitlichen Qualitätskriterien zu Inhalt, Funktionen und dem Schutz Ihrer Daten“, mahnt die Expertin zur Vorsicht.

Apps können den Arzt nicht ersetzen

Ähnlich sieht es bei den Apps aus, die Hausmittel gegen Erkältungen bündeln: Befolgt man einfach nur deren Tipps, können gefährliche Erkrankungen verschleppt oder verschlimmert werden! „Alles in Sachen Diagnostik und Therapie ist schwierig“, so die Expertin, „das muss normalerweise immer zertifiziert werden. Aber bei der Fülle ist es fast unmöglich, alles sofort unter die Lupe zu nehmen.“

Es gibt aber noch einen anderen Haken: „Schon eine Tagebuchfunktion kann problematisch sein“, so Behrendt, „sobald ich Symptome intensiv beobachte, macht das ja etwas mit mir und meinem Körper. Und wenn ich zum Beispiel den Blutdruck messe und die Werte in eine App eingebe, sollte ich daraus nicht unbedingt Schlussfolgerungen ziehen, da muss ein Arzt beraten.“ Den Doktor hat man also noch nicht in der Hosentasche. 

Empfehlenswerte Mini-Anwendungen

  • Apotheke vor Ort oder Apothekenfinder: Die nächstgelegene Apotheke wird angezeigt – hilft auch bei der Suche nach Notfall-Apotheken.
  • Erste Hilfe DRK: Die App vom Deutschen Roten Kreuz erklärt die im Notfall geeigneten Maßnahmen. Notruf absetzen geht aus der App heraus.
  • Pollen: Österreichische Behörden liefern eine Pollenflugvorschau für die nächsten drei Tage – auch für Deutschland und andere Staaten.
  • Medisafe: Erinnert an die Einnahme von Medikamenten oder der Anti-Baby-Pille. Für Familien interessant, aber auch für Senioren.

Wie kann ich eine Gesundheits-App überprüfen?

Die Verbraucherzentrale NRW rät, sich vor der Benutzung einer App folgende Fragen zu stellen:

  • Welche Funktion erfüllt die App? Stimmt die tatsächliche Funktion mit der versprochenen überein?
  • Wer ist der Hersteller? Welches Interesse könnte er haben, Ihnen Produkte zu verkaufen?
  • Wie wird die App finanziert? Wird Werbung eingeblendet, werden Sponsoren genannt?
    Sind die Ratschläge und Informationen verständlich?
  • Sind die ausgegebenen Daten/Werte plausibel? Unterscheiden sich die gemessenen Werte (zum Beispiel Blutzuckerwerte) erheblich von den vom Arzt gemessenen Werten?
  • Wird bei kritischen Werten darauf hingewiesen, einen Arzt zu Rate zu ziehen?
  • Verlangt die App Zugriff auf dasAdressbuch? Das ist bei reiner Dokumentationsfunktion nicht nötig und sollte stutzig machen.
  • Gibt es Hinweise zur Weitergabe von Daten an Dritte?
  • Wo werden die Daten gespeichert: auf Ihrem Smartphone/Tablet oder extern beim Anbieter?