München/Großbardorf/Radolfzell. Sonne satt, wochenlang kein Wölkchen am Himmel, perfektes Badewetter. Was die einen freut, treibt anderen tiefe Sorgenfalten auf die Stirn: den Landwirten. Ihre Felder leiden unter der zunehmenden Trockenheit, Folge des Klimawandels.

Schon zu Beginn der Vegetationsperiode fehlte dieses Jahr der Regen. Mit 108 Liter Niederschlag pro Quadratmeter kam das Frühjahr 2020 nach Angabe des Deutschen Wetterdienstes nur auf die Hälfte (!) des langjährigen Schnitts. Das reicht kaum zum Keimen und Wachsen.

Staubtrockenes Feld in Niedersachsen: Ein Foto aus dem Sommer 2019.

„Die Landwirtschaft ist unmittelbar von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen“, stellt der Bayerische Bauernverband fest. Vor allem 2018 brachte enormen Hitzestress, die Äcker waren knochentrocken. An die 300 Millionen Euro staatliche Dürrehilfe flossen.

aktiv Podcast, Folge 10: Geht uns das Wasser aus?

Die Sommer, in denen viel zu wenig Regen fällt, häufen sich. Auch der Sommer 2022 gehört dazu. Es ist zu trocken. Und das hat Folgen für Industrie, Landwirtschaft und Verbraucher. Ein Beispiel: Schiffe können über Wasserwege nicht mehr problemlos Materialien transportieren. Also steigen die Preise für viele Produkte weiter. Und auch im Wald kann man die dramatischen Folgen der Dürre beobachten. Uli Halasz bringt seine Eindrücke aus dem Diersfordter Wald bei Wesel mit. Der aktiv-Reporter spricht mit Nadine Bettray über mögliche Lösungen und warum sogenannte Schwammstädte für eine bessere Wassernutzung in Ballungsgebieten sorgen können. 

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Mehr Wetterextreme zu erwarten

Die Berichte des Weltklimarats IPCC warnen: Mehr Hitze- und Trockenperioden sowie generell mehr Wetterextreme sind auch in Deutschland zu erwarten. Die Zeit drängt also, um die Versorgung mit Lebensmitteln und nicht zuletzt auch die Einkommen der Landwirte zu sichern. Immerhin: Viele schlaue Köpfe beschäftigen sich mit Projekten, die bei der nötigen Anpassung helfen sollen.

Trauriger Rekord: An 37 Tagen war die Bodenfeuchte in Deutschland 2019 viel zu niedrig

Haselnüsse und Blühflächen mit Hanf als Alternative

Mathias Klöffel ist so ein Vordenker. Er bewirtschaftet mit seinem Sohn einen 180 Hektar großen Betrieb im unterfränkischen Großbardorf – eine trockene Region, die Klöffel, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands, auch mal „die Sahel-Zone Bayerns“ nennt. „Wir müssen uns breiter aufstellen“, sagt er. Über Tierhaltung als zweites Standbein könne man nachdenken, mit Futter wie der tief wurzelnden Luzerne. Über Hirse und Dinkel, auch das gedeihe auf trockeneren Böden. Und wie wäre es mit Bio-Haselnüssen oder Hanfmix für Blühflächen, als Grundstoff für Biogas? 40 Betriebe machen schon mit! Klöffel denkt da positiv: „Wir Landwirte sind uns der Verantwortung bewusst und suchen intensiv nach zukunftsfähigen Wegen.“

Dabei helfe der langfristige Blick, so Andreas Ziermann, Agrarexperte der Bodensee-Stiftung im EU-Projekt „Life AgriAdapt“. In 126 Pilotbetrieben (30 in Deutschland) wurden Strategien für Ackerbau, Viehhaltung, Obst- und Weinbau getestet.

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Europas Höfe machen Check zum Klimawandel

Mit Hofbesitzern machte er den Klimawandel-Check, wertete Daten zu Ertrag, Wetter und Klima aus, gab konkrete Ratschläge. Ein wichtiges Ergebnis: Diversifizierung tut not im Ackerbau, der bei uns fast drei Viertel der landwirtschaftlich genutzten Fläche stellt.

Also weg von klassischen Fruchtfolgen hin zu mehr Vielfalt auf dem Feld. Sogenannte Zwischenfrüchte und Untersaaten helfen, den Boden bedeckt zu halten. Humusaufbau wird noch wichtiger: „Wie ein Schwamm kann der Boden dann schnell viel Wasser aufnehmen und es auch besser speichern.“ Das hilft nicht nur als Puffer gegen Trockenheit, sondern auch, wenn zwischendurch ein Starkregen kommt.

Züchtungsforscher: „Wir brauchen neue Getreidesorten“

Groß Lüsewitz. Was kann Bauern mit Blick auf den Klimawandel helfen? aktiv fragte Bernd Hackauf vom Julius-Kühn-Institut. Er arbeitet am Standort Groß Lüsewitz bei Rostock für das Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen.

Wie steht es um unsere Ernten?

Trockenheit und Hitze beeinträchtigen zunehmend den Anbau. Die Ernteausfälle haben gezeigt: Wir müssen das ernst nehmen!

Wie kann die Forschung da helfen?

Am Klima kann man kurzfristig nichts ändern, unsere Forschung zielt auf die „Sorte“. Besonders gefragt sind neue Züchtungen bei unserem wichtigsten Brotgetreide, dem Weizen. Das geht nicht von jetzt auf gleich: Was heute auf dem Acker wächst, wurde vor 15 Jahren gekreuzt - als Dürre bei uns noch kein Thema war.

Was ist das Ziel Ihres Projekts „Tertius“?

Wir wollen den in Deutschland angebauten Weizen gegen den Klimawandel wappnen, ihm mehr Widerstandsfähigkeit gegen Hitze und Trockenheit verleihen. Dazu machen wir Anleihen beim Roggen mit seinem hoch entwickelten Wurzelsystem. Beide Getreidearten haben sich unter natürlichen Bedingungen schon oft gekreuzt.

Wie kamen Sie darauf?

Die Dürre 2018 war für uns wie ein großer Freilandversuch. Er hat gezeigt, dass ein kleiner Abschnitt des Roggen der Schlüssel für mehr Dürretoleranz beim Weizen sein könnte. Es gilt, die guten Roggen-Eigenschaften von unerwünschten wie schlechterer Backfähigkeit zu trennen.

Schaffen Sie das rechtzeitig?

Ich bin optimistisch. Es gibt bereits Sorten, die mit Trockenheit gut klarkommen. Dank dieses Wissens, dem technologischen Fortschritt und Förderung des Bundes haben wir nun die Möglichkeit, unsere Landwirte zu unterstützen.