Lüchow. Man könnte meinen, Digitalisierung beginnt bei SKF in Lüchow mit „K“: Kallfaß, Krüger, Koopmann. Arne Kallfaß (43) ist Personalleiter, Frederic Krüger (34) verantwortet auch die Qualifizierung und Helge Koopmann (30) treibt in der Produktion die digitalen Prozesse voran. Fluch oder Segen? Für die drei ist dies keine Frage: „Digitalisierung ist eine Riesenchance“, sagt Kallfaß. „Das war uns von Beginn an klar.“ Deshalb drückt SKF mächtig aufs Tempo, um von den Vorteilen möglichst stark zu profitieren.

Die Anlage kommuniziert mobil mit dem Mitarbeiter

Hier, im nordwestlichen Niedersachsen, weht der technische Wandel besonders stark durchs Unternehmen. Seit 1960 produziert der schwedische Zulieferer im Wendland Wälzlager für Trucks und Trailer. „Ich beeindrucke unsere Azubis immer mit der Aussage: Jeder Lkw, den man auf der Straße sieht, fährt mit einem Lager aus Lüchow“, sagt Krüger. Und noch ein Satz von ihm macht Eindruck beim Nachwuchs: „Unsere Lager halten im Durchschnitt 1 Million Meilen, also 1,6 Millionen Kilometer.“

11 Millionen Euro investiert SKF in ein Automatisierungskonzept – eine hochmoderne Kammerofenlinie ist schon in Betrieb genommen. „Die einzige dieser Art im Konzern“, sagt Koopmann. Sie kommuniziert selbstständig mit dem verantwortlichen Mitarbeiter per Smartphone. „Alle wichtigen Informationen bekommt er aufs Handy“, sagt Koopmann.

Roboter übernehmen monotone Tätigkeiten

Besonders stolz ist er auf die neuen Roboterzellen, die nach und nach implementiert werden. 21 von geplanten 29 dieser selbststeuernden Zellen sind bereits im Betrieb. Der Robi erkennt fast so gut wie ein Mensch, wie er nach ungeordneten Teilen in einem Behälter greifen muss, und legt sie auf die Bearbeitungsstraße – 1.400 Teile pro Schicht, rund um die Uhr. „Das haben wir ihm beigebracht“, sagt Koopmann. „Mitarbeiter, die diese Tätigkeiten früher gemacht haben, können nun anspruchsvollere Aufgaben übernehmen.“

Um die Mitarbeiter dafür zu qualifizieren, kommt Frederic Krüger ins Spiel. Er nennt sich Mastertrainer, weil er die Qualifizierung der langjährigen Mitarbeiter und die klassische duale Ausbildung unterstützt. In dem neuen Learning-Center sitzen Azubis und Facharbeiter gemeinsam auf der Schulbank. Es ist hell, sauber und ausgestattet mit modernster Technik. 500.000 Euro hat die Modernisierung gekostet. „In diesem Kurs sind acht Auszubildende und vier Facharbeiter dabei“, erzählt Krüger und wirft einen Blick durch die Glaswände in ein „Hightech-Klassenzimmer“.

Azubis drehen Videos zu Schulungszwecken

Besonderes Augenmerk legt Krüger auf die „5-S-Methode“, die in Japan entwickelt wurde. „Bei uns in Deutschland könnte man darunter verstehen: Sortieren, Systematisieren, Säubern, Standardisieren und Selbstdisziplin oder stetiges Verbessern“, sagt er. Oft würden sich an Arbeitsplätzen viel zu viele Gegenstände ansammeln, die man nie oder nur äußerst selten benötigt. Der Überblick geht verloren, Unordnung breitet sich aus. Dass es anders gehen kann, zeigt Azubi Fynn Lehmann und öffnet den Auszug seiner Werkbank. Sauber und geordnet wie chirurgisches Besteck haben die Werkzeuge ihren Platz. Nur wenige Meter entfernt lässt Krüger mit dem angehenden Industriemechaniker Lukas Riek einen Schulungsroboter nach klar definierten Vorgaben seinen Job machen.

Für die 40 SKF-Auszubildenden ist es selbstverständlich, kleine Videos zu Schulungszwecken zu drehen. „Dabei kommt es auf den Blickwinkel an. Die jungen Leute haben eine andere Perspektive und bevorzugen viel schnellere Schnitte als wir älteren Mitarbeiter“, sagt Krüger. Wichtig ist ihm auch, gemeinsam mit den jungen Leuten Nachhaltigkeit zu trainieren. Wer das Learning-Center besucht, versteht schnell, warum die SKF-Azubis im IHK-Bezirk Lüneburg/Wolfsburg in diesem Jahr die Plätze eins bis drei belegt haben.

Das Unternehmen SKF

Spezialist für Lager, Dichtungen und Innovationen

  • 1907 hat Sven Winquist das Unternehmen gegründet.
  • 103 Produktionsstandorte hat SKF weltweit.
  • 44.000 Menschen arbeiten bei SKF, 6.600 von ihnen in Deutschland.
Werner Fricke
Autor

Werner Fricke kennt die niedersächsische Metall- und Elektro-Industrie aus dem Effeff. Denn nach seiner Tätigkeit als Journalist in Hannover wechselte er als Leiter der Geschäftsstelle zum Arbeitgeberverband NiedersachsenMetall. So schreibt er für aktiv über norddeutsche Betriebe und deren Mitarbeiter. Als Fan von Hannover 96 erlebt er in seiner Freizeit Höhen und Tiefen.

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