Bitterfeld-Wolfen. Ralf Deutsch ist genau. Der junge Mann guckt immer zwei Mal hin, wenn er am Reaktionskessel Daten wie Temperatur, Innendruck oder Rührgeschwindigkeit notiert. Es könnte ja sein, dass ausgerechnet diese Verfahrensvariante die richtige ist. Der 27-Jährige arbeitet im Technikum des Zeolith-Herstellers Clariant in Bitterfeld-Wolfen (Sachsen-Anhalt), gemeinsam mit seinem Chef Dirk Täschner und Kollegin Angelika Glienke.

Ihre Aufgabe in dem 55-Mann-Betrieb: „Wir bringen die Herstellung neuer Produkte vom Laborverfahren auf industriellen Maßstab.“ Das geht nicht von jetzt auf gleich, sondern erfordert viel Arbeit und Know-how. Denn, was im Labor funktioniert, klappt nur selten genauso gut in großen Anlagen.

„Upscaling“ nennen Experten diese Arbeit. Und Deutsch macht sie bei Zeolithen. „Das sind kristallartige Verbindeungen aus Aluminium und Silizium“, sagt er. Davon gebe es über 200 natürliche und künstliche Varianten, die ein breites Anwendungsspektrum haben. Als Energiespeicher, zum Abgasreinigen, als Katalysator für chemische Prozesse.

Unser Tun entscheidet, wann neue Produkte verkauft werden können

Die Bitterfelder Produktion ist höchst komplex, viele verschiedene Verfahrensschritte sind notwendig, um ein Zeolith zu produzieren. „Jeder Verfahrensschritt muss vor Übernahme in die Produktion vorab im Technikum Stück für Stück angepasst werden“, erklärt Deutsch.

Ein Dutzend Projekte und manchmal auch mehr bearbeiten die drei Mitarbeiter im Technikum pro Jahr. „Eine ganz schöne Verantwortung“, findet er. Denn ihr Tun entscheidet mit darüber, ob und wann neue Produkte hergestellt und an Kunden verkauft werden können.

Diese Arbeit macht Deutsch riesigen Spaß. Tüfteln, grübeln und Lösungen finden liegen ihm wohl im Blut. Um noch besser zu werden und mehr Durchblick zu bekommen, hat der fröhliche und optimistische junge Mann gerade eine zweieinhalbjährige Ausbildung zum Industriemeister Chemie absolviert. Neben der Arbeit und mit dem besten Abschluss bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Halle-Dessau.

„Ich konnte gut auf dem Wissen aus der Lehre aufbauen“

„Das war schon ziemlich fordernd“, sagt Deutsch. Doch dank der Unterstützung von Frau, Familie und Kollegen klappte es. Zudem erhielt er von der IHK ein Stipendium in Höhe von 90 Prozent der Ausbildungskosten, weil er noch vor seinem 25. Geburtstag mit der Fortbildung begann. Und er hatte einen zusätzlichen Vorteil, berichtet Deutsch: „Ich konnte gut auf dem Wissen aus der Lehre aufbauen.“ Die Ausbildung zum Chemikanten hatte er von 2007 bis 2011 im Zeolith-Betrieb absolviert, der damals noch zur Süd-Chemie gehörte.

Als 2012 das Chemieunternehmen Clariant die Süd-Chemie übernahm, verschlug es ihn und seine Frau zeitgleich für zwei Jahre nach Bayern. Kurz nach der Geburt des ersten Sohnes zog es die beiden in die Heimat zurück. „Wir hatten schon bei der Anreise nach Bayern zum ersten Mal Heimweh“, erzählt Deutsch. „Aber ich bin dankbar für die Erfahrungen, die ich dort machen konnte.“

Mittlerweile ist der zweite Sohn geboren. Und nach abgeschlossener Fortbildung hat Deutsch wieder mehr Zeit für die Hobbys. Er ist auch privat ein kreativer Typ, beschäftigt sich mit Acrylmalerei, keltert Wein, liest gern oder werkelt in Haus und Garten. „Meine Frau sagt immer, mein Hobby sei es, Hobbys zu sammeln“, erzählt der Familienvater.

Begeisterung bei den Azubis wecken

Und wie sehen die Zukunftspläne aus? „Mit dem Industriemeister habe ich die Voraussetzung, später einmal Technikumsleiter zu werden“, so Deutsch. Das habe aber Zeit, er kann und will von seinem Chef noch viel lernen.

Deutsch betreut auch gerne die Clariant-Azubis im Technikum, vermittelt ihnen Wissen und Begeisterung für den Beruf. „Betriebswirtschaft könnte mich auch interessieren“, überlegt er, „mal sehen, was passiert.“ Egal, was geschehen wird, eines ist gewiss: Ralf Deutsch wird es mit Elan angehen und zu einem guten Ende bringen. 

Persönlich

Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?

Ich habe mich schon in der Schule sehr für Naturwissenschaften interessiert, und Chemie passte von allen am besten.

Was reizt Sie am meisten?

Neues entdecken und herausfinden, wie etwas wirklich läuft. Dazu habe ich im Technikum jeden Tag Gelegenheit.

Worauf kommt es an?

Darauf, Spaß an der Arbeit zu haben und gerne in den zu Betrieb gehen, weil die Kollegen wie eine Familie sind. Und auf Lernbereitschaft sowie Durchhaltevermögen.