Holdorf. Vladimir Ivanovskij und Lars Schröder tüfteln an einem neuen Gummiformteil: Mit Konstruktionszeichnungen und am Rechner entwickeln der Produktdesigner und der Leiter der Arbeitsvorbereitung gerade die Produktionsschritte. aktiv darf zusehen, beim Unternehmen MSG Gummiformtechnik im südoldenburgischen Land.

Die Firma stellt vorwiegend Kautschuk-Formteile in Klein- und Großserie her, häufig im Verbund mit den Werkstoffen Metall und Kunststoff. Die 55 Mitarbeiter in Holdorf liefern Serien für die Auto-Industrie und beeindrucken dabei mit Stückzahlen von bis zu 2,5 Millionen im Jahr. In dieser Marktnische agiert die MSG Gummiformtechnik – und man fühlt sich dort pudelwohl, wie Geschäftsführer Frank Sabaschus anklingen lässt.

Wenn Stative von Kameras sicheren Stand haben sollen

„Wenn andere Hersteller abwinken, dann sehen wir die Herausforderung“, erklärt Sabaschus die Philosophie des Mittelständlers. Sie macht das Unternehmen mit Fug und Recht zu einem Spezialisten. Wenn zum Beispiel Stative von Kameras einen sicheren Stand haben sollen oder Chemiker ihr Prüfgerät gefahrlos aus einem Säurebad heben wollen, dann ist die Fertigung dafür wichtiger Teile eine Aufgabe, die sehr gut zur MSG passt.

Das Erfolgsrezept: Zufriedenheit muss am Ende auf beiden Seiten herrschen – beim Kunden wie beim Hersteller. So ist die Zahl der Kunden in knapp 40 Jahren Firmengeschichte auf fast 300 gewachsen. Aufträge kommen aus der Auto-Industrie, von Maschinenbauern sowie von Medizin-, Elektro- und Regeltechnik-Herstellern.

    „Brutale Preiskämpfe sind nicht unsere Sache“

    Umsatzwachstum ja, aber nicht um jeden Preis, ist die Devise von Geschäftsführer Sabaschus. „Brutale Preiskämpfe sind nicht unsere Sache“, sagt er. „Wichtiger ist uns, dass wir an Erfahrung und technischem Können wachsen. Davon profitiert am Ende auch unser Kunde.“ Vor allem, wenn er schon bei der Entwicklung eines Bauteils die Partnerschaft zu den MSG-Spezialisten sucht. Denn das Unternehmen hat sich zur Maxime gemacht: Es darf kein Elastomer geben, das die Fachkräfte von MSG nicht beherrschen!

    Ein Wermutstropfen: Die Suche nach Arbeitskräften ist im südoldenburgischen Land besonders schwierig. „Wir leben hier in einer Boom-Region“, erklärt der Chef. Derzeit sucht die MSG dringend Fachkräfte für die Instandhaltung. Auch Mechatroniker-Azubis fand sie in diesem Jahr nicht. „Wir hatten zwar einige wenige Bewerber, doch ihnen fehlte die nötige Qualifikation“, berichtet Sabaschus. „Nun hoffen wir auf das Ausbildungsjahr 2020.“

    Bürokauffrau kam per Zeitarbeit auf eine feste Stelle

    Um neue Mitarbeiter kennenzulernen, arbeitet die MSG deshalb gern mit Zeitarbeitsfirmen zusammen. Auf diesem Weg fand Deborah Landsdell zu einer Festanstellung. Die 58-jährige Bürokauffrau stammt aus Simbabwe und bearbeitet hier seit zwei Jahren eingehende Aufträge: „Ich habe supernette Kollegen, sie haben mir die Einarbeitungszeit sehr leicht gemacht. Denn man braucht schon eine Weile, bis man die vielen verschiedenen Produkte und Kunden richtig einordnen kann.“ Zeitarbeit als Einstieg – das könne sie nur weiterempfehlen.

    Weil Fachkräfte nicht so leicht zu finden sind, nehmen die Holdorfer auch das Thema Know-how sehr ernst. Mitarbeiter, die seit Jahrzehnten im Betrieb sind, geben ihr Wissen an jüngere Kollegen weiter. Und in Dokumentationen werden technische Details gesammelt.Die Norddeutschen machen das mit Ruhe und Gelassenheit. So, wie sie hier schon immer auf Herausforderungen reagiert haben.

    Technische Elastomere

    2018 nahm das Geschäft mit den Spezialitäten zu

    • 333.000 Tonnen Kautschuk setzte die Kautschukindustrie dafür ein.
    • 6,7 Milliarden Euro setzte die Branche mit diesen Produkten um.
    • 1,8 Prozent legten die Erlöse damit zuletzt zu.
    Werner Fricke
    Autor

    Werner Fricke kennt die niedersächsische Metall- und Elektro-Industrie aus dem Effeff. Denn nach seiner Tätigkeit als Journalist in Hannover wechselte er als Leiter der Geschäftsstelle zum Arbeitgeberverband NiedersachsenMetall. So schreibt er für aktiv über norddeutsche Betriebe und deren Mitarbeiter. Als Fan von Hannover 96 erlebt er in seiner Freizeit Höhen und Tiefen.

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