Der Autoanhänger, die Schlagbohrmaschine oder einfach nur das Laminiergerät aus der Firma – viele Unternehmen sind großzügig und verleihen Firmeneigentum an Mitarbeiter. Was man dabei beachten sollte, erläutert Michael Eckert, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Heidelberg und Vorsitzender des dortigen Anwaltsvereins.

Darf man ohne zu fragen Dinge über Nacht oder übers Wochenende ausleihen?

Bevor der Arbeitnehmer etwas von seinem Arbeitsplatz ausleiht, muss dies mit dem Vorgesetzten abgesprochen werden. Wenn man Betriebseigentum „einfach so“ mit nach Hause nimmt und dabei entdeckt wird, gilt dies als versuchter oder sogar als vollendeter Diebstahl. Damit droht die Kündigung. Dabei ist es egal, ob es sich um ein teures Werkzeug oder nur um ein paar Briefumschläge handelt. Selbst wenn man sich die Dinge wirklich nur ausleihen wollte, hilft dieses Argument in der Regel nicht mehr. Wird die Sache erst entdeckt, nachdem man den Gegenstand wieder zurück in den Betrieb gebracht hat, gilt das zwar nicht mehr als Diebstahl, aber trotzdem ist Ärger vorprogrammiert. Also: Erst alles eindeutig klären, dann mitnehmen.

Und wenn ich versehentlich etwas mit nach Hause nehme, etwa ein in der Arbeitskleidung übersehener Taschenrechner oder Schraubendreher?

Auch wenn man Betriebseigentum nur versehentlich mitgenommen hat, gerät man sehr leicht unter Diebstahlverdacht. Wird der Gegenstand entdeckt, stellt sich immer die Frage ob der Arbeitgeber glaubt, dass es sich wirklich um ein Versehen handelt. Bei sehr geringwertigen, kleinen Gegenständen, beispielsweise Kugelschreibern, Radiergummis oder Schraubenziehern dürfte das in der Praxis meist kein Problem sein. Dass jemand aber „versehentlich“ einen ganzen Werkzeugkoffer oder ein teures Gerät mitnimmt, ist in der Regel eher unglaubwürdig.

Wenn der Chef einverstanden ist, reicht dann eine mündliche Absprache?

Grundsätzlich reicht ein mündliches Einverständnis, dass man den betreffenden Gegenstand mit nach Hause nehmen darf. Auf der sicheren Seite ist man mit einer schriftlichen Absprache, beispielsweise per E-Mail. Das vermeidet auch Missverständnisse darüber, wer was gesagt hat.

Was ist mit Werkzeugkoffern oder Dienstfahrzeugen, die man nicht privat benutzen will, aber mitnimmt, weil man am nächsten Tag zu einem Auswärtseinsatz muss?

Auch das muss immer vorher mit dem Vorgesetzten abgestimmt werden. In diesem Fall gelten auch andere Regeln für die Versicherung, wenn es beispielsweise zu einem Unfall mit dem Firmenfahrzeug kommen sollte. Außerdem ist der Arbeitnehmer verpflichtet, den Gegenstand so zu verwahren, wie er es auch mit seinem eigenen Eigentum täte. Das teure Werkzeug dürfte also beispielsweise nicht einfach über Nacht offen unter dem Carport stehen und der Firmenwagen nicht in einer dunklen Ecke geparkt werden. Ist eine solche sichere Verwahrung aus irgendwelchen Gründen nicht möglich, sollte der Mitarbeiter dies vorab mit seinem Vorgesetzten klären.

Soll man sich den Erhalt und die Rückgabe des Gegenstands quittieren lassen?

Wenn Betriebseigentum wie Werkzeuge grundsätzlich nur gegen Quittung ausgegeben werden, gilt dieses Prozedere auch für private Ausleihen. Ansonsten dürfte es in der Regel genügen, wenn man den geliehenen Gegenstand dem Chef bei der Rückgabe zeigt, und gegebenenfalls vorführt, dass er noch richtig funktioniert.

Gibt es ein Gewohnheitsrecht, wenn man schon öfter Dinge ausgeliehen hat, oder muss man immer neu um Erlaubnis bitten?

Es gibt beim Ausleihen von Betriebseigentum kein Gewohnheitsrecht oder Ähnliches. Der Chef kann das Entleihen also zehnmal erlauben und beim elften Mal verbieten. Der Mitarbeiter muss sich folglich in jedem einzelnen Fall immer wieder neu mit dem Vorgesetzten abstimmen. Ist der zuständige Ansprechpartner nicht erreichbar und auch sein Stellvertreter nicht, sollte man den Gegenstand besser nicht mit nach Hause nehmen.

Wenn der Kollege immer etwas ausleihen darf, habe ich selbst dann einen Anspruch darauf?

Nein, hier gibt es keinen Gleichbehandlungsanspruch. Der Arbeitgeber muss und darf in jedem einzelnen Fall individuell entscheiden, wem er was ausleiht. Das ist auch in vielen Fällen verständlich, etwa bei komplizierten, empfindlichen, gefährlichen oder schlicht sehr teuren technischen Geräten. So etwas würde man ja auch privat nicht an jeden verleihen, sondern nur an vertrauenswürdige Personen, denen man auch zutraut, dass sie mit einem solchen Gerät tatsächlich umgehen können.

Was, wenn das Geliehene kaputtgeht?

Selbstverständlich haftet der Mitarbeiter und muss die dadurch entstehenden Kosten übernehmen. Man sollte einen Schaden von sich aus sofort melden. Wer defektes Betriebseigentum einfach zurückstellt, in der Hoffnung, dass es nicht auffällt, kann je nach konkreter Situation großen Ärger bekommen.

Darf ich Firmeneigentum auch benutzen, um damit nebenher etwas Geld zu verdienen?

Das ist definitiv nicht zu empfehlen. Wenn jemand in seiner Freizeit seinem Arbeitgeber Konkurrenz macht, dann gilt das leicht als verbotener Wettbewerb. Damit droht eine fristlose außerordentliche Kündigung. Wenn also etwa ein Elektriker Werkzeug aus der Firma mitnimmt, um damit auf einer Baustelle Kabel zu verlegen, kann der Hauptarbeitgeber ihn unter Umständen kündigen. Dabei ist es völlig egal, ob es sich um Kunden des Arbeitgebers handelt oder nicht. Gegebenenfalls können außerdem noch Probleme wegen Schwarzarbeit hinzukommen.

Silke Becker
Autorin

Silke Becker studierte Soziologie, BWL, Pädagogik und Philosophie. Seit ihrem Abschluss arbeitet sie als Redakteurin und freie Journalistin. Außerdem hat sie mehrere Bücher veröffentlicht. Am liebsten beschäftigt sie sich mit den Themen Geld, Recht, Immobilien, Rente und Pflege.

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