Stuttgart. Schon 2020 will der Technologiekonzern Bosch weltweit komplett klimaneutral arbeiten. Aber wie funktioniert das eigentlich? aktiv besuchte das Werk in Stuttgart-Feuerbach (13.500 Mitarbeiter): Dort hat die Belegschaft den Energiebedarf und somit den CO2-Ausstoß seit 2007 bereits halbiert. Die Arbeit an der Energieeffizienz ist einer der vier Hebel zur CO2-Neutralität des Konzerns. Ralf Münter ist CO2-Koordinator und erzählt, wie’s geht.

„Industrie und Klimaschutz gehören für mich zusammen“: Ralf Münter, CO2-Beauftragter im Bosch-Werk Stuttgart-Feuerbach

Münter pustet auf ein Windrädchen, es dreht sich. Ein Display zeigt an, wie lange er weiterpusten müsste, um einen Fernseher 15 Minuten laufen zu lassen: elf Jahre! Das Windrad ist eine von sechs Stationen der Energie-Erlebniswelt: Die steht in der Gehäusefertigung für Diesel-Einspritzpumpen für das Common-Rail-System. Und sensibilisiert die Mitarbeiter mit Infos und Beispielen fürs Energiesparen.

Was hier im Kleinen veranschaulicht wird, ist überall im Werk tägliche Praxis. Vom Aufspüren undichter Stellen bei der Druckluft bis zur Toilettenspülung mit betriebseigenem Brunnenwasser: Es sind viele Einzelmaßnahmen, die zu der Erfolgsbilanz führen.

Lüftung und Beleuchtung schalten sich automatisch ab

„Industrie und Klimaschutz gehören für mich zusammen“, sagt Münter. Der heute 50-jährige Maschinenbau-Ingenieur kümmerte sich ab 2008 zunächst in der Re-Use-Abteilung darum, für ausgemusterte Maschinen einen neuen Einsatzort zu finden. 2013 wurde er CO2-Koordinator.

Erstes großes Projekt war das Abschaltmanagement mit dem Energiemeldeprogramm: Versorgungsanlagen wie Lüftung und Beleuchtung sind am wöchentlich gemeldeten Schichtplan ausgerichtet und schalten sich automatisch ab, wenn nicht gearbeitet wird. Jedes Jahr werden so rund 7.100 Megawattstunden Strom eingespart. So viel, wie etwa 2.300 Zweipersonen-Haushalte verbrauchen.

Wann macht es Sinn, eine Maschine abzuschalten? Gemeinsam mit den sieben Energieverantwortlichen aus den Fertigungsbereichen packte Münter das manuelle Abschaltmanagement an. Es spart jährlich weitere 2.000 Megawattstunden. Abschaltkarten finden sich heute an jeder Maschine.

Viele Ideen in dem Unternehmen kommen von den Mitarbeitern

Größte Stromfresser sind die 90 Reinigungsanlagen fürs Schleifen und Zerspanen: Sie verschlingen rund 12 Prozent des Energiebedarfs. Hier konnte zum Beispiel die Bad- Temperatur von 60 auf 50 Grad verringert werden. Qualität und Sicherheit bleiben oberstes Gebot.

Über das Vorschlagswesen bringen die Mitarbeiter Ideen ein. Oft hilft schon ein einfacher Tipp. Etwa: Auf die Reinigungsbäder einen Deckel setzen, wie beim Kochen! Ein Mitarbeiter-Projekt ist auch die Wärmerückgewinnung: Das voll entsalzte Wasser für 28 Reinigungsanlagen in der Fertigung wird mittels regenerativer Wärmeenergie bereits auf die 50 Grad vorerwärmt.

Neue Projekte würden immer komplexer, sagt Münter. Trotzdem könne man immer noch vieles besser machen: „Ausruhen werden wir uns nicht.“