Hannover. Andreas Schlenke (51) ist Reifenentwickler bei Continental in Hannover – und ein großer Fan der Tour de France, die kürzlich zu Ende ging. Schon einige Male war er in Frankreich dabei, stand am Straßenrand und fieberte mit. Gern erzählt er von der Stimmung unter den Fans. „Die ist wirklich einmalig.“ Er ist stolz, dass sein Arbeitgeber Continental seit 2019 ein wichtiger Partner der Tour de France ist.

Die Hannoveraner haben die Reifen für alle Begleitfahrzeuge zur Verfügung gestellt. Die Bedeutung der Betreuerteams mit Trainer und Ärzten ist im professionellen Radsport immer wichtiger geworden. Nicht auszudenken, wenn vor laufenden Kameras ein Reifen platzt. Andreas Schlenke bleibt gelassen: „Die Sorge hatte ich nicht. Ich empfand es als einen Ritterschlag, dass mein Reifen bei der Tour mit dabei war.“

Rennfahrer und Begleiter kämpfen auch mit Schlammlawinen

Schlenke hat den Premium Contact 6 entwickelt, den Conti als einer der wichtigen Sponsoren auf der Strecke mitfahren ließ. Gern erzählt der sympathische Mann mit dunkler Kunsststoffbrille von den Tests, die der Reifen durchlaufen hat. Denn die Tour de France ist besonders anspruchsvoll, weil auf der rund 3.500 Kilometer langen Strecke unterschiedlichste Bedingungen herrschen. Die Alpen, das Zentralmassiv, die Pyrenäen, das Jura-Gebirge und die Vogesen wurden überwunden. 2020 waren es 29 Anstiege. Hitze, Orkan oder Hagel gehören in jedem Jahr zur Tour. Es kann spiegelglatt werden. Möglich auch, dass Rennfahrer und Begleittross mit Schlammlawinen zu kämpfen haben.

Sensoren im Reifen überwachen Luftdruck und Temperatur

„Gummimischung und Reifenkonstruktion müssen bei hohen und niedrigen Temperaturen bestehen“, sagt Schlenke. Conti hat sie deshalb unter schwierigen Bedingungen getestet. Auf dem Nürburgring und der eigenen Teststrecke, dem Contidrom. „Unser Modell hat die verschiedensten Straßenverhältnisse gemeistert.“ Schlenke nennt das Modell „einen Meister für extreme Aufgaben“. Eine spezielle Entwicklung für die Tour de France gab es zwar nicht, aber: Ein leuchtend gelber Schriftzug war auf der Seitenwand zu lesen. „Ansonsten ist der Tour-Reifen identisch mit dem Reifen, wie er im Handel für jedermann erhältlich ist“, sagt Schlenke.

Gern spricht er davon, dass Reifen immer schlauer werden. Sensoren sind integriert, weil der Reifen der einzige Kontakt des Autos zur Straße ist. Sie geben Informationen über Luftdruck, Temperatur im Inneren oder Fahrbahnzustand an Fahrer und Fahrzeug weiter.

Am Standort Stöcken verantwortlich für weltweite Projekte

Vor 22 Jahren hat der Maschinenbauingenieur bei Conti als junger Werksstudent begonnen. „Damals hatte mich der angenehme Umgang unter den Kollegen beeindruckt“, erzählt er. „Aber auch das Produkt. Der Reifenaufbau ist faszinierend. Stahl, Textil, Gummi, die verschiedenen Anwendungen sind total spannend.“ Deshalb arbeitet er inzwischen schon 20 Jahre in der Entwicklung. Der Spaß am Umgang mit Menschen hat ihn zuletzt in den technischen Vertrieb gebracht. „Wir sind am Standort Stöcken in Hannover mit 20 Kollegen für weltweite Projekte verantwortlich.“

Einen Beruf außerhalb der Kautschukbranche kann er sich nur schwer vorstellen: „Wenn ich noch einmal beginnen würde, dann würde ich diesen Weg wieder gehen.

Die Tour de France

  • Anno 1903 von einer Sportzeitung gegründet
  • 3.470 Kilometer lang war die Strecke in diesem Jahr.
  • 500.000 Euro betrug das Preisgeld für den ersten Platz.
  • 146 Rennfahrer schafften es ins Ziel - von 175 gestarteten.
Werner Fricke
Autor

Werner Fricke kennt die niedersächsische Metall- und Elektro-Industrie aus dem Effeff. Denn nach seiner Tätigkeit als Journalist in Hannover wechselte er als Leiter der Geschäftsstelle zum Arbeitgeberverband NiedersachsenMetall. So schreibt er für aktiv über norddeutsche Betriebe und deren Mitarbeiter. Als Fan von Hannover 96 erlebt er in seiner Freizeit Höhen und Tiefen.

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