München. Deutschland muss wieder verteidigungsfähig werden. Darüber sind sich nach dem russischen Überfall auf die Ukraine im vergangenen Jahr mittlerweile große Teile in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft einig – Stichwort Zeitenwende. Dazu gehört zwingend auch eine bessere Ausrüstung für die Bundeswehr. An einer Erhöhung der Verteidigungsausgaben führt daher kaum ein Weg vorbei.

2-Prozent-Ziel der Nato dauerhaft erfüllen

„Das Sondervermögen für die Bundeswehr ist ein guter Anfang“, sagte kürzlich Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), auf dem „Defence Forum“, einer gemeinsamen Veranstaltung von vbw und bavAIRia, dem bayerischen Cluster für Luft- und Raumfahrt. „Damit ist es aber bei weitem nicht getan.“ Das Sondervermögen müsse weiter aufgestockt und darüber hinaus das 2-Prozent-Ziel der Nato – also Militärausgaben in Höhe von 2 Prozent der jeweiligen Wirtschaftsleistung eines Landes – dauerhaft im Kernhaushalt verankert werden.

Bei der praktischen Umsetzung der Zeitenwende wird Bayerns Industrie eine wichtige Rolle spielen. Nach Angaben der vbw arbeiten rund 45.000 Erwerbstätige direkt in der bayerischen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie, bundesweit habe jedes dritte Unternehmen der Branche seinen Sitz im Freistaat.

„Die Betriebe generieren jedes Jahr mehr als 4 Milliarden Euro an Wertschöpfung und sind technologische Vorreiter“, erklärte Brossardt. „Bayern kann einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, die Ausstattung der Bundeswehr zu verbessern und die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands wieder herzustellen.“

Zeitenwende darf nicht zur Zeitlupenwende werden

Auch Andreas Gundel, der Geschäftsführer von bavAIRia, betonte auf der Veranstaltung die Rolle der Verteidigungsindustrie: „Wenn wir die Zeitenwende als dringende Notwendigkeit verstehen, die Verteidigungsfähigkeit herzustellen und langfristig zu erhalten, dann schaffen wir das nur im engen Schulterschluss von Politik und Industrie.“ Die Industrie sei bereit, schnell und im geforderten Umfang einsatztaugliches Material zu liefern.

Um das zu ermöglichen, forderte Brossardt, die Bremsen im Beschaffungsprozess endlich zu lösen. Derzeit laufe dort noch zu viel im Schneckentempo und die Industrie habe noch immer kaum Aufträge erhalten – auch wenn sich aktuell etwas bewege. „Mit Blick auf die dringenden Ausrüstungserfordernisse der Bundeswehr darf die Zeitenwende nicht als Zeitlupenwende in die Geschichtsbücher eingehen“, mahnte Brossardt.

Michael Stark
aktiv-Redakteur

Michael Stark schreibt aus der Münchner aktiv-Redaktion vor allem über Betriebe und Themen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Darüber hinaus beschäftigt sich der Volkswirt immer wieder mit wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen. Das journalistische Handwerk lernte der gebürtige Hesse als Volontär bei der Mediengruppe Münchner Merkur/tz. An Wochenenden trifft man den Wahl-Landshuter regelmäßig im Eisstadion.

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