Düsseldorf. Im Corona-Jahr ist vieles anders als sonst. Das langersehnte Konzert der Lieblingsband: abgesagt! Die nächste Urlaubsreise an den Strand: gecancelt! Die Dauerkarte fürs Stadion: nutzlos! Doch was macht man jetzt mit den Tickets und schon bezahlten Buchungen? Gibt es das Geld zurück? Ein neues Gesetz ändert die Rechte privater Verbraucher. aktiv hat sich darüber mit der Verbraucherzentrale NRW unterhalten.

Corona-Stornos: Jetzt gibt’s Geld zurück

Das ist neu: Wer möchte, kann sich Ticket-Gutscheine auszahlen lassen.

Immer wieder sind  Kultur- und Freizeit-Events wegen Corona verlegt worden oder auch ganz ausgefallen. Um die Veranstaltungsbranche vor dem plötzlichen Ruin zu schützen, reagierte die Politik mit einer speziellen Regelung: Die Anbieter mussten das Geld erst mal nicht zurückzahlen, die Kunden hatten stattdessen einen Gutschein zu akzeptieren. Jetzt darf man sich solche Gutscheine aber auszahlen lassen – wenn man sie nicht doch noch nutzen möchte.

Dabei geht es nur um die Tickets, die vor dem Stichtag 8.  März 2020 gekauft worden sind: Eintrittskarten etwa für Konzerte, Lesungen oder Sport­ereignisse, aber auch Tickets oder Jahreskarten für Museen, Freizeitparks, Schwimmbäder und Fußballstadien.

Wer also entsprechende Gutscheine in der Schublade liegen hat, kann seit Anfang 2022 sein Geld zurückverlangen. Darauf haben die Verbraucher laut Bundesjustizministerium einen gesetzlichen Anspruch. Das Geld gibt es aber nicht automatisch, sondern man muss es einfordern: Der Veranstalter kann ja nicht wissen, ob man den Gutschein noch für den ursprünglichen Zweck einlösen möchte.

Die großen Ticketportale wie etwa Eventim, Ticketmaster oder Reservix haben sich auf die neue Rechtslage eingerichtet und stellen auf ihren Web­sites Formulare bereit, mit denen sich die Auszahlung online beantragen lässt. Man kann auch einen kostenlosen Musterbrief der Verbraucherzentralen nutzen: verbraucherzentrale.de/Musterbrief.

Was gilt für Konzerte, Events und andere Veranstaltungen?

Für Konzerte, Festivals, Theaterbesuche, Sportevents oder andere Veranstaltungen, die wegen der Corona-Pandemie abgesagt oder verschoben werden, gibt es inzwischen nicht mehr automatisch das Eintrittsgeld zurück. Ein eigens erlassenes neues Gesetz regelt, dass die Verbraucher auch Gutscheine akzeptieren müssen. Das gilt für Tickets, die vor dem 8. März gekauft worden sind. Der Gutschein muss aber ein Wertgutschein sein, den man für jede Veranstaltung des Anbieters einlösen darf – und nicht etwa nur für den Ersatztermin zum Beispiel des ausgefallenen Konzerts. Wenn man so einen Gutschein bis Ende 2021 nicht eingelöst hat, kann man sich den Wert danach auszahlen lassen. Geht der Veranstalter aber bis dahin Pleite, bleiben Verbraucher auf den Kosten sitzen.

Kann man Dauerkarten oder Abos zurückgeben?

Dauerkarten oder Jahreskarten für Fußball- oder andere Sportvereine fallen ebenfalls unter das neue Gutschein-Gesetz: Wenn der Verein darauf besteht, muss man einen Wertgutschein akzeptieren. Dafür wird dann ein Gesamtwert für die ausgefallenen Spiele ermittelt. Echte Fans können ihren angesichts fehlender Eintrittsgelder oft kriselnden Klubs den Betrag auch spenden und diese Spende dann später von der Steuer absetzen.

Gibt es eine Erstattung für Sportkurse oder für die Musikschule?

Nein. Denn auch für Veranstaltungen, die wie Musik- oder Sportkurse an mehreren Terminen stattfinden, gilt das neue Gesetz: Für die abgesagten Kurse bekommt man einen Gutschein. Vereinsmitglieder haben übrigens keinen Anspruch auf Erstattung des Mitgliedsbeitrags. Denn hier wird nicht für konkrete Leistungen, sondern für die Mitgliedschaft an sich bezahlt.

Welche Rechte haben Pauschalreisende?

Generell gilt: Eine Pauschalreise kann bis zum letzten Tag storniert werden – und das ohne Stornokosten, wenn eine amtliche Reisewarnung für das Urlaubsziel gilt. Aber auch, wenn durch das Corona-Virus oder andere Umstände noch immer eine konkrete Gefahr besteht. Seit dem 14. Juni ist die Reisewarnung für 31 europäische Länder aufgehoben – wer eine Pauschalreise dorthin stornieren will, muss also im Zweifel mit hohen Kosten rechnen. Sollte eine Reise ursprünglich bereits vor dem 14. Juni stattfinden, gibt es Geld zurück: Den Reisegutschein, den viele Veranstalter jetzt als Ersatz anbieten, muss man nicht akzeptieren, kann das aber freiwillig tun. Als Anreiz für den Verbraucher, den Gutschein zu nehmen, will die Bundesregierung den Wert in voller Höhe durch eine ergänzende staatliche Absicherung garantieren. 

Und was gilt bei einzelnen Flügen oder Bahnfahrten?

Sagt eine Airline den Flug ab, kann man sich den Betrag erstatten lassen oder das Ticket auf einen späteren Zeitpunkt umbuchen (der Ersatzflug darf nichts zusätzlich kosten). Wer noch nicht ins Flugzeug steigen möchte, obwohl der Flug stattfindet, sollte sich direkt bei der Airline über mögliche Alternativen informieren. Eine Fahrkarte für Fernzüge der Deutschen Bahn, die vor dem 13. März gekauft wurde, kann noch bis zum 30. Oktober für die gebuchte Strecke genutzt werden – war das Ticket mit Zugbindung, ist diese nun egal. Für den Nahverkehr gilt das allerdings nicht. 

Gibt es Ausnahmen?

Ja. Wenn man nachweisen kann, dass aufgrund der persönlichen finanziellen Lage ein Gutschein unzumutbar ist. Dann ist eine Auszahlung des Gegenwerts möglich. Im Brief an den Anbieter muss aber gut begründet werden, warum man zu den Härtefällen zählt.

Lockdown: Fitnessstudio muss die Beiträge erstatten

Während des Corona-Lockdowns 2020 mussten auch Fitnessstudios schließen. Oft buchten sie die Mitgliedsbeiträge ihrer Kunden erst mal trotzdem weiter ab – und boten dann zum Beispiel an, dafür Gratismonate an die Vertragslaufzeit anzuhängen. Darauf kann man sich natürlich einlassen, wenn man das möchte. Aber man muss nicht! Als Kunde kann man auch die Rückzahlung der für die Schließungszeiträume bezahlten Beiträge verlangen. Das hat kürzlich der Bundesgerichtshof klargemacht (4. 5. 22, XII ZR 64/21).

Gegen die Berliner Studiokette „Super Fit“ haben die Verbraucherzentralen übrigens Ende 2021 eine Musterfeststellungsklage erhoben. Dabei geht es nicht nur um die Beiträge an sich, sondern auch um Mahn- und Inkasso-Gebühren, die offenbar von etlichen Kunden verlangt worden sind.

Nadine Bettray
aktiv-Redakteurin

Nadine Bettray schreibt bei aktiv vor allem über Wirtschafts- und Verbraucherthemen. Sie studierte Politikwissenschaft an der Fernuniversität Hagen. Anschließend zog es sie zum Arbeitgeberverband METALL NRW in Düsseldorf. Am Journalistenzentrum Haus Busch in Hagen absolvierte sie ein Volontariat. Wenn Nadine nicht am Schreibtisch sitzt, jubelt sie Rot-Weiss Essen zu oder rennt mit ihrem Hund durch den Wald. 

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Silke Becker
Autorin

Silke Becker studierte Soziologie, BWL, Pädagogik und Philosophie. Seit ihrem Abschluss arbeitet sie als Redakteurin und freie Journalistin. Außerdem hat sie mehrere Bücher veröffentlicht. Am liebsten beschäftigt sie sich mit den Themen Geld, Recht, Immobilien, Rente und Pflege.

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