Auch beim Shoppen gelten natürlich Spielregeln. Doch nicht alles, was man so hört, stimmt auch wirklich. Der Kölner Rechtsanwalt Harald Rotter, stellvertretender Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Allgemeinanwälte beim Deutschen Anwaltverein, überprüft die wichtigsten Einkaufsmythen.
Mythos 1: Man kann grundsätzlich alles innerhalb von 14 Tagen umtauschen.
Harald Rotter: Falsch. Ein gesetzliches Widerrufsrecht von 14 Tagen gibt es nur beim Online-Shopping. Beim Einkauf im Laden gilt: Gekauft ist gekauft. Wenn der Händler trotzdem eine Rückgabemöglichkeit anbietet, obwohl die Ware vollkommen in Ordnung ist, ist das immer freiwillig.
Mythos 2: Man darf lose Ware im Supermarkt probieren, beispielsweise Weintrauben.
Harald Rotter: Nein, ohne ausdrückliche Genehmigung des Händlers handelt es sich dabei um Diebstahl. Es gab auch schon Gerichte, die für solche scheinbaren Lappalien saftige Strafen verhängt haben.
Mythos 3: Man darf Ware schon während des Einkaufens öffnen, beispielsweise einen Schluck von der Cola trinken, und erst anschließend bezahlen.
Harald Rotter: Nein, auch das ist grundsätzlich Diebstahl. Ausnahme: Man hat das Personal vorher um Erlaubnis gefragt oder es ist eindeutig zu erkennen, dass man die angebrochene Ware auch tatsächlich bezahlen wird, beispielsweise wenn die halb leer getrunkene Flasche Cola auf dem Kassenband liegt.
Mythos 4: Verpackungen im Laden darf man öffnen, um den Inhalt genauer in Augenschein zu nehmen.
Harald Rotter: Teilweise richtig. Solange durch das Öffnen weder die Verpackung noch die Ware beschädigt werden, das Produkt also weiterhin voll verkaufsfähig bleibt, darf man die Packung vorsichtig öffnen. Wird der Inhalt durch das Öffnen unverkäuflich, beispielsweise ein eingeschweißter Schinken, muss man die Ware bezahlen. Beschädigt man nur die Verpackung, nicht jedoch die Ware selbst, kann der Händler unter Umständen Schadenersatz für die defekte Verpackung verlangen. Ob er das in der Praxis tut, hängt aber vom Einzelfall ab. Eine abgerissene Buchfolie dürfte im Normalfall kein Problem darstellen, eine zerrissene Geschenkverpackung möglicherweise schon.
Mythos 5: Wenn mir im Laden etwas kaputtgeht, muss ich das nicht bezahlen.
Harald Rotter: Falsch. Der Kunde haftet für alle Schäden, die er verursacht. Wenn dem Kunden beispielsweise eine Flasche Wein aus der Hand fällt oder wenn ein Kleidungsstück beim Anprobieren kaputtgeht, muss er den Schaden also bezahlen. Auch für eventuelle Folgekosten muss der Kunde aufkommen, beispielsweise wenn dem Kunden im Baumarkt eine Dose Lack so unglücklich aus der Hand fällt, dass die Farbe den Fußboden ruiniert. Geht es nur um kleine Summen, etwa eine ausgelaufene Milch, sind die meisten Händler aber kulant und berechnen weder die Ware noch die Kosten der Reinigung. Ansonsten muss der Kunde bzw. gegebenenfalls dessen Haftpflichtversicherung zahlen.
Mythos 6: Wenn Kinder etwas kaputt machen, sind die Eltern dran.
Harald Rotter: Teilweise richtig. Das hängt vom Alter der Kinder und von der Situation ab. Kinder unter sieben Jahren sind deliktunfähig. Die Eltern müssen einen Schaden nur dann übernehmen, wenn sie ihre Aufsichtspflicht verletzt haben. Bei älteren Kindern ist es eine Einzelfallentscheidung und hängt davon ab, ob das Kind bereits reif genug ist, um für den Schaden verantwortlich gemacht zu werden. Ist dies der Fall, haften die Kinder, und das bedeutet in der Praxis meist, dass die Eltern die Kosten übernehmen. Erfahrungsgemäß sind die Händler bei kleineren Missgeschicken von Kindern aber häufig kulant.
Mythos 7: Einkaufstüten sind von Gesetzes wegen kostenpflichtig.
Harald Rotter: Falsch. Es gibt keine gesetzliche Entgeltpflicht. Vielmehr handelt es sich um eine freiwillige Vereinbarung des Handelsverbands mit dem Bundesumweltministerium. Darin haben sich die teilnehmenden Einzelhändler freiwillig verpflichtet, Plastiktüten nur noch gegen Entgelt abzugeben. Ob er mitmacht und Geld für die Plastiktüten verlangt, entscheidet jeder Händler individuell.
Mythos 8: Gewährleistung und Garantie sind dasselbe.
Harald Rotter: Falsch. Die Gewährleistung ist der gesetzliche Anspruch des Kunden, einwandfreie Ware zu erhalten. Ist die Ware defekt, muss also der Händler von Gesetzes wegen reparieren, den Preis mindern oder den Kaufpreis zurückzahlen. Ansprechpartner bei Reklamationen ist übrigens immer der Händler, nicht der Hersteller. Zwar versuchen manche Händler, sich aus der Gewährleistung herauszuziehen, und schicken den Kunden zum Hersteller, doch das muss man nicht akzeptieren.
Eine Garantie dagegen ist eine freiwillige Zusatzleistung des Händlers oder des Herstellers, beispielsweise eine Reparatur bis fünf Jahre nach dem Kauf. Jeder Händler oder Hersteller kann selbst entscheiden, ob und in welchem Umfang er solche Garantien gibt. Solche freiwilligen Garantien können und dürfen die gesetzliche Gewährleistung nicht ersetzen, sondern laufen immer zusätzlich.
Mythos 9: Für Reklamationen hat man zwei Jahre Zeit.
Harald Rotter: Teilweise richtig. Grundsätzlich gilt eine gesetzliche Gewährleistung von zwei Jahren. In den ersten sechs Monaten nach dem Kauf geht das Gesetz davon aus, dass die Ware von Anfang an defekt war. In den folgenden 18 Monaten muss der Kunde dagegen beweisen, dass die Ware von Anfang an nicht in Ordnung war. Kann er das nicht, bleibt der Kunde auf dem Schaden sitzen.
Mythos 10: Bei der Rückgabe von Ware kann der Händler die Bedingungen bestimmen, beispielsweise Rücknahme nur im Originalkarton.
Harald Rotter: Teilweise richtig. Bei Reklamationen von defekter Ware darf der Händler keine Bedingungen stellen, beispielsweise Rückgabe nur im Originalkarton oder Rückgabe nur mit Kassenbon. Allerdings muss der Kunde beweisen können, dass er die Ware tatsächlich in diesem Laden gekauft hat. Dazu genügt aber beispielsweise auch eine Zeugenaussage oder ein Kontoauszug. Bei einer Rücknahme von Ware, die völlig in Ordnung ist, darf der Händler dagegen die Spielregeln bestimmen, denn es handelt sich um eine freiwillige Serviceleistung.
Mythos 11: Im Laden kann man den gesamten Einkauf auch nur mit Kleingeld bezahlen.
Harald Rotter: Teilweise richtig. Der Händler ist nämlich nicht verpflichtet, mehr als 50 Münzen anzunehmen.
Mythos 12: Ich kann auch kleine Summen mit großen Scheinen bezahlen.
Harald Rotter: Falsch. Grundsätzlich sind natürlich auch große Scheine gesetzliche Zahlungsmittel. Trotzdem muss der Wert der Banknote in einem angemessenen Verhältnis zum Wert der Ware stehen. Schließlich haben viele Händler gar nicht genügend Wechselgeld, um auf größere Scheine herauszugeben. Bei einem Staubsauger für 195 Euro muss der Händler also eine 200-Euro-Note akzeptieren, bei einem Brötchen für 50 Cent dagegen kann er die Annahme verweigern, wenn er nicht genügend Wechselgeld in der Kasse hat.