Lammersdorf. Wasser und Strom, das geht gar nicht zusammen! Denkste. Bei der Otto Junker GmbH in Lammersdorf weiß man, wie es geht. Hier am Stammsitz des Unternehmens in der Eifel entstehen riesige Induktionskochtöpfe, die auf dem heimischen Herd wahrlich keinen Platz finden würden. Denn so ein Kessel – Fachleute sprechen von Induktionsschmelzanlagen – kann locker 60 Tonnen auf die Waage bringen und größer als ein Einfamilienhaus sein.
„In unseren Töpfen wird denn auch keine Suppe gekocht, sondern Metall verflüssigt“, klärt Geschäftsführer Markus Werner auf.
Um welche Dimensionen es in dem Betrieb geht, sieht man am Arbeitsplatz von Herbert Schieren. Der Schweißer ist gerade dabei, aus 200 Metern Kupferrohr das Herzstück in der Wand einer Schmelzanlage zu wickeln: die riesige Induktionsspule. Rohrenden anlöten, Isolierband aufbringen, vorsichtig aufwickeln – Präzisionsarbeit, die Zeit kostet. Genauer: zehn Wochen!
Später wird das Kupferrohr mittels jeder Menge Strom, die ausreichen würde, ein paar ICEs auf Touren zu bringen, ein Magnetfeld erzeugen, das den Inhalt im Kessel verflüssigt – während es gleichzeitig im Inneren mit Wasser gekühlt wird. Schieren bringt es ganz emotionslos auf den Punkt: „Wenn ich hier nicht sauber arbeite, fliegt dem Kunden der Kochtopf um die Ohren. Und die Werkhalle braucht ein neues Dach.“
Die Schmelzanlagen, die durchaus mehr als 50 Jahre zuverlässig mit hoher Präzision ihren Dienst verrichten, sind ein Exportschlager. Sie stehen auf allen Kontinenten.
Jeder zweite Wasserhahn wird mit Technik aus NRW gekocht
Geschäftsführer Werner: „Überall, wo Metall verarbeitet wird, sind wir nicht weit.“ In der Praxis bedeutet das, dass Teile jeder Windanlage und jeder zweite Wasserhahn weltweit in Töpfen von Otto Junker gekocht werden. Gleiches gilt für alle Flugzeugflügel, egal ob bei Airbus oder Boeing. Auch bei den beiden anderen Geschäftssparten dreht sich alles ums Metall: In der Edelstahlgießerei entstehen Präzisionsbauteile wie etwa Pumpen und Armaturen für die Öl- und Gas-Industrie oder Maschinengestelle für die Mikrochip-Branche. Die Sparte „Thermoprozessanlagen“ fertigt riesige „Backöfen“ für die Aluminium- und Kupfer-Industrie. In ihnen werden Barren, Platten, Bleche oder auch ganze Coils nach ausgeklügelten mathematischen Berechnungen erhitzt und abgekühlt. Das macht die Metalle härter oder geschmeidig.
Dabei hilft moderne Mess- und Regeltechnik beim Energiesparen, weil der Ofen die Ausgangstemperatur jeder zugeführten Charge erkennt und nur so viel Energie wie nötig aufwendet, um die Zieltemperatur zu erreichen.
500 Mitarbeiter zählt der Standort Lammersdorf, weitere 200 sind es im Werk in Tschechien und bei den Tochterfirmen in China und den USA. Der Gesamtumsatz lag im vergangenen Jahr bei rund 150 Millionen Euro. Die 1924 gegründete Firma zeigt sich seit jeher weltoffen. Quasi von Beginn an startete der Handel mit den USA, und 1956 wurde der erste Ofen nach China geliefert.
Zusammenarbeit mit der Technischen Hochschule Aachen
Seit Jahrzehnten ist das Unternehmen eine Stiftung mit dem einen Ziel: die Förderung der Technischen Hochschule Aachen. Geschäftsführer Werner lacht: „Unsere ‚Forschungs- und Entwicklungsabteilung’ besteht aus den 50.000 Studenten in Aachen.“ Und auch die kommen aus aller Herren Länder.