Köln/Brüssel. Diplomatisches Geschick ist für den neuen Job erforderlich, den die EU-Kommission besetzen will: Ein „Leitender Handelsbeauftragter“ soll künftig die Welthandelsinteressen der EU wahrnehmen – und damit in Sachen Handelskonflikte auch Aufgaben übernehmen, bei denen sich die EU bisher auf die Kompetenzen der Welthandelsorganisation WTO verließ.

Gern genutztes Instrument der EU war seit Jahren das WTO-Streitschlichtungsverfahren mit dem Berufungsgremium als vermittelnde Instanz. Doch dieses Gremium ist derzeit handlungsunfähig, weil ihm die erforderliche Anzahl an Richtern fehlt.

Seit drei Jahren verhindern jedoch die durchaus streitfreudigen USA (siehe Grafik) die Nachbesetzung dieser Posten, weil laut USA wichtige Reformen bei der WTO unterblieben. 

Handelskonflikte werden deutlich öfter und schneller eskalieren

Dass Reformbedarf bei der WTO besteht, sagt auch Jürgen Matthes, Experte für Internationale Wirtschaftsordnung und Konjunktur beim Institut der deutschen Wirtschaft in Köln. Doch eine handlungsunfähige WTO sei ein großes Problem: „Durch den Wegfall der Berufungsinstanz werden Handelskonflikte wohl deutlich öfter und schneller eskalieren.“

China sei, obwohl es bei den Schlichtungsverfahren erst auf Rang drei steht, einer der Hauptgründe für die Blockade der USA. Diese kritisieren, dass Peking durch Subventionen weitgehend ungestraft den Wettbewerb verzerrt. „Mittelfristig hängt das Schicksal der WTO besonders von China ab“, so Matthes. Das Land müsse sich daher bei den Reformen einbringen.