Borken. Früher lief Textilproduktion so ab: Wer Stoffe weben, veredeln oder bedrucken wollte, bediente sich einfach kräftig an Hilfs- und Farbstoffen. „Sauber wurde das Textil erst beim Waschen danach“, sagt Monika Kohla, Leiterin der Abteilung für Umwelt, Energie und Verbraucherschutz beim Textil- und Bekleidungsverband NordWest im westfälischen Münster.
Noch vor 20 Jahren spülten die Waschstraßen etlicher Betriebe ein Kilo veredeltes Flachgewebe mit bis zu 60 Liter Wasser durch. Heute sind oft nur noch 10 Liter nötig. „Die heimische Produktion ist sehr viel sauberer geworden“, versichert Kohla zufrieden.
Sie erinnert sich: „Als ich vor 27 Jahren anfing, für mehr Umweltschutz zu werben, hieß es: Wenn Sie kommen, kostet uns das nur Geld …“ Inzwischen ist umweltschonende Produktion in den meisten Betrieben fest verwurzelt – nicht zuletzt, weil sie sogar Geld sparen kann.
Wenn man sie denn richtig betreibt. „Statt nachträglich Wasser und Abluft teuer zu reinigen, setzt man heute darauf, so viel wie möglich an Emissionen zu vermeiden – oder sie klug zu nutzen“, so Kohla. Produktionsintegrierter Umweltschutz heißt das in der Fachsprache.
Und das Konzept funktioniert. Zum Beispiel bei der Bierbaum-Gruppe in Borken, Hersteller von Bettwaren und Reinigungstüchern. „Ein Drittel der Primärenergie konnten wir einsparen, weil der Strom selbst erzeugt und die Abwärme hieraus komplett, auch im Sommer, verwendet wird“, sagt Firmenchef Jan-Frederic Bierbaum. 90 Prozent des benötigten Stroms produziert Bierbaum im eigenen Blockheizkraftwerk. Und in der Druckerei sind Verfahrensgänge so zusammengefasst, dass alle Restfarben, statt im Abwasser zu landen, in einer vollautomatischen Farbküche neu vermischt werden.
„In den vergangenen Jahren hat sich immens viel getan“, sagt auch Johannes Dowe, Geschäftsführer beim Borkener Heimtextilien-Hersteller Wülfing. Das vollstufige Unternehmen nutzt die Abwärme der Produktion und die Energie des firmeneigenen Heizkraftwerks, um sein Prozesswasser auf 95 Grad zu erhitzen. Dowe: „Da sind wir komplett unabhängig.“
Weniger Chemikalien in den Rezepturen
Energieverbrauch und Emissionen haben die Borkener weiter reduziert, weil in allen Anlagen mittlerweile statt energiefressender Drehstrommotoren sparsame frequenzgesteuerte Varianten stecken.
Funktionieren kann das alles noch besser, wenn alle an einem Strang ziehen. Da sind besonders die Lieferanten von Chemikalien gefragt. „Alle Rezepte werden ständig optimiert“, so Bierbaum. Dahinter steckt die Initiative ZDHC – frei übersetzt aus dem Englischen steht das Kürzel für: null Emissionen gefährlicher Stoffe. Für elf Stoffgruppen sind Restkonzentrationen von Schadstoffen festgelegt worden, die nicht überschritten werden dürfen. Ziel: Die Textilproduktion soll mit noch weniger Chemikalien auskommen. Auch Bierbaum und Wülfing sind in der Initiative dabei.
Verbandsexpertin Kohla sieht in der Nähe zu den Lieferanten einen Standortvorteil für die hier produzierenden Unternehmen. Und sie sagt mit der ganzen Erfahrung aus drei Jahrzehnten: „Heute produzieren hier die saubersten Textilunternehmen weltweit.“