Essen. Eigentlich sollte Schlaf erholsam sein – schließlich schlummern wir im Durchschnitt fast acht Stunden pro Nacht. Voraussetzung für guten Schlaf ist eine passende Matratze. Doch diese zu finden, bereitet vielen der jährlich sechs Millionen Kunden in Möbel- und Fachmärkten oft unruhige Träume.
„Es ist schwer zu unterscheiden, was Marketing ist und was wertvolle Materialien sind“, gibt selbst Claudia Wieland, Expertin beim Fachverband Matratzen-Industrie in Essen, zu.
Dieses Dilemma machen sich jetzt junge Start-ups zunutze. Sie heißen zum Beispiel Emma, Eve, Casper, Muun oder Brunobett und bieten „One fits all“, zu Deutsch: „Passt für alle“-Matratzen an.
Bestellt wird im Web, geliefert wird kostenlos. In der Einheitsmatratze steckt Schaumstoff, mit dem jeder Körpertyp zurechtkommen soll – unabhängig von Gewicht und Größe. Auch die Schlafposition sei egal, versprechen die Anbieter. „Da möchte ich Bedenken anmelden. Mit einer Standardlösung kommt man nicht aus“, sagt Bernd Kladny, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie. Man müsse individuell für sich, seine Körperform und seinen eigenen Schlaf etwas finden. Um solcher Kritik zu begegnen, kommt die Einheitsmatratze mit dem Angebot des 100-Tage-Probeliegens ins Haus. Wer nach dieser Zeit nicht überzeugt ist, darf sie kostenlos wieder abholen lassen.
Noch führen die Start-ups ein Nischendasein. Nur 5 Prozent aller verkauften Matratzen wurden zuletzt per Internet geordert. Und das in einer Branche, die 2015 hierzulande 1,7 Milliarden Euro umgesetzt hat, so eine Studie der Unternehmensberatung Titze in Neuss. „Aber in den vergangenen beiden Jahren hat sich dort einiges getan“, weiß Branchenexperte und Studienautor Winfried Titze. Hinter den Neulingen steckten finanzkräftige Investoren, wie der amerikanische Schauspieler Leonardo di Caprio. Er investierte mehrere Millionen US-Dollar in das Start-up Casper. Ziel: die Matratze als Lifestyle-Produkt. Sie soll nicht nur gesund, sondern gleichzeitig auch schön sein.
Das kommt an. Allein in den letzten drei Monaten verkaufte das Frankfurter Unternehmen Emma nach eigenen Angaben auf dem deutschen Markt 10.000 Matratzen. Helmut Müller, Deutschland-Chef des britischen Konkurrenten Eve-Mattress, hält langfristig einen Marktanteil von 20 Prozent für möglich. Doch das kann dauern.
Statistisch tauschen die Deutschen alle 13,5 Jahre ihre Schlafstatt aus. Öfter wäre besser! Experten empfehlen, aus hygienischen Gründen nach etwa 8 Jahren eine neue Matratze zu erwerben.
Im Möbelfachhandel, wo mit gut 23 Prozent die meisten Exemplare verkauft werden, entscheidet man sich oft für Schaumstoff. An zweiter Stelle steht Federkern. Tendenz steigend. „Das hat mit dem Trend zum Boxspringbett zu tun“, sagt Claudia Wieland. Dabei liegen zwei Federkernmatratzen aufeinander – auf den Lattenrost wird verzichtet.
Egal, ob nun Federkern oder Schaumstoff in der Matratze steckt – ausprobieren sei auf jeden Fall absolute Pflicht, betont Experte Kladny: „Ihr Körper berät Sie bei der Auswahl am besten.“