Landei und Stadtkind, Tochter eines langjährig integrierten türkischen Gastarbeiters und vor Kurzem erst aus Syrien Geflüchteter: Beim Nutzfahrzeughersteller MAN Truck & Bus treffen am nördlichen Münchner Stadtrand Auszubildende mit ganz unterschiedlichen Erfahrungen, Kulturen, Herkünften, Alter und Geschlecht zusammen. Und sie alle finden hier ihre berufliche Heimat. Vielfalt ist bei den mehr als 200 Auszubildenden von Anfang an Programm – und wird von ihnen viel gelassener angenommen als von früheren Generationen.

Workshops schärfen den Blick für Vielfalt und Zusammenhalt

Das hat zumindest Florian Kröninger beobachtet. Der Ausbildungsleiter ist seit 25 Jahren in dem Münchner Unternehmen, startete einst selbst mit einer klassischen Ausbildung und hat mit stetigen Weiterqualifizierungen die Karriereleiter erklommen. „Die heutige Jugend lebt Diversität schon ganz selbstverständlich, denn sie wächst gerade in Städten in einer Umgebung auf, die von Vielfalt geprägt ist“, sagt er. Trotzdem schärft das Unternehmen bei den Azubis den Blick für die Diversität und die anderen, lehrt Respekt. „Manche junge Menschen können nicht richtig einschätzen, wie sie auf andere wirken. Sie merken nicht, dass sie anecken, dass ihr Verhalten an der ein oder anderen Stelle vielleicht nicht passt“, sagt Kröninger.

Schon in der Einführungswoche, beim „Onboarding“, durchlaufen neue Azubis daher spezielle Workshops, in denen sie sich mit den Themen Diversität und Inklusion auseinandersetzen. Weitere Einheiten folgen über das Jahr verteilt. „Diversität muss irgendwann so selbstverständlich sein, dass wir nicht mehr darüber zu sprechen brauchen“, sagt Kröninger. „Aufgrund der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklung ist es aber sehr wichtig, darüber zu sprechen und den Jugendlichen die Vorteile aufzuzeigen.“

Der Ausbilder ist nicht mehr der allwissende Meister

Der Nutzfahrzeughersteller hat das Thema Diversität fest in seiner Unternehmens-DNA verankert. So wählt er etwa die Auszubildenden nach einem anonymisierten Verfahren aus – damit die Personaler ausschließlich die Qualifikation und Motivation des Bewerbers bewerten und nicht Hautfarbe, Name oder Geschlecht. So liegt inzwischen beispielsweise am niedersächsischen Produktionsstandort Salzgitter die Quote der weiblichen Auszubildenden mit gut 30 Prozent deutlich über dem üblichen Durchschnitt in der Metall- und Elektro-Industrie. Auch für die bayerischen Standorte sei das wünschenswert – bislang fehle es aber an geeigneten Bewerberinnen, um dies zu erreichen.

Der Fokus auf Vielfalt und die verstärkte Sensibilität für die Bedürfnisse der anderen verändert die Rolle der Ausbilder bei MAN. „Die heutige Azubi-Generation verlangt keinen allwissenden Meister“, sagt Kröninger. Vielmehr suchten die jungen Menschen einen kollegialen Freund, der einen anleitet, aber auch bei persönlichen Problemen berät. Und etwa auch mal hilft, ein Formular fürs Amt auszufüllen.

Azubis sind von Anfang an bei Zukunftsthemen wie E-Mobilität dabei

Fest steht: Die Ausbilderinnen und Ausbilder tun eine Menge, um ihre Schützlinge bis zur Prüfung zu begleiten, egal, welche Talente die mitbringen. Kröninger: „Die Chancen in der Industrie sind nach wie vor gut. Gerade bei MAN arbeiten wir an den Zukunftsthemen wie E-Mobilität, Automatisierung und Digitalisierung. Da sind die Auszubildenden von Anfang an mit dabei.“

Bei MAN Truck & Bus starten jährlich gut 500 Auszubildende an den drei großen Produktionsstandorten München, Nürnberg und Salzgitter sowie den Servicestandorten in Deutschland. Dazu kommen etwa 25 dual Studierende. 2024 ermöglichte der Standort Salzgitter erstmals Ausbildung in Teilzeit, ab 2025 gilt das Angebot auch in München und Nürnberg. Insgesamt beschäftigt MAN Mitarbeitende aus 80 Nationalitäten. Knapp 9 Prozent der Belegschaft sind Menschen mit Behinderungen, in München werden sechs Azubis pro Jahr von Förderschulen rekrutiert.

Alix Sauer
Leiterin aktiv-Redaktion Bayern

Alix Sauer hat als Leiterin der aktiv-Redaktion München ihr Ohr an den Herausforderungen der bayerischen Wirtschaft, insbesondere der Metall- und Elektro-Industrie. Die Politologin und Kommunikationsmanagerin volontierte bei der Zeitungsgruppe Münsterland. Auf Agenturseite unterstützte sie Unternehmenskunden bei Publikationen für Energie-, Technologie- und Mitarbeiterthemen, bevor sie zu aktiv wechselte. Beim Kochen und Gärtnern schöpft sie privat Energie.

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