Bad Berleburg. Helga Klose hat drei Kinder im Alter von elf, neun und vier Jahren – und einen anspruchsvollen 30-Stunden-Job als Controllerin. Ohne flexible Arbeitszeiten würde das Zusammengehen von Beruf und Familie für sie kaum funktionieren: „Das erleichtert mir den Alltag enorm. Selbst wenn ich spontan frei haben muss, regeln wir das im Team. Und Gründe gibt es genug: Kind krank, Termin in der Schule oder der Schulbus fährt nicht.“

Helga Klose arbeitet beim Bad Berleburger Familienunternehmen Ejot. Die Firma stellt Jahr für Jahr neun Milliarden Schrauben und Verbindungselemente her und setzt damit 500 Millionen Euro um. Ejot-Teile finden sich in vielen Autos und am Bau ebenso wie in Waschmaschinen oder dem iPhone.

„Eine Frau, die wir drei Jahre ausgebildet haben und die sich über fünf Jahre Spezialwissen angeeignet hat, lassen wir doch nicht einfach gehen!“, sagt Geschäftsführer Winfried Schwarz. Der gelernte Rechtsanwalt und SPD-Kreistagsabgeordnete sei kein Gutmensch, sondern jemand, der Gewinne machen müsse. Fachkräftemangel, demografischer Wandel und Landflucht: Mit all dem hat Ejot im Wittgensteiner Land zu kämpfen. Wer abseits der Ballungsräume auch künftig für hoch qualifizierte Mitarbeiter interessant sein will, muss sich etwas einfallen lassen.

Schwarz: „Als ich vor 17 Jahren hier anfing, war, wer schwanger wurde, raus aus der Firma.“ Heute setze das Unternehmen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf konsequent durch: „Wenn da mal ein Vorgesetzter nicht so recht will, dann bitte ich ihn in mein Büro.“ Flexible Arbeitszeiten sind nur ein Baustein in einem großen Mosaik.

So hält die Firma über ein Programm Kontakt zu Mitarbeitern, die in Mutterschutz oder Elternzeit sind, oder länger wegen Krankheit nicht arbeiten können. Ein Leitfaden „Beruf und Pflege“ hilft, an alle wichtigen Dinge zu denken, wenn etwa ein Elternteil zum Pflegefall wird. Es gibt eine Schuldnerberatung und reservierte Plätze im örtlichen Awo-Kindergarten, zudem eine Unterstützung bei der Altersrente und eine jährliche Gewinnbeteiligung.

Der dreijährige Niklas springt seinem Vater, der ihn aus dem Kindergarten abholt, auf den Arm. Werkzeugmacher Fabian Gretsch arbeitet in der Presserei. Er gehörte zu den ersten Männern in der Firma, die Elternzeit genommen haben: „Eine sehr schöne Erfahrung.“

Heute schätzt er die Möglichkeit, mal schnell nach Hause zu können, wenn’s daheim „nachwuchstechnisch brennt“. Und Helga Klose sieht’s ganz pragmatisch: „Die Arbeit in der Firma muss getan werden. Wann, ist egal.“