Göppingen. Der Gegensatz könnte größer kaum sein. Wo bis vor eineinhalb Jahren noch Stahl gegossen wurde, steht heute am Stammsitz von Schuler in Göppingen eine helle, nahezu klinisch saubere Halle mit einer einzigen riesigen Maschine. „Hot Stamping TechCenter“ nennt der schwäbische Pressen-Hersteller das Gebäude, das gleichzeitig Forschungs- und Schulungszentrum sowie Vorführraum ist.

Hier will Schuler zusammen mit Kunden das Verfahren – Formhärten genannt – weiterentwickeln. Die Göppinger sind für solche Anlagen weltweit Marktführer.

Stahlbleche werden beim Formhärten zunächst auf über 900 Grad erhitzt, dann beim Pressen gekühlt und auf diese Weise gehärtet. „Das ist ein wichtiges Verfahren zum Leichtbau von Fahrzeug-Karosserien“, erklärt Schuler-Vorstandschef Stefan Klebert. Denn durch den Härteprozess könne mit dünneren Blechen die gleiche Festigkeit erreicht und so Gewicht gespart werden.

Der Autokonzern VW hat den Golf VII auf diese Weise leichter gemacht als seinen Vorgänger, obwohl er größer ist, nennt Klebert als Beispiel. „Unser neues Hot Stamping Tech-Center ist beides: Beleg für unsere Innovationsfähigkeit bei vollautomatischen vernetzten Produktionsanlagen und Bekenntnis zum Technologiestandort Deutschland.“

Infrastruktur ist ein großes Problem

Rund 7 Millionen Euro hat Schuler für die neue Demonstrationsanlage ausgegeben. Noch deutlich mehr, 40 Millionen Euro, werden für den 200 Meter entfernten Innovation Tower verbaut. In dem 50 Meter hohen Gebäude sollen ab Sommer nächsten Jahres Spezialisten für die Entwicklung arbeiten.

Dabei wird Industrieunternehmen wie Schuler die Treue zum Standort Deutschland zunehmend schwer gemacht. Zum Beispiel bei der Infrastruktur: „Die ist ein großes Problem für uns“, erläutert der Vorstandschef. „Der Staat investiert zu wenig in den Straßenbau.“

Das kann sogar zu Lieferengpässen führen: Vor eineinhalb Jahren konnte aus dem Göppinger Werk zwei Wochen lang keine Maschine mehr ausgeliefert werden, weil Brücken in der Nähe des Stammsitzes von einem Tag auf den anderen für Schwertransporte gesperrt wurden. Die bis zu 200 Tonnen schweren Anlagenteile müssen über die Ostalb zum Hafen in Heilbronn transportiert werden.

Durch die Umleitungen geht wertvolle Zeit verloren. Dennoch betont Klebert: „Deutschland bleibt der Standort für Entwicklung und Hightech, trotz aller Internationalisierung.“

Dass der Göppinger Pressen-Hersteller parallel dazu auch seine Produktion in anderen Ländern ausbaut, vor allem in China, sieht der Schuler-Chef nicht als Widerspruch.

Es gehe vor allem darum, nahe bei den Kunden zu sein. „Wir wollen auch in Ländern wie China als heimischer Hersteller auftreten“, erläutert Klebert.

Mit einem Mix aus deutschen und ausländischen Standorten und dem Ausbau der Zukunftstechnologie Leichtbau sehe sich Schuler gut gerüstet für die Zukunft.