München. Das Ding ist nur so groß wie ein Kühlschrank – und dank Sensoren und digitaler Technik ziemlich intelligent. Innen ist es vollgestopft mit Vitaminen. Unter dem Namen „plantCube“ vermarktet die junge Münchner Firma Agrilution ihr Gerät, das den Gemüseanbau selbst in der Stadtwohnung möglich machen soll – und den Hobby-Pflanzer ohne grünen Daumen dabei auch noch anleitet.
Die neuen Möglichkeiten der Digitalisierung krempeln nicht nur das Wirtschaften in der Industrie oder im Dienstleistungssektor um. Sie revolutionieren – wie das Beispiel Agrilution zeigt – auch die Art und Weise, wie Pflanzen aufgezogen und versorgt werden und damit die Ernährung von immer mehr Menschen sichern. Darauf hat zuletzt auch der Zukunftsrat der Bayerischen Wirtschaft hingewiesen. Das Expertengremium analysiert wichtige Trends und Technologien und soll damit insbesondere Mittelständlern in Bayern Orientierung zu zukünftigen Entwicklungen geben.
Gerade in der Landwirtschaft spielen Faktoren eine Rolle, die der Mensch nur wenig beeinflussen kann, etwa Umwelt und Wetter oder Krankheiten von Pflanze und Tier. IT-basierte Anwendungen machen diese unsicheren Faktoren besser mess- und analysierbar – und somit steuerbarer, zeigt die Studie „Neue Wertschöpfung durch Digitalisierung“ der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), auf die sich der Zukunftsrat beruft.
Bei „plantCube“ etwa steuert eine App den digitalen Gemüsegarten. Kräuter oder Salate gedeihen in vorgefertigten Saatmatten. Licht, Temperatur und Bewässerung passen sich automatisch an. Die Technik signalisiert auch, wann geerntet werden kann. „Die Pflanzen wachsen zwei- bis dreimal so schnell wie üblich – und das ganzjährig“, so Agrilution-Mitgründer Phillip Wagner. „Preislich kommen wir so immerhin auf Bio-Markt-Niveau.“
Mithilfe digitaler Innovationen kann die Landwirtschaft insgesamt effizienter werden. Daran arbeitet unter anderem der Münchner Mischkonzern BayWa mit der systematischen Auswertung von Satellitenbildern. Mithilfe der gewonnenen Daten entstehen digitale Karten, die über die Qualität eines Felds Auskunft geben. Die Unterschiede in Fruchtbarkeit, Pflanzenwachstum und Ertrag sind zum Teil erheblich. Liegen diese Informationen vor, kann auf jedem Fleckchen Acker genau die richtige Menge Saatgut und Dünger ausgebracht werden. Das senkt die Kosten und hilft, den Boden optimal zu nutzen und vor Überdüngung zu schützen.
Auch in der Tierhaltung unterstützen Daten: Sie regulieren die Futtermenge, liefern die Grundlage für das automatische Melken von Kühen. Wichtiger Nebeneffekt: Dadurch wird transparent, wie ein Tier aufwächst, und der Verbraucher weiß, woher das Fleisch stammt.
Hohe Investitionskosten schrecken die Bauern ab
Die Beispiele zeigen: Digitalisierung in der Landwirtschaft lohnt sich. Viele Bauern erkennen, dass ihre Arbeit dadurch leichter und vorhersehbarer wird und Qualität sowie Ertrag steigen, so die Studie. Doch drei von vier Landwirten zögern noch bei Investitionen: Die Kosten seien zu hoch, insbesondere für die kleineren Höfe in Bayern. Der Zukunftsrat empfiehlt daher, mit Förderung gezielte Impulse zu setzen.