München. Airbag, Antiblockiersystem und Seitenaufprallschutz: Das hat Autofahren in den letzten Jahrzehnten sicherer gemacht. Doch Ralf Bornefeld reicht das noch lange nicht. Der 51-jährige Ingenieur leitet beim Halbleiter-Hersteller Infineon in München das Geschäftsgebiet „Sensoren für Automobil-Anwendungen“.

Sein Team entwickelt Chips für aktive Sicherheitssysteme im Auto. Sie arbeiten mit Radar – erkennen etwa Fußgänger auf der Fahrbahn, überwachen den „toten Winkel“ und schlagen Alarm bei zu geringem Abstand zum Vordermann. Früher gab es sie nur für Oberklasse-Limousinen – doch das ändert sich gerade.

Die Chips, die diesen Durchbruch möglich machen, waren 2015 sogar nominiert für den Deutschen Zukunftspreis des Bundespräsidenten. Bornefeld empfindet das als „großen Ansporn“, auch wenn die Auszeichnung am Ende an einen Mitbewerber aus der Medizin gegangen ist.

„Radar ist eine Schlüsseltechnologie, wenn es um Sicherheit im Auto geht“, ist Bornefeld überzeugt. Anders als Kameras, mit denen inzwischen schon relativ viele Fahrzeuge ausgerüstet sind, funktioniert Radar auch nachts, bei Regen oder bei Nebel.

Es ist das Verdienst von Bornefeld und seinem Team, dass die Technik auch in Kleinwagen rentabel wird: Mit einem neuen Verfahren lassen sich die Halbleiter günstiger herstellen. Den winzigen Plättchen wurde zudem ein robustes Gehäuse verpasst – das erleichtert den Einbau im Fahrzeug und senkt ebenfalls die Kosten.

Rund 3.500 Menschen kamen im vergangenen Jahr laut Statistischem Bundesamt im Straßenverkehr ums Leben, 390.000 wurden verletzt. „Wir wollen unseren Beitrag leisten“, sagt Bornemann, „dass diese Zahlen auch künftig im langfristigen Vergleich deutlich sinken.“

Die Technik, mit der sich der Familienvater beschäftigt, sprengt fast die menschliche Vorstellungskraft: Die elektromagnetischen Signale der Radarchips bewegen sich im Hochfrequenzbereich von 77 Gigahertz. Das sind 77 Milliarden Schwingungen pro Sekunde! „Die Technik erkennt Autos, Fußgänger und Fahrradfahrer im Abstand von bis zu 250 Metern“, erläutert Bornefeld. „Das reicht im Notfall, um rechtzeitig zu bremsen.“

Seine Entwicklungsarbeit erfordert einen langen Atem. Immerhin wurden von den entsprechenden Infineon-Chips seit 2009 insgesamt schon rund zehn Millionen verbaut, aber eben hauptsächlich in größeren Autos. „Ich habe immer daran geglaubt, dass wir es schaffen, die Radarchips auch für den Einsatz im Massenmarkt fit zu machen“, sagt Bornefeld. Nun sollen allein im Jahr 2016 zehn Millionen Chips auch in Mittel- und Kleinwagen gelangen. Damit hätte schon 1 von 20 Neuwagen in Deutschland das System.

Und der Mann träumt vom „Schutz-Kokon“ um jedes Auto: „In drei bis vier Jahren ist die nächste Chip-Generation da. Dann werden die Halbleiter noch kleiner und günstiger.“

Persönlich

Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?

Mit zehn Jahren bekam ich einen Elektrobaukasten geschenkt. Ab da hat mich das Thema nicht mehr losgelassen.

Was reizt Sie am meisten?

Die Halbleiterbranche ist extrem spannend. Kaum etwas funktioniert heute noch ohne Chips. Man sieht den Fortschritt täglich.

Worauf kommt es an?

Ich muss wissen, verstehen und bewerten, was möglich ist. Um Chips zu entwickeln, braucht es zudem gute Teams. Einer allein schafft das nicht.