Schmallenberg. Für diese Arbeit braucht Silvia Buhl einen scharfen Blick und ruhige Hände. In der Kettelei des Strumpfherstellers Falke im Sauerland zieht sie per Hand Masche für Masche eines Strumpfschlauchs auf feine Nägel: „Jede Masche muss genau sitzen, sonst entsteht ein Loch“, sagt sie.

Dann kreist die tellerartige Maschine herum und kettelt die Fußnaht zu. Handarbeit pur: 300 Mal pro Schicht verschließt die erfahrene Kettlerin so einen Strumpf.

Jedes Paar geht durch zwölf Paar Hände

Ziemlich viel Aufwand für einen Strumpf, der sowieso im Schuh verschwindet. „Aber notwendig“, sagt Firmen-Chef Franz-Peter Falke. „Denn der Strumpf vermittelt Qualität, Passform und Haltbarkeit. Und das macht die Marke aus.“

Buhls handgekettelte Fußnaht etwa ist so dünn, dass der Träger sie später nicht spüren wird – und trotzdem reibt sich die Naht am Schuhleder nicht auf.

Das Strickhandwerk der Sauerländer ist gefragt – auch weltweit: Über 40 Prozent der produzierten Strümpfe, die Falke in Schmallenberg und den eigenen Niederlassungen in der Slowakei, Serbien, Italien und Portugal produziert, werden exportiert.

Im sauerländischen Schmallenberg geht im Schnitt jeder Strumpf, rund 10.000 Stück werden täglich auf den Rundstrickmaschinen produziert, durch zwölf Paar Hände.

Dazu gehören auch jene von Miruja Kamapathilia. Er zieht in der Formerei gerade Sportsocken auf Metallbeine. Vom Färben sind die Füßlinge noch ganz schlapp und verknittert. So würde sie keiner kaufen, also müssen sie in Form gebracht werden.

„Die Reihenfolge muss dabei stimmen“, sagt der gebürtige Inder. Denn auf Zehenhöhe ist jeweils ein L und ein R ins Garn eingestrickt. Das Geheimnis der Buchstaben lüftet sich schnell: Die Socken sind unterschiedlich gestrickt. Ihre Struktur passt sich genau der Fußsohle an. „Deshalb gibt es einen rechten und einen linken Strumpf“, erklärt Kamapathilia. Bei sportlichem Einsatz werden so Ferse, Fußballen oder Zehen vom Druck entlastet.

Noppen massieren gestresste Sehnen

Die Schmallenberger haben auf die Links-Rechts-Socke ein Patent – und entwickeln die Idee stetig weiter. Das hat seinen Grund: „Nur Strümpfe zu stricken, reicht nicht mehr. Wir geben ihnen zusätzlich eine Funktion“, sagt Falke. Beispiel: Silikonnoppen. Von ihnen sollen Sportler mit Sehnenproblemen profitieren. In den Strumpf eingearbeitet, massieren sie sanft die Achillessehne und regen so die Durchblutung an – und das verbessert die Sauerstoffversorgung des angestrengten Läuferbeins.

Bei aller Funktion: Farbe darf dem Strumpf nicht fehlen. „Schließlich ist er ein wichtiges Mode-Accessoire“, sagt Falke, der natürlich jede Neuentwicklung schon mal selbst über den Fuß zieht. Bei einer aber musste er letztes Jahr passen: einer Sneaker-Socke, die die Sauerländer für das Berliner Schuhgeschäft Overkill kreiert haben.

Der Clou: Die Farbe ist auf den Schuh abgestimmt – das perfekte Accessoire. Dennoch hielt sich der Chef mit der Anprobe zurück. Warum? „Ganz einfach. Ich habe keine Sneaker-Schuhe.“