Als Marcel Müller vor mehr als 20 Jahren noch Azubi hier war, bearbeitete er Werkstücke mit der Feile. Heute holt er ganze Baugruppen fix und fertig aus dem 3-D-Drucker! Bei Arnold Umformtechnik in Forchtenberg revolutioniert der 41-Jährige gerade mit zwei Kollegen die Herstellung von Werkzeugen. Statt Teile mit der Fräsmaschine in Form zu bringen, werden viele jetzt gedruckt. Welche Vorteile hat das? Das verriet er aktiv.
Das Unternehmen ist Spezialist für Verbindungselemente und Präzisionsteile. In jedem europäischen Pkw stecken durchschnittlich 275 Verbindungsteile von Arnold.
„Bisher hat man 3-D-Druck mit Metall vor allem im Leichtbau genutzt, etwa in der Luft- und Raumfahrt“, erklärt Müller. „Harte Materialien wie Werkzeuge konnte man bisher nicht drucken. Und genau deshalb haben wir uns darauf spezialisiert!“ Das klingt nach einer echten Herausforderung. Genau das Richtige für Müller. Denn seine Einstellung ist: „Man muss nur Interesse haben und motiviert sein, dann schafft man vieles.“
Den Anstoß gab der Unternehmer Reinhold Würth, zu dessen Unternehmensgruppe Arnold Umformtechnik gehört. Er warf die Frage auf: Warum investieren wir hohe Summen in konventionelle Anlagen, wenn die Teile der Zukunft aus dem Drucker kommen? Also wurde eine Projektgruppe in Sachen additive Fertigung gegründet – und Müller war dabei.
Vom Industriemechaniker zum Experten für additive Fertigung
„Wir haben zuerst etwa ein Jahr lang Grundlagenforschung betrieben“, erzählt er. Dann schlossen sich Arnold Umformtechnik und die etwa 45 Kilometer entfernte Schwesterfirma Werkzeugtechnik Niederstetten zum „Competence Center 3-D-Manufacturing“ zusammen. Hier werden kundenspezifische Bauteile in additiver Fertigung hergestellt.
Aus dem gelernten Industriemechaniker Müller war zuvor bereits ein Fachexperte für additive Fertigung geworden. Dazu hatte er eine umfangreiche Weiterbildung beim VDI (Verein Deutscher Ingenieure) gemacht. Und im Unternehmen ist er mit Förderprogrammen zum Teamleiter geworden.
Bei Arnold bildet Müller nun ein Team mit seinen Kollegen Lars Isermann und Rainer Hall. „Wir sind wie ein Start-up im Unternehmen“, beschreibt er, „und kümmern uns in Sachen 3-D-Druck um alles, was sonst verschiedene Abteilungen machen: vom Marketing bis zur Fertigung.“
Mit ihrem Know-how beraten die drei Experten auch andere Unternehmen, denn viele wissen noch gar nicht, welches Potenzial in der additiven Fertigung steckt. Ein Unternehmen könne, grob geschätzt, jährlich Kosten im sechsstelligen Bereich sparen, wenn es Werkzeuge druckt, statt sie konventionell herzustellen, verdeutlicht Müller. Teilweise lässt sich an nur einem Tag realisieren, was sonst Wochen dauert. Erst recht, wenn die zu fertigenden Teile hoch komplex sind.
Beim 3-D-Druck werden die Teile aus Pulver zusammengeschweißt, per Laser. Deshalb kommen Teile und ganze Baugruppen zwar fertig aus dem Drucker, aber ihre Oberfläche ist noch rau und hat Pulveranhaftungen. „Die Nachbearbeitung ist wichtig“, sagt Müller, „dafür ist unser Partner Werkzeugtechnik Niederstetten Spezialist.“ Müllers Hauptarbeit ist die Konstruktion mit der CAD-Software.
Es gibt in diesem Bereich immer wieder Neues zu entwickeln
Und so schnell wird es ihm mit dem 3-D-Druck nicht langweilig, denn es gibt immer wieder Neues zu entwickeln. Zum Beispiel, wie es Müller nennt: „Neue Materialien für den 3-D-Druck qualifizieren.“ Denn es gibt ja viele Stähle, die sich noch nicht drucken lassen. „Dann überlegen wir, wie es funktionieren kann. Das haben wir in der Vergangenheit auch hinbekommen.“
Barbara Auer berichtet aus der aktiv-Redaktion Stuttgart vor allem über die Metall- und Elektro-Industrie Baden-Württembergs – auch gerne mal mit der Videokamera. Nach dem Studium der Sozialwissenschaft mit Schwerpunkt Volkswirtschaftslehre volontierte sie beim „Münchner Merkur“. Wenn Barbara nicht für aktiv im Einsatz ist, streift sie am liebsten durch Wiesen und Wälder – und fotografiert und filmt dabei, von der Blume bis zur Landschaft.
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