Schkopau. Die Entdeckung haute Olaf Fuchs fast um. Für eine Routinekontrolle war der 53-jährige Ingenieur in den Kessel einer Chemieanlage geklettert – und dann grinste ihn im Schein seiner Taschenlampe, innen auf der Kesselwand, ein großer Rostfleck an.
Der blaue Schutzüberzug aus Emaille war abgeplatzt. „Das geht gar nicht“, sagt der Prüfingenieur vom Tüv Süd Chemie Service. „Das ist ein Risiko, auch wenn der Kessel nicht unter hohem Druck betrieben wird.“ Man hat ihn daher schnellstmöglich ausgetauscht. Dank der vorgeschriebenen Routineprüfung wurde das Problem rechtzeitig entdeckt.
Überwachen, überprüfen, inspizieren – wie beim Auto sind auch für alle Chemieanlagen regelmäßige Inspektionen gesetzlich vorgeschrieben. Sie sind der Job von externen Spezialisten. Etwa den bundesweit 220 Mitarbeitern des Tüv Süd Chemie Service, der die Zentrale im rheinischen Leverkusen hat.
Fuchs leitet das zehnköpfige Team der Prüforganisation in Schkopau (bei Leipzig). „Im Fokus unserer Arbeit stehen Betriebssicherheit sowie Explosions- und Grundwasserschutz“, berichtet er. Druckbehälter wie der erwähnte Kessel müssen alle fünf Jahre penibel von außen und innen gecheckt werden. „Wenn wir die Sicherheitslage begründet anders einschätzen, verkürzt sich das Intervall“, schildert Fuchs.
Geprüft werden auch Abfüllstationen für Tanklaster. Etwa die beschichteten Mulden – die verhindern sollen, dass eventuell ausgelaufene Chemikalien in den Boden sickern. Auf der Checkliste stehen zudem explosionsgefährdete Anlagen und Tanks sowie das Sicherheitskonzept von Betrieben.
Jede Inspektion wird penibel dokumentiert: Schadhafte Anlagen oder fehleranfällige Abläufe werden in Prüfberichten dokumentiert, damit der Betreiber die nötigen Maßnahmen ergreifen kann.
Im September vergangenen Jahres wirkten Fuchs und seine Kollegen bei der 92 Millionen Euro teuren dreiwöchigen Generalinspektion im unweit von Schkopau gelegenen Böhlen mit – am Standort des US-Konzerns Dow. Die Eigenüberwachung dieses Unternehmens, das in drei ostdeutschen Werken produziert, wurde 2009 vom Tüv Süd Chemie Service übernommen.
Auch die Tüv-Experten werden geprüft
Diese Tüv-Leute kennen die Betriebe dort und deren Historie also gut. Ihre Arbeit: den Zustand bestehender und neu hinzukommender Anlagen und Teile zu überpüfen. „Wir untersuchen, ob sie für die vorgegebene Aufgabe taugen und korrekt installiert sind. Und wir prüfen die Sicherheitseinrichtungen.“ 30 Monate dauerte allein die Vorbereitung auf diese Aufgabe.
Klar, dass diese Aufgabe riesiges Wissen und viel Erfahrung voraussetzt sowie „ein hohes Maß an Verantwortung bedeutet“, wie Fuchs es formuliert. Die „geringe Zahl an Beanstandungen“ zeige, wie sicher die Chemie produziere.
Weil Sicherheit so wichtig ist, werden auch die Sachverständigen überprüft: etwa ob und wie sie sich weiterbilden und wie sie ihre Arbeit managen. Dafür – und auch für die Erteilung der Überwachungsbefugnis – ist die Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik in München zuständig.
Schon Gewusst?

Wie man Kessel prüft
Ohne Kessel funktioniert Chemie nicht. Deshalb misst der Sachverständige die Wanddicke; das macht er mit Röntgenstrahlen oder mit Schall. Oft müssen die Wände hohe Drücke sowie hohe Temperaturen aushalten.
Kessel müssen mindestens alle fünf Jahre genau inspiziert werden, auch innen. Zum Schutz der Sachverständigen wird der Behälter gereinigt, und Frischluft wird hineingepumpt. Dann misst man, ob er frei von Schadstoffen ist. Ein Sicherheitsposten wird gestellt; mit einer speziellen Erlaubnis kann der Prüfer nun hineinklettern.
Zudem werden alle für den Betrieb des Kessels nötigen Teile wie Ventile oder Flansche genau geprüft.