Frankfurt. Neue Technologien wie etwa Datenbrillen zeigen: Wer heutzutage digitale Informationen beherrscht, der ist fit für die Zukunft. Denn Daten betreffen jeden Bereich des Lebens und krempeln die Wirtschaft um.
Das bedeutet einerseits, sich auf Neues einzulassen und die Fakten sinnvoll auszuwerten. Andererseits bringt das für jeden auch mehr Freiheit in der Arbeitswelt. Digitale Medien ermöglichen etwa mobiles Arbeiten zu flexiblen Zeiten. Organisationsformen können sich dank Kommunikation über soziale Medien verändern, die Rolle des Chefs wandelt sich, lebenslanges Lernen ist möglich.
Was das für die Personalarbeit heißt, diskutierten jetzt Experten und Betriebe beim Kongress des Arbeitgeberverbands Hessenmetall.
Personalmanager nutzen gesicherte Fakten als Basis von Entscheidungen
Der Technologiekonzern Continental setzt Datenanalysetools bereits strategisch und operativ in seiner Personalarbeit ein. „Wie bekommen und halten wir den richtigen Mitarbeiter zur rechten Zeit am rechten Ort?“, lautete die Grundfrage der Personalabteilung. Rainer Hetzer, Senior Vice President Human Relations (HR) bei Continental Division Chassis & Safety, schilderte, wie man vorging. „Daten sind ein Schatz für HR“, sagte er. „Sie bieten nie da gewesene Möglichkeiten.“
Continental nutzt diese systematisch. Sie helfen etwa, die Personalsuche zu optimieren, Standortentscheidungen zu treffen, die Fluktuation zu verringern – oder die Talentplanung zu automatisieren. Dabei haben die Personaler im Blick: Wen brauchen wir wo mit welchen Kompetenzen? Wessen Biografie passt? Sind die Talente auf dem Markt vorhanden oder wo haben wir Weiterbildungsbedarfe?
Die Personaler speisten dafür relevante Daten ein und verknüpften sie mithilfe moderner Analysetools. „Wichtig ist die Qualität und Relevanz der Informationen. Nur wo valide Fakten als Basis dienen, gibt es brauchbare Ergebnisse.“
Mit diesem Steuerungselement startete Continental 2014 in einer Pilotphase in Frankfurt mit der strategischen Personalplanung, mit Erfolg, so Hetzer: „HR-Entscheidungen können dadurch faktenbasierter getroffen und letztlich qualitativ verbessert werden.“
Führung durch Big Data neu definieren
Im digitalen Zeitalter lässt sich bei den Führungskräften schnell die Spreu vom Weizen trennen, erklärte Andreas Sourisseaux vom Beratungsunternehmen Sourisseaux Partners. Unterm Strich bedeutet das: Der Führungsstil könnte sich zukünftig verbessern, zum Wohle des Betriebs und des jeweiligen Teams.
Heutige Führungskräfte können mit Blick auf den digitalen Wandel noch nicht genug Zielbilder entwickeln, radikal durchsetzen und die Mitarbeiter emotional mitnehmen. Bei den anstehenden Veränderungen durch Digitalisierung seien das aber notwendige Charaktermerkmale, die sich nicht durch analytische Problemlösungskompetenz kompensieren lassen – eine gute deutsche Tugend. „Das digitale Zeitalter wird diese bereits heute erkennbaren Schwächen konsequent offenlegen“, zeigte sich Sourisseaux überzeugt.
Mehr Verantwortung für das einzelne Team
Das Kerngeschäft am Laufen halten, gleichzeitig innovative Entwicklungen vorantreiben und neue Geschäftsmodelle ausloten – dieser Herausforderung stellen sich derzeit viele Unternehmen. Doch: „Dafür braucht man eine flexible Organisation“, sagte Professor Walter Jochmann, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Kienbaum Consultants International.
Agile Organisations- und Führungsstrukturen seien Teil der Lösung. Das kann aufgaben- und kundenorientiertes Arbeiten in zeitlich beschränkten Projektteams sein, das kann rotierende Führungsverantwortung je nach Anforderung sein: „Viele bekannte Funktionen werden überflüssig“, so Jochmann. Aber: „Das einzelne Team gewinnt mehr Verantwortung.“
Damit die Betriebe den Wandel schaffen und alle Mitarbeiter mitgenommen werden, seien die Sozialpartner gefragt. „Es müssen gemeinsame Lösungen gesucht werden, um die Herausforderung zu meistern“, sagte Jochmann. Das heiße etwa, in Zukunft neue Rollenbilder zu definieren – auch für das Management.
Digitale Akte statt Papier
Noch füllen in vielen Betrieben die Personalakten kilometerlange Regalwände. Damit muss langfristig Schluss sein. Doch wer sich entscheidet, zu digitalisieren, muss einiges beachten, riet Michael Kaiser aus der Geschäftsführung von Rhenus Document Services. „Oft stellt sich die Frage nach Schnelligkeit“, sagte er – schließlich werden die Akten laufend benötigt. Zudem gelte es, mögliche Dienstleister genau unter die Lupe zu nehmen: „Wichtige Entscheidungskriterien sind Datenschutz, Datensicherheit und fachliche Eignung des Anbieters.“
Es kommt auf das „I“ bei Informationstechnologie an
Christian Baier, Partner der Managementberatung 4C Group AG, erklärte: „Personalbereiche zu digitalisieren, bedeutet nicht nur die Einführung neuer Technologien, sondern vielmehr Organisation, Kultur, Kommunikation und den Umgang mit Daten zu verändern.“ Früher habe man bei Informationstechnologie nur das „T“, die Technologie, die Hardware betrachtet, in Zukunft komme es mehr auf das „I“, die Informationen an, die weniger sichtbar, aber oft viel wesentlicher sind. „Digitalisierung und Big Data bieten Personalern die Chance, einen Mehrwert in der Organisation zu hinterlassen und sich als Partner auf Augenhöhe zu etablieren.“