Lindenberg. Wenn etwas wirklich attraktiv ist, nimmt man dafür weite Wege auf sich. So sieht es jedenfalls Vincent Lutz (25). Er ist für seine Ausbildung vor drei Jahren von Hamburg ins idyllische Allgäu umgezogen.

Das Nordlicht startete sein Berufsleben bei Liebherr-Aerospace in Lindenberg, einem Luftfahrtzulieferer, dessen Produkte wie Fahrwerke, Betätigungssysteme, Elektronik und Software bei nahezu allen namhaften Herstellern mit an Bord sind. Das Ziel des jungen Mannes: Werkstoffprüfer. „Ausbildung und Betrieb – beides hat für mich einfach gepasst“, sagt Lutz.

Große Auswahl an interessanten Berufen

Mehr als 15.000 junge Menschen haben das zuletzt ähnlich gesehen und 2018 einen Ausbildungsvertrag in der bayerischen Metall- und Elektroindustrie (M+E) unterschrieben. Attraktiv sind die mehr als 60 Berufe für Absolventen aller Schulformen. Und sie bieten viele interessante Aufgaben. Pluspunkte sind auch die hohe Übernahmequote jenseits der 90 Prozent, große Jobsicherheit – und nicht zuletzt hervorragende Verdienstaussichten.

Die Bandbreite an Möglichkeiten und Anforderungsniveaus ist enorm. Sie reicht von zweijährigen Ausbildungen wie zum Maschinen- und Anlagenführer bis hin zum Beruf des Werkstoffprüfers, den man in der Regel in dreieinhalb Jahren erlernt. Diese Ausbildung gilt – wie einige andere – als anspruchsvoll.

Für Lutz war diese Herausforderung genau die richtige. 2015 hatte der Abiturient sein Studium nach zweieinhalb Jahren an der Uni abgebrochen. „Zu viel Theorie“, sagt er im Rückblick. Stattdessen absolvierte er dann lieber eine Ausbildung mit Praxisbezug. Das Abschlusszeugnis hat Lutz seit wenigen Wochen in der Tasche. Gesamtnote: 1,3. Wegen guter Leistungen im Betrieb wurde seine Ausbildungszeit zudem um sechs Monate verkürzt.

Aufgabe der jungen Fachkraft ist die Qualitätskontrolle. Dort überprüft Lutz etwa Beschichtungen auf Fehlerfreiheit. „Ich lerne jeden Tag etwas dazu, und die Arbeit ist unglaublich spannend – vor allem, weil der Anspruch in der Luftfahrtindustrie noch einmal deutlich höher ist als in anderen Branchen.“

Bei Liebherr in Lindenberg setzt man aufgrund der hohen Standards auf besonders motivierte und leistungsstarke Nachwuchskräfte. „Das heißt deswegen aber nicht, dass Bewerber Abitur haben müssen“, betont Personalleiter Ulrich Thalhofer. „Realschüler sind unser Rückgrat und machen etwa die Hälfte der rund 120 Auszubildenden aus.“ Auch der Anteil der Mittelschüler liegt im Unternehmen bei immerhin rund einem Viertel – und ist damit in etwa so hoch wie der Anteil der Abiturienten.

Ein gutes Beispiel, warum Liebherr wie viele andere M+E-Betriebe nicht überwiegend auf Azubis mit Abitur setzen will, liefert Niklas Werner (22). Der Abiturient hat kürzlich seine Ausbildung zum Industriemechaniker abgeschlossen – wird dem Unternehmen aber vermutlich bald zeitweise fehlen. Die Nachwuchskraft plant fürs kommende Jahr den Sprung an die Uni zum Maschinenbau-Studium. „Direkt nach der Schule war mir das Studium eine zu unsichere Sache“, sagt Werner. Aber mit der Ausbildung im Rücken fühlt er sich nun bereit dafür. In den Semesterferien will der Industriemechaniker dann immer wieder zurück in den Betrieb.

Gute Bedingungen am Arbeitsplatz

Speziell für seine ehemaligen Azubis bietet Liebherr das Studium mit vertiefter Praxis an. Denn beide Seiten haben etwas davon, wenn der Kontakt zwischen Betrieb und Facharbeiter während der Studienzeit nicht abreißt. Werner könnte sich nämlich sehr gut vorstellen, langfristig für Liebherr tätig zu sein.

„Denn ich bin schon stolz, hier zu arbeiten“, sagt der junge Mann, der während seiner Ausbildung vier Wochen an einem Standort von Liebherr-Aerospace in den USA verbracht hat. Der Austausch mit den amerikanischen Kollegen dort habe seinen Horizont erweitert, ihm gleichzeitig aber auch bewusst gemacht, was er an seinem Lindenberger Standort so zu schätzen weiß – „von der Ausstattung des Arbeitsplatzes bis hin zum Urlaubsanspruch“.

Michael Stark
aktiv-Redakteur

Michael Stark schreibt aus der Münchner aktiv-Redaktion vor allem über Betriebe und Themen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Darüber hinaus beschäftigt sich der Volkswirt immer wieder mit wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen. Das journalistische Handwerk lernte der gebürtige Hesse als Volontär bei der Mediengruppe Münchner Merkur/tz. An Wochenenden trifft man den Wahl-Landshuter regelmäßig im Eisstadion.

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