Trotz des jahrelangen Aufschwungs, trotz des Fachkräftemangels mit 1,2 Millionen unbesetzten Stellen: Es gibt noch immer 6 Millionen Hartz-IV-Empfänger. Fast so viele wie 2005, auf dem Höhepunkt der Jobmisere. Wie gut, dass dies in der Startphase der neuen Regierung breit diskutiert wird!

Auslöser war, dass die Essener Tafel bei der Lebensmittelausgabe vorerst keine weiteren Flüchtlinge annimmt. Dann sagte der als Gesundheitsminister ausgeguckte Jens Spahn in einem Interview: „Niemand müsste in Deutschland hungern, wenn es die Tafeln nicht gäbe.“ Und: „Hartz IV bedeutet nicht Armut, sondern ist die Antwort unserer Solidargemeinschaft auf Armut.“

Keine Frage: Wer in seiner persönlichen Lebensgeschichte auf Hartz IV abgerutscht ist, für den sind solche Sätze harter Tobak. Die Grundsicherung deckt das Existenzminimum ab, sie ist knapp bemessen. Angesichts der Debatte fordern Wohlfahrtsverbände jetzt eine Anhebung; Umfragen zeigen recht viel Zustimmung.

Doch letztendlich gilt es ja, möglichst vielen Hartz-IV-Empfängern den Weg aus der Armutsfalle zu ebnen. Da helfen Zuverdienst-Regeln, die die Arbeitsaufnahme belohnen. Passgenaue Angebote zu Bildung, Kinderbetreuung, intensives Kümmern nach dem Prinzip „Fördern und Fordern“. Und natürlich Aussicht auf mehr Geld: also mehr, nicht weniger „Lohnabstand“ zwischen Arbeitenden und nicht Arbeitenden.

Das geht nicht über Kürzungen bei Hartz IV. Auch nicht über einen noch höheren Mindestlohn, denn das kostet Jobs für Ungelernte. Sondern die Abgabenbelastung auf niedrige Löhne muss runter. Sie ist in Deutschland viel höher als in anderen Wohlfahrtsstaaten.