Seife ist bei Sebapharma ein Unwort. „Als ich hier meine erste Präsentation hielt, sagte ich: ‚Wenn das Produkt in der Seifenschale liegt...‘. Dann guckte ich den Chef an: ‚Darf ich Seifenschale sagen?‘“, erinnert sich Thomas Meyer. Er leitet heute die Abteilung Forschung und Entwicklung des Spezialisten für medizinische Hautpflege aus Bad Salzig am Mittelrhein.

Aber warum ist das S-Wort hier so verpönt? Weil sich bei Sebapharma alles um den pH-Wert 5,5 dreht. Es ist der natürliche, leicht saure pH-Wert der Haut beziehungsweise ihres Schutzmantels aus Schweiß, Hornzellen und Talg. Seifen sind jedoch basisch, haben also einen pH-Wert zwischen acht und zwölf, und schädigen diese Schutzschicht. „Die Hornhaut quillt auf, Mikroorganismen oder Umweltschadstoffe können leichter eindringen“, erklärt Meyer. Rund 30 Kosmetikchemiker, Mikrobiologen, Verfahrenstechniker und Chemielaboranten sind unter seiner Leitung mit Forschung und Entwicklung sowie Qualitätssicherung und Sicherheitsbewertung beschäftigt.

Sebapharma (rund 200 Mitarbeiter) bringt laufend Neuheiten auf den Markt: Duschschäume, Shampoos, Waschlotionen, Cremes und Deos für jeden Hauttyp und jede Altersgruppe, insgesamt verkauft das Unternehmen pro Jahr 85 Millionen Packungen der Marke Sebamed in 80 Ländern. Meyer weiß, was zarte Babyhaut, pickelige Jugendliche und faltige, reife Körperhüllen jeweils benötigen. Und auch, was das Beste für empfindliche, juckende und schuppende Haut ist. „Wir haben eigene Rezepturen für jeden Zustand“, erzählt er, „wobei nahezu alle unsere Produkte den pH-Wert 5,5 haben.“

Chemie war in der Schule nicht sein Ding

Hautspezialist ist Meyer erst geworden. Der 51-Jährige hat an seinem Geburtsort Konstanz Chemielaborant gelernt, später in Mannheim Ingenieurwissenschaften mit Schwerpunkt Chemietechnik studiert. Dabei war Chemie in der Schule überhaupt nicht sein Ding. Aber die ältere Schwester machte eine Ausbildung zur Chemielaborantin, und den Tag der offenen Tür in ihrem Pharmaunternehmen fand der junge Thomas klasse. Nach dem Studium kam er nach Bad Salzig, weil auch medizinische Hautpflege mit Pharma zu tun hat. Sein Meisterstück war die Entwicklung einer Sonnenschutzrezeptur. Das Mittel wird zwar nicht mehr verkauft, aber das trifft auf vieles im Portfolio zu: „Wir überarbeiten unsere Rezepturen, wenn es neue Erkenntnisse aus der Dermatologie oder eine neue Gesetzgebung gibt“, sagt der Forschungsleiter.

Messen, Kongresse und Fachliteratur helfen ihm, immer up to date zu sein. „Werden etwa Rohstoffe kritisch bewertet, überlegen wir, wie wir sie durch noch bessere Substanzen austauschen können.“ Sebapharma war zum Beispiel der erste Hersteller, der auf Aluminiumsalze im Deo verzichtete. Auf rund 15 000 Rohstoffe kann die Forschung und Entwicklung zugreifen. Ideen kommen vom wissenschaftlichen Beirat, vom Außendienst, den Lieferanten und den Kollegen. „Wir sind sieben Personen im Forschungslabor. Alle Allrounder, die sich auf Kosmetika und Reinigungsmittel verstehen.“

„Wir sind unsere eigenen Versuchskaninchen“

Meyer und seine Mitarbeiter testen ihre Entwicklungen zuerst selbst: „Tierversuche haben wir noch nie gemacht. Wir sind unsere eigenen Versuchskaninchen.“ Auch Freunde und Familie werden eingespannt, „damit wir nicht nur durch die Fachbrille draufgucken“. Und natürlich werden die Produkte auch von unabhängigen Forschungsinstituten und Verbrauchern bewertet.

Kosmetika verkaufen sich oft über Gefühl und Geruch. Deshalb setzt auch Sebapharma Duftöle ein, aber sparsam und ohne bekannte Allergene. Mit Konservierungsstoffen geht der Produzent ebenfalls sorgfältig um: „Wir prüfen bei jeder Rezeptur, wie viel für die sichere Produktion und den sicheren Gebrauch nötig ist. Aber immer nur so wenig, dass man keinen Schaden anrichtet“, sagt Meyer und fügt hinzu: „Den letzen Allergiefall hatten wir 1994." Besonders stolz ist er auf die morkrobiologische Abteilung, die die feine Grenze zwischen zu viel und zu wenig Konservierung findet: „Das haben nicht viele Mittelständler."

Die besten Produktideen kommen Meyer im Auto. Auf der Fahrt zwischen dem Werk und seinem Wohnort Koblenz lässt er den Tag Revue passieren und überlegt, was man noch für die Hautpflege adaptieren könnte. Etwa die Probiotik, lebende Bakterien, die man aus dem Joghurt kennt. „Ein Lysat aus Mirkoorganismen stärkt die Schutzbarriere der Haut zusätzlich und beugt so Krankheiten und vorzeitiger Alterung vor. Wir haben dieses neue Segment vier Jahre lang diskutiert und drei Jahre entwickelt", sagt Meyer. Seit Anfang 2018 ist die Pflegeserie Sebamed Pro in Apotheken käuflich. Mit ph- Wert 5,5, versteht sich.

 

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