Die Jury aus Sprachwissenschaftlern, die das „Unwort des Jahres“ proklamiert, hat getagt. Und erneut einen Begriff, der in wirtschaftspolitischen Diskussionen durchaus wichtig sein kann, gezielt aus dem Zusammenhang gerissen.
Legendär ist die Stänkerei gegen „Humankapital“ – angeblich menschenfeindlich, aber doch gerade Ausdruck der Erkenntnis, wie sehr es in den Betrieben auf den Einzelnen ankommt und auf seine Bereitschaft zum lebenslangen Lernen. Oder „Entlassungsproduktivität“, in Wahrheit nur ein sachlicher Warnhinweis: Wenn rein rechnerich die Pro-Kopf-Leistung steigt, kann das auch daran liegen, dass Schwächere wegen zu hoher Kosten den Job verloren haben. Ein solcher Zuwachs wäre kein gescheites Argument für noch höhere Löhne.
Und jetzt also „Gutmensch“. Die seit Jahrzehnten geläufige, ironische Bezeichnung für gewisse nervige Leute. In der grundlegenden ökonomischen Debatte, nämlich wie man mehr Wohlstand für alle schafft, verwechseln sie den Weg mit dem Ziel: Sie sind für das „Gute“ – und wer nicht ihren Forderungen und Empfehlungen folgt, ist eben automatisch mies.
Weil Wirrköpfe in der Flüchtlingskrise ehrenamtliche Helfer als Gutmenschen beschimpften, stellt die Jury das Wort nun in die rechte Ecke: Es würden „Toleranz und Hilfsbereitschaft als naiv diffamiert“, der „demokratische Austausch von Sachargumenten verhindert“.
Nun ja. Es bleibt dabei, dass gut gemeint oft das Gegenteil von gut ist. Wirtschaftspolitik kann auf falschen Ursache-Wirkungs-Vermutungen gründen, falsche Anreize setzen oder falsche Prioritäten. Darauf müssen Ökonomen hinweisen dürfen. Auch mit unpopulären Worten.