Stuttgart. Baden-Württembergs Industrie steckt in einer Konjunkturkrise, die Unternehmen kämpfen mit Auftragsrückgängen. Doch gleichzeitig beklagen die Betriebe den Fachkräftemangelä hoffen auf mehr qualifizierte Zuwanderer. Wie passt das denn zusammen?

aktiv beleuchtet, was es mit dem FachkräfteäProblem auf sich hat – und was das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz bringt, das seit Anfang des Monats in Kraft ist.

Beachtlich: Der Fachkräftemangel ist für Unternehmen derzeit das größte Geschäftsrisiko! Mehr als jeder zweite Betrieb hat laut einer aktuellen Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags Probleme, offene Stellen zu besetzen. Daraus folgen zum Beispiel eine höhere Belastung der Belegschaft und höhere Kosten. Speziell in der Industrie erwarten 28 Prozent der Unternehmen, deshalb Aufträge ablehnen oder ihr Angebot einschränken zu müssen.

Ursache des Problems ist das starke Altern der deutschen Bevölkerung

Arbeitskräfte mit ausländischer Herkunft stellen in Baden-Württemberg bereits rund 14 Prozent aller Beschäftigten im für die Industrie entscheidenden MINT-Bereich (Mathe, Informatik, Naturwissenschaften, Technik). Dieser Anteil ist mit Abstand der höchste in den deutschen Flächenstaaten.

Und trotz Krise werden noch viel mehr gute Leute gesucht: Den 65.400 offenen MINT-Stellen im Bundesland standen im Herbst nur 24.800 Arbeitslose mit entsprechenden Qualifikationen gegenüber. Ohne die Mitarbeiter aus dem Ausland wäre die Lücke noch größer.

Ursache für den Mangel ist vor allem unsere demografische Entwicklung. Der „Altenquotient“ gibt an, wie viele Leute ab 65 Jahren auf je 100 Personen im Erwerbsalter kommen. 1990 waren es in Baden-Württemberg erst 22 Senioren auf 100 Erwerbsfähige. Heute sind es schon 33. Und bis zum Jahr 2030 könnte der Altenquotient auf 43 steigen, so das Statistische Landesamt. Folge: Bis 2030 fehlen den Betrieben im Südwesten laut Wirtschaftsministerium mehr als eine halbe Million Fachkräfte! „Weder die Konjunktur noch der Strukturwandel dürften daran etwas ändern“, verdeutlicht Ministerin Nicole Hoffmeister-Kraut.

Digitalisierung und Strukturwandel verschärfen das Fachkräfteproblem

Schon deshalb gibt es in Baden-Württemberg auch die Fachkräfte-Allianz: Mehr als 40 Partner etwa aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik haben sich zusammengetan, um die Folgen des demografischen Wandels abzufedern. Und sie sind sich einig: Durch die Digitalisierung und den Strukturwandel wird das Thema „Fachkräftesicherung“ noch viel wichtiger. In einer Trendstudie nennt das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation in Stuttgart ein Beispiel dafür: Die Automobil- und Zulieferbranche stehe vor der Herausforderung, traditionelle Kompetenzen wie Konstruktion und Motorenentwicklung in Richtung alternative Antriebe, autonome Systeme und neue Mobilitätskonzepte weiterzuentwickeln. „Dadurch steigt unter anderem der Bedarf an ausgebildeten Fachkräften im Bereich Mechatronik, Elektrotechnik, Sensorik und Softwareentwicklung.“

Das neue Gesetz hilft, aber es bleiben Hürden

Neben neuen Strategien in der Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik braucht Deutschland, da sind sich Experten und Politiker sehr weitgehend einig, mehr qualifizierte Zuwanderer. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz ist seit 1. März in Kraft – und viele Unternehmen erhoffen sich davon, nun leichter an Fachkräfte aus Drittländern außerhalb der EU zu kommen.

Mehr zum Thema auf aktiv-online.de: so funktioniert das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz.