Zu Jahresbeginn hat die Regierung wieder am Spritpreis gedreht. Bei Benzin und Diesel kamen je 3 Cent obendrauf. Denn die CO2-Abgabe auf Kraftstoffe ist, wie schon länger geplant, erneut gestiegen. Je Liter sind nun 15,7 Cent bei Benzin und 17,3 Cent bei Diesel fällig. Auch bei Heizöl, Erd- und Flüssiggas ist jetzt ein höherer CO2-Preis zu zahlen. aktiv erklärt, was der CO2- Preis bringen soll – und wie er funktioniert.

Warum gibt es überhaupt einen CO2-Preis für Kraft- und Brennstoffe?

Die Abgabe soll für mehr Klimaschutz sorgen. Bis 2045 will Deutschland klimaneutral sein. Der Ausstoß von Treibhausgasen muss also bis dahin in der Gesamtbilanz auf null zurückgehen, wie Professorin Sonja Peterson erklärt, Klimaökonomin am Kiel Institut für Weltwirtschaft. Ihre Zwischenbilanz: „Bei Kraftwerken und in der Industrie kommt die Verringerung gut voran, Straßen- und Bahnverkehr sowie Gebäude hinken deutlich hinterher.“ Deshalb hat die Bundesregierung 2021 die CO2-Abgabe eingeführt. Sie soll einen Anreiz geben, weniger zu verbrauchen.

Wie funktioniert das mit der Abgabe?

Jeder Verbraucher zahlt sie in jeweils kleinen Beträgen beim Tanken oder Heizen. Der Preis für eine Tonne Klimagas liegt bei 55 Euro: So viel kostet dieses Jahr ein Zertifikat zum Ausstoß von CO2 im Brennstoffemissionshandel an der Energiebörse in Leipzig. „Für jede Tonne Treibhausgas, die ihre Produkte verursachen, müssen Unternehmen, die mit Erdgas, Heizöl, Benzin oder Diesel handeln, so ein Ausstoßrecht kaufen“, sagt Peterson. „Die Kosten rechnen sie dann auf den Liter Sprit oder die Kilowattstunde Erdgas um.“

Eine Besonderheit gilt bei Mietwohnungen: Die CO2-Kosten werden zwischen Mieter und Vermieter aufgeteilt, je nach Qualität der Dämmung – mehr dazu lesen Sie in der nächsten aktiv-Ausgabe.

Wer bekommt das Geld? Und um welche Summen geht es?

Die CO2-Abgabe fließt in den Klima- und Transformationsfonds der Bundesregierung. Im vergangenen Jahr kamen im Emissionshandel mit Kraft- und Brennstoffen rund 13 Milliarden Euro zusammen. Peterson: „Die Summe hilft, unseren Strompreis zu senken, weil wir die EEG-Umlage zur Ökostrom-Förderung nicht mehr zahlen.“ Die wird nun aus der CO2-Abgabe finanziert.

Wie oft steigt der CO2-Preis?

Bisher legt die Bundesregierung den CO2-Preis fest und hat ihn zuletzt jeweils zum Jahreswechsel erhöht. Im Jahr 2026 kann der Preis dann schwanken, und zwar in einem Korridor von 55 bis 65 Euro: Innerhalb dieser Preisgrenzen werden die Ausstoßrechte für CO2 an der Energiebörse in Leipzig per Auktion versteigert. Und von 2027 an soll sich der Preis noch mal anders bilden, in einem EU-weiten Emissionshandel – Experten erwarten dann einen massiven Anstieg der CO2-Abgabe.

Wofür ist die CO2-Abgabe gut? Was soll sie bringen?

„Der CO2-Preis soll Verbraucher bewegen, ihr Verhalten zu ändern“, erklärt Ökonomin Peterson. „Autofahrer zum Beispiel sollten sich doch auf Dauer fragen, ob es für sie günstiger ist, weiter viel Sprit zu verbrauchen – oder ob es für sie besser ist, spritsparend zu fahren, auf Bus und Bahn umzusteigen oder etwa ein Elektroauto zu kaufen.“ Jeder Verbraucher mache für sich persönlich diese Abwägung und entscheide dann. Dadurch wird der Ausstoß von Klimagas sozusagen da abgesenkt, wo das am preiswertesten möglich ist: Der Marktmechanismus hilft beim Klimaschutz

Das klingt gut. Aber funktioniert das in der Praxis denn auch?

„Untersuchungen zeigen, dass sich der Treibhausgas-Ausstoß verringert, wenn der CO2-Preis steigt“, berichtet Klimaökonomin Peterson. Das habe zum Beispiel eine Analyse des MCC-Instituts gezeigt, das zum Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung gehört. Die Wissenschaftler haben für ihre Studie 21 Preissysteme für Klimagas-Emissionen rund um den Globus untersucht. Bei 17 von ihnen kam es trotz meist (noch) niedriger CO2-Preise immerhin zur Verringerung der klimaschädlichen Emissionen um 5 bis 21 Prozent.

Andererseits wissen Ökonomen, dass Autofahrer nur schwach auf Preisanstiege reagieren, weil sie oft auf ihren Pkw angewiesen sind, etwa für die Fahrt zur Arbeit. Das Öko-Institut in Freiburg hat denn auch schon vor einiger Zeit kalkuliert, dass sich der Dieselpreis verdoppeln und der Benzinpreis um 70 Prozent erhöhen müsste, um die amtlichen Klimaziele erreichen zu können.

Es gibt also auch in anderen Staaten solche CO2-Preise?

„Ja“, sagt Peterson: „Etwa in den skandinavischen Staaten. Finnland und Schweden haben sogar schon in den 1990er Jahren einen CO2-Preis eingeführt.“ In circa 20 europäischen Staaten ist ein CO2-Preissystem für Verkehr und Gebäude installiert, die Abgaben reichen von unter 20 bis über 100 Euro. Einen Spitzenwert erreichte im vergangenen Jahr Schweden mit 125 Euro pro Tonne Treibhausgas. Zudem gibt es schon seit 2005 einen europäischen CO2-Preis für Kraftwerke, Industrie und mittlerweile auch Flugverkehr; dieser Preis bildet sich im Emissionshandel an der Börse.

Was ändert sich 2027? Und welche Folgen hat das?

EU-weit soll dann ein zweiter Handel mit CO2-Emissionsrechten eigens für Verkehr und Gebäude starten. Und Experten erwarten, dass das zu einem regelrechten Preisschock führen wird. Denn, so Peterson: „Im Unterschied zum derzeitigen deutschen System wird die EU nicht unbegrenzt viele Zertifikate zur Verfügung stellen, sondern nur eine begrenzte Menge.“ Brüssel will den Klimagas-Ausstoß von vornherein einschränken – das wird den CO2-Preis nach oben treiben.

„Viele Studien prognostizieren, dass 2030 pro Tonne Klimagas 150 bis 200 Euro zu zahlen sind, also drei bis dreieinhalbmal so viel wie heute.“ Der Anreiz etwa, auf ein E-Auto umzusteigen, dürfte also kräftig zunehmen. Fraglich erscheint allerdings, ob die Politik derart hohe CO2-Preise tatsächlich so durchziehen kann wie derzeit geplant.

Hans Joachim Wolter
aktiv-Redakteur

Hans Joachim Wolter schreibt bei aktiv vor allem über Klimaschutz, Energiewende, Umwelt, Produktinnovationen sowie die Pharma- und Chemie-Industrie. Der studierte Apotheker und Journalist begann bei der Tageszeitung „Rheinpfalz“ in Ludwigshafen und wechselte dann zu einem Chemie-Fachmagazin in Frankfurt. Wenn er nicht im Internet nach Fakten gräbt, entspannt er bei Jazz-Musik, Fußballübertragungen oder in Kunstausstellungen.

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