Leonard Fechter ist Technik-Freak und Sneaker-Fan. Für den 15-jährigen Gymnasiasten aus Thedinghausen bei Bremen sind die sportlichen Schuhe mehr als nur Bekleidung. „Du kannst mit Sneakern deinen Status ausdrücken und dich von anderen unterscheiden“, meint er.

Aber Sneaker sind nicht nur ein modisches Statement, sondern auch ein technisch sehr anspruchsvolles Produkt, wenn es um die Herstellung geht. Das erfuhr Leonard beim ersten „Sneaker TechCamp“ von Desma Schuhmaschinen, das kürzlich in Achim stattfand.

Kooperation mit verschiedenen Partnern

29 Schüler zwischen 11 und 19 Jahren waren bei dem Event drei Tage lang Gast am Firmensitz des Unternehmens, das als weltweit führender Hersteller von Fertigungsanlagen für die Schuh-Industrie gilt. Desma hatte die Jugendlichen gemeinsam mit dem Schuhhersteller Lloyd Shoes, dem SAP-Dienstleister Abat, der Innovationsagentur Granny & Smith und der Technischen Akademie Heidekreis TAHK eingeladen, um „zu zeigen, dass die Produktion von Schuhen nichts Antiquiertes aus analogen Zeiten ist, sondern im Gegenteil viel mit Innovation, Hightech und Digitalisierung zu tun hat“, wie Christian Decker sagt. Er ist technischer Geschäftsführer von Desma und leitet das Unternehmen gemeinsam mit seinem Kollegen Klaus Freese.

Beide sind sehr erfahren in ihrem Geschäft und wissen, dass man sich beizeiten um Nachwuchs kümmern muss, wenn man nicht ein Opfer des Fachkräftemangels werden will. Und der 269-Mitarbeiter-Betrieb, der mehr als 90 Prozent seiner Anlagen exportiert, ist ständig auf der Suche nach qualifiziertem Nachwuchs.

Jugendliche kreieren ihren perfekten Schuh

Events wie das Sneaker-TechCamp helfen dabei. Die Idee kam bestens an. Voller Eifer machten sich die Jugendlichen in Kleingruppen an den Entwurf ihres eigenen Turnschuhs.

Die 13-jährige Realschülerin Amani Al-Tameeni ist begeistert. „Im Shop gibt es eigentlich nie den perfekten Schuh. Hier kann ich endlich ein Modell entwerfen, der mir hundertprozentig gefällt.“ Und in der Tat, ihr fertiger Schuh ist einzigartig: mit Schnürung mit Schleife an der Ferse, Modeschmuck-Diamanten auf der Kappe und einem interessanten Mix verschiedener Obermaterialien.

Schuh-Designer Jonas Ell von Lloyd Shoes aus Sulingen zeigt dem Nachwuchs, wie die Profis arbeiten. Zunächst wird gezeichnet. Schon in diesem Stadium realisieren einige Teilnehmer, dass ein weißes Blatt Papier auch ein Hindernis sein kann. „Einfach anfangen, dann wird’s schon“, motiviert Ell die Kids.

Auch die Vermarktung ist ein Teil der Aufgabe

Nach der Zeichnung die nächste Schwierigkeit: Der Entwurf muss an einen Leisten aufgebracht werden. Auch das erfordert viel Geduld. Am Ende stehen die Auswahl und der Zuschnitt des Obermaterials sowie die Wahl von Schnürbändern oder Klettverschlüssen.

Dass Sneaker nicht nur chic aussehen, sondern auch jede Menge weiterer Eigenschaften haben können, wird am Ende deutlich. Denn die Schüler müssen nicht nur über das Design und die Fertigung nachdenken, sondern auch über die Vermarktung ihres Modells. Dazu gibt es am dritten und letzten Tag eine Präsentation vor einer Jury.

Schlappen mit Lappen und Treter mit Akku und Musik

So entstanden etliche Varianten des Freizeitschuhs von morgen – viele quietschbunt, mit ausgefallenen Gimmicks und durchaus praktischen Vorteilen. Wie der „Schlappen mit Lappen“, ein Sneaker, der einen Putzlappen zur schnellen Reinigung integriert, oder der „Wirelesswalk“, ein Schuh mit WLAN und Akku in der Sohle. Andere Schüler haben ihr Modell mit Lautsprechern bestückt oder eine Lampe eingebaut.

Am Ende kürt die Jury die Gewinnerteams und zeichnet die Teilnehmer mit Urkunden aus. Desma-Chef Decker ist begeistert: „Die Ideen der Jugendlichen zeigen, dass sie ihrer Kreativität freien Lauf gelassen haben. Damit haben sie das Camp zu einem echten Erfolg gemacht.“

Innovations-Campus auf dem Werkgelände geplant

Für Decker Ansporn, das nächstgrößere Ziel anzusteuern. „Wir wollen demnächst neu bauen. Deshalb werden einige Räume auf dem Gelände frei.“ Dort will Desma junge Kreative und innovative Firmen ansiedeln und so eine Art Innovations-Campus schaffen.

Das Sneaker-TechCamp habe gezeigt, dass diese Ideen auf einen fruchtbaren Boden fielen und man auf dem richtigen Weg sei. Die Gemeinde Achim ist ähnlich positiv gestimmt. Bürgermeister Rainer Ditzfeld sieht nicht nur bei Desma, sondern auch bei anderen Firmen im Ort Möglichkeiten, Existenzgründer anzusiedeln.

Desma-Geschäftsführer Decker plant schon weiter: Man werde gewiss kein „Silicon Valley“ schaffen, aber vielleicht doch ein „Silicon Village“.

Begegnung mit …

Ralf Brammerloh: Vorbild für Nachwuchs

Das Sneaker-TechCamp gefällt ihm, weil es frische Ideen ins Unternehmen bringt. „Unser Betrieb geht mit der Zeit und fördert junge Leute“, sagt Ralf Brammerloh. „Das finde ich gut.“ Der 52-Jährige ist seit fast 20 Jahren bei Desma Ausbilder für die gewerblich-technischen Berufe. Brammerloh: „Wir teilen uns den Job. Ich bin für die mechanischen Berufe zuständig, ein Kollege deckt die Elektronik ab.“

Seinen ersten Arbeitstag bei Desma hatte er 1981, mit 15 Jahren. Er lernte Werkzeugmacher und bildete sich stetig weiter – erst machte er den Industriemeister, dann den technischen Betriebswirt.

Auch im Prüfungsausschuss der IHK aktiv

Zunächst war er für Qualitätssicherung zuständig, dann entdeckte er sein Talent für die Ausbildung. Heute gehören beide Bereiche zu seinen Aufgaben. An der Ausbildung mag Brammerloh, dass man dort immer gefordert wird. „Ich versuche, immer am Ball zu bleiben und den jungen Leuten ein Vorbild zu sein, fachlich und menschlich.“ Scheint zu klappen, denn mittlerweile sitzt er auch im Prüfungsausschuss der IHK und bringt dort sein Wissen ein.

Mein Job

Wie kamen Sie zu Ihrem Job?

Eigentlich zufällig. Mein Vater hat bereits hier gearbeitet, und ich habe in den Ferien ein Praktikum gemacht. Das hat mir so gut gefallen, dass ich bei Desma angefangen habe.

Was gefällt Ihnen besonders?

Die Arbeit mit den Jugendlichen macht mir großen Spaß. Ich muss mich immer auf neue Dinge einstellen. Mit jungen Leuten zu arbeiten, hält selbst jung.

Worauf kommt es an?

Du musst selbst das vorleben, was du von den Jugendlichen erwartest. Zudem muss ich fachlich immer auf der Höhe der Zeit sein.

Lothar Steckel
Autor

Als Geschäftsführer einer Bremer Kommunikationsagentur weiß Lothar Steckel, was Nordlichter bewegt. So berichtet er für aktiv seit mehr als drei Jahrzehnten vor allem über die Metall- und Elektro-Industrie, Logistik- und Hafenwirtschaft, aber auch über Kultur- und Freizeitthemen in den fünf norddeutschen Bundesländern.

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