Von Krise keine Spur: Die Deutsche Benkert investiert kräftig am Standort Herne
Während in manch anderem Unternehmen Mitarbeiter gehen müssen, wird hier neu eingestellt: Ein paar Meter weiter zum Beispiel ist Lükings Kollegin Bianca Werner im Einsatz – seit diesem Juli.
„Wir sind im Moment zu mehr als 100 Prozent ausgelastet“, bestätigt der Juniorchef Bastian Benkert, ein Urenkel des Firmengründers. „In Herne haben wir inzwischen schon 380 Mitarbeiter, darunter übrigens acht Azubis – und 2010 wird weiter eingestellt.“
Krisensicheres Produkt
Denn dann soll eine weitere Druckmaschine in Betrieb gehen: Eine Fünf-Farben-Anlage mit automatischem Zylinderlager nebst der entsprechenden Infrastruktur. Rund 8 Millionen Euro will das Familienunternehmen investieren.
Mehr Maschinen, mehr Personal: Was sind das für Produkte, die offenbar erstaunlich krisensicher sind? Genau genommen ist es nur eines – aber das gibt es in vielen Varianten:
Benkert fertigt Mundstück-Belagpapiere für handelsübliche Zigaretten, also die hauchdünnen Hüllen, die Filter und Tabakstrang verbinden.
Ein knappes Fünftel des weltweiten Bedarfs liefert der Mittelständler aus seinen fünf Werken in Europa und Asien. Wie viel das ist? „Material für 800 Milliarden Zigaretten jährlich“, sagt der Juniorchef. Mit einem Rückgang rechnet er nicht: Was das gesundheitsbewusste Europa weniger rauche, werde von den Staaten der ehemaligen Sowjetunion mehr als ausgeglichen.
Der chinesische Staatsmonopolist zählt ebenso zu den Kunden wie alle weltbekannten Konzerne in Sachen blauer Dunst, darunter Philip Morris, BAT, Imperial Tobacco und Japan Tobacco. „Unsere Hauptabnehmer sind nicht von der Krise betroffen.“
Wer solche Größen beliefert, muss Spitzenware bieten. Und die auf den ersten Blick harmlosen Papierchen müssen ganz verschiedene Anforderungen erfüllen. Etwa optisch: Da gilt es, genau den Wünschen des Kunden zu entsprechen – bis hin zu komplizierten farbigen Mustern.
Vor allem aber dürfen die Papierchen später, bei der rasanten Zigaretten-Produktion, nicht reißen. Obwohl ein Gutteil der Rollenware während der Benkert-Fertigung perforiert wird! Mit bloßem Auge sind die Löcher aber kaum zu sehen: „Unsere mikrofeine Perforation verdünnt den Schadstoff-Strom durch Luft von außen, das macht die Zigarette leichter“, so der Juniorchef.
Die Löchlein kommen per elektrostatischer Funken-Entladung oder per Laserstrahl in das fertig bedruckte Papier. Die nötigen Anlagen: teils selbst entwickelt, teils eingekauft.
„Wir haben Gewinne immer wieder in neue Maschinen gesteckt“, betont der Seniorchef Michael Benkert, der sich nach vier Jahrzehnten an der Spitze allmählich zurückziehen will. Und er ergänzt: „Wir haben noch nie einen einzigen Arbeitsplatz in Herne abgebaut, sondern durch die Auslandswerke den Standort gesichert.“
Denn die hohe Qualität ist nur das eine – das andere ist, auch die geforderten Mengen liefern zu können. Wenn ein Weltkonzern ordern möchte, kann ein deutscher Mittelständler kaum abwinken.
Sehr treue Belegschaft
Das erklärt auch die aktuelle Spitzen-Auslastung: Ein Konkurrent aus Frankreich ist kürzlich aus dem Rennen gegangen – in Herne landeten umso mehr Bestellungen. Dass ihm wegen des jetzt nötigen Kraftaktes Mitarbeiter von der Fahne gehen, befürchtet der Seniorchef nicht. „Unsere Fluktuation geht gegen Null“, sagt Benkert, „und ich bin stolz auf unsere langjährigen Mitarbeiter.“
Info: Kork-Imitation
Wieso sind Zigaretten eigentlich so oft an einer Seite mit ockerfarbenem Papier umwickelt? Benkert-Prokurist Rolf-Bernd du Pin erklärt: „Vor der Einführung der Filter-Zigarette wurden die Mundstücke mit ganz verschiedenen Materialien umwickelt, zum Teil mit echtem Kork. Das ist Geschichte – aber das Aussehen hat sich erhalten, wir sprechen hier von einer Kork-Imitation.“ Fast ein Drittel der Benkert-Ware wird immer noch mit dieser vertrauten Optik ausgeliefert.