Volker Fasbender, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands Hessenmetall und der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU), geht nach 43 Jahren in den Ruhestand. Er half mit beim Aufbau Ost, kämpfte gegen die 35-Stunden-Woche und für die Stärkung des Standorts. In AKTIV zieht der engagierte Streiter für die Wirtschaft Bilanz.

Warum sind Sie zu einem Verband gegangen?

Ich bin ein Fan von Ludwig Ehrhard und der Sozialen Marktwirtschaft. Erhard schaffte die zentrale Lenkung der Wirtschaft ab und ermöglichte das Wirtschaftswunder. Ich wollte mitgestalten. Mitbestimmung, Vermögensbildung, betriebliche Altersversorgung und viele Themen mehr begegneten mir beim Verband.

Was war Ihre erste Aufgabe?

Unter anderem der Aufbau eines allgemeinen Arbeitgeberverbands für Frankfurt.

Das war nicht der einzige …

Nach der Wende habe ich neben meiner Arbeit in Frankfurt unseren Schwesterverband in Thüringen mit aufgebaut.

Ihre besondere Leidenschaft gilt der Tarifpolitik?

Das ist unser Kernbereich. Mit den Gewerkschaften gestalten wir die Arbeitsbeziehungen, legen Löhne und Gehälter fest. Wir entscheiden über das Schicksal von Menschen und Unternehmen. 1 Lohn-Prozent steht für Milliarden von Euro. Die hohe Kunst ist es, den wirtschaftlichen Erfolg zu verteidigen und die Arbeitnehmer trotzdem fair zu behandeln.

Da braucht man einen guten Draht zueinander, oder?

Wir sind Gestaltungspartner, aber auch Gegenspieler. Die Arbeitgeber kämpfen für den Erfolg ihres Unternehmens, die Gewerkschaften für die Interessen der Arbeitnehmer. Tarifverträge sind Kompromisse. Die müssen alle meistern können, auch kleinere Betriebe. Falsche Abschlüsse können fatal sein.

Gab es aus Ihrer Sicht denn falsche Abschlüsse?

Der Abschluss 1995, der nach aggressivem Arbeitskampf mit der letzten Stufe der Arbeitszeitverkürzung auf 35 Stunden etwa 10 Prozent mehr bedeutete, war ein Desaster. Produktion wurde ins Ausland verlagert, und viele Arbeitsplätze gingen verloren.

Hat sich danach das Verhältnis geändert?

Ja. Danach sind unsere Tarifabschlüsse wettbewerbsorientierter geworden. 2004 öffneten wir mit dem Pforzheimer Modell den Flächentarifvertrag für mehr Flexibilität zur Standortsicherung. 2004 gelang uns auch mit dem Entgelt-Rahmen-Abkommen im Tarifbezirk von M+E Mitte die Zusammenführung der bis dahin getrennten Arbeiter- und Angestellten-Welten in einem einheitlichen Entgeltsystem mit klaren Leistungsbeschreibungen – bis heute die Grundlage aller Tarifverträge. Auch bei der großen Wirtschaftskrise 2009 wollten wir vor allem die Betriebe am Leben halten. Armin Schild, damals Bezirkschef der IG Metall, und ich richteten ein „rotes Telefon“ ein, damit wir bei Konfliktfällen schnell für Deeskalation sorgen konnten. 2010 unterzeichneten wir einen Krisen-Tarifvertrag mit einer Nullrunde und erleichterter Kurzarbeit. Und so erlebten wir das Wunder, dass die deutschen Arbeitnehmer kaum etwas spürten, während in anderen Ländern Millionen Menschen ihre Jobs verloren.

Das klingt nach solider Partnerschaft.

Ja. Sie gelingt vor allem in Krisenfällen gut. Seit Ende der Wirtschaftskrise sehen wir allerdings ein Anwachsen der Lohnstückkosten. Hier müssen wir wieder um mehr Wettbewerbsfähigkeit kämpfen und aufpassen, dass die Tarifbindung nicht schwindet.

Warum schwindet das Interesse der Unternehmer?

Verbandsengagement kostet Unternehmer Zeit. Man muss Flagge zeigen und erntet dafür gelegentlich harschen Widerspruch bis hin zu Warnstreiks. Natürlich ist es vordergründig einfacher, sich bei Bedarf Spezialisten zu suchen, zum Beispiel wenn es um Arbeitsrecht geht. Die sind bestenfalls teure Problemlöser für den Einzelfall. Einzelprobleme lösen wir zwar auch, aber noch viel mehr. Unsere Arbeit kombiniert Aufgaben des Arbeitsrechts, der Tarifpolitik, der Prozessoptimierung durch Arbeitswissenschaft und vieles andere mehr – bis hin zur politischen Interessenvertretung, egal ob es um Bildung, Zeitarbeit, Energie oder Infrastruktur geht. Ein solches Gesamtpaket bietet außer uns niemand.

Wie sehen Sie die Zukunft der Verbände?

Sie hängt davon ab, ob die Erkenntnis wächst und sich durchsetzt, dass der Einzelne weniger ausrichten kann als eine solidarische Arbeitgebergemeinschaft. Und dass Nichtstun nicht mehr Freiheit bringt, sondern mehr und schärfere gesetzliche Regulierung. Ich hoffe, dass man weiter gute Leute findet, die sich engagieren und mitgestalten wollen. Das war jedenfalls auch mein Bestreben. Ich war immer gerne vorne dabei. Habe nie nur kritisiert, sondern recherchiert, erklärt, mir eine eigene Meinung gebildet – und immer Lösungsvorschläge eingebracht.

Zur Person

Arbeitete 43 Jahre für Wirtschaft und Gesellschaft: Volker Fasbender. Foto: Verband
Volker Fasbender
  • Geboren 1945 in Hochstadt; verheiratet, eine Tochter.
  • Jura-Studium an der Goethe-Universität, Frankfurt.
  • 1973: Eintritt in die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU) und den Verband der Metall- und Elektro-Unternehmen Hessen (Hessenmetall).
  • 1975 Gründung und in der Folge Aufbau des Allgemeinen Arbeitgeberverbands Frankfurt – seit 2000 Unternehmerverband Frankfurt Rhein-Main (UVF).
  • 1986 bis 1995: Leiter Abteilung Tarifwesen und Arbeitswissenschaft sowie Koordinator Hessenmetall.
  • 1989 bis 1995: Mitwirkung bei der Gründung und dem Aufbau des Schwesterverbands in Thüringen und in der Tarifpolitik in den neuen Bundesländern.
  • 1993 stellvertretender Hauptgeschäftsführer.
  • Seit 1995: Hauptgeschäftsführer von Hessenmetall, VhU und UVF sowie Geschäftsführer des Arbeitgeberverbands der Deutschen Kautschukindustrie (ADK), Geschäftsstelle Frankfurt, und der DRV-Tarifgemeinschaft im Deutschen ReiseVerband (DRV).