Stuttgart. Carl Benz und Robert Bosch waren auch mal Start-ups. Mit ihren Geschäftsideen haben sie den Grundstein zur heute erfolgreichen Automobil-Industrie in Baden-Württemberg gelegt. So wie sie haben viele pfiffige Erfinder einst klein angefangen, in Garagen, Hinterhöfen oder provisorischen Werkstätten. Als Zulieferer, Metallbearbeiter oder Elektroausrüster haben sie zur Entstehung der baden-württembergischen Metall- und Elektro-Industrie beigetragen, die heute mehr als 900.000 Menschen beschäftigt. Nur mit ständiger Anstrengung, Innovationskraft und mit gut ausgebildeten Fachkräften halten sie ihre Spitzenposition. AKTIV zeigt vier Beispiele solcher Unternehmen, die Geschichte geschrieben haben.
Nadeln von Groz-Beckert
Das Leben auf der Schwäbischen Alb im 19. Jahrhundert war mühsam, die Böden waren karg. Die bittere Armut war für damalige Gründer ein Antrieb, etwa für den Apothekersohn Theodor Groz. Die Nadeln aus seiner Werkstatt in Albstadt-Ebingen waren in der aufstrebenden Textil-Industrie gefragt. Schon 1888 gründete Groz eine Krankenkasse für seine Mitarbeiter. Heute ist das Familienunternehmen Groz-Beckert Weltmarktführer und beschäftigt 8.800 Mitarbeiter.
Schuler presst feine Bleche
Fast jeder hat schon mal ein Teil berührt, das mit einer Presse von Schuler geformt wurde, seien es Münzgeld, die Karosserie eines Pkws oder Armaturen in Bad und Küche.
Am Stammsitz in Göppingen gründete Louis Schuler 1839 das Unternehmen und begann 1852 mit dem Bau von Blechbearbeitungsmaschinen. Schon Ende des 19. Jahrhunderts lieferte Schuler Münzprägepressen nach China. 1924 folgte die erste Karosseriepresse für die Massenfertigung. Heute macht Schuler den Großteil seines Umsatzes mit der Automobil- und Zulieferer-Industrie. Die Riesenpressen können Stahlbleche mit einer Stärke von weniger als einem Millimeter bis zu mehreren Zentimetern formen.
Stihl - Pionier beim Export
Als Andreas Stihl 1926 in Stuttgart sein Ingenieurbüro eröffnete, hatte er eine Idee: Die Säge muss zum Baum und nicht – wie damals gängig – der Baum zur Säge. Die erste eigene Motorsäge aus dem „A. Stihl Ingenieurbüro“ ist eine Zweimann-Elektrosäge. 1929 folgt die erste Benzinmotorsäge. Auch auf anderen Gebieten war der Gründer der heute meistverkauften Motorsägen-Marke ein Pionier: Schon ab Mitte der 1930er Jahre exportierte Stihl seine Sägen nach Nordamerika und Russland. Aktuell macht Stihl 90 Prozent des Geschäfts im Export, bei einem Umsatz von 3,8 Milliarden Euro.
Magura - Tüftler in Familienhand
Firmengründer Gustav Magenwirth war Lehrling und später Mitarbeiter des Autoerfinders Carl Benz, bevor er 1893 in Bad Urach seine eigene Werkstatt gründete. Der große Durchbruch kam für den Tüftler 1923 mit dem ersten Fertigungsauftrag für BMW. 1996 radelte der erste Mountainbike-Olympiasieger ausgestattet mit einer Magura-Bremse des gleichnamigen Unternehmens. Heute ist Magura einer der größten Hersteller von hydraulischen Bremssystemen für Fahrräder und Motorräder und in der vierten Generation in Familienhand.
Interview: Innovationen sind die Basis für den Erfolg

Mannheim. Baden-Württemberg hat traditionell eine starke Industrie. Was Betriebe brauchen, um auch in Zukunft so gut zu sein, erklärt Christian Rammer, Experte für Innovationsökonomik am Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung, im Gespräch mit AKTIV.
Warum ist die Industrie in Baden-Württemberg so erfolgreich?
Wir finden hier viele Branchen, die gerade international eine sehr positive Entwicklung haben. Das gilt besonders für den Maschinenbau. Der Bedarf an Produktionsanlagen steigt weltweit an. Gerade der baden-württembergische Maschinenbau hat sich auf hochkomplexe Lösungen spezialisiert, die andere nicht ohne Weiteres nachmachen können.
Was ist der Schlüssel für diese Entwicklung?
Die Basis dafür ist die Innovationsstärke. Ihre Spitzenposition können die Unternehmen nur verteidigen, indem sie Innovationen vorantreiben.
Laut Ihrer Studie sind kleine Unternehmen aber zu wenig innovativ. Warum?
Sie haben meist keine eigene Entwicklungsabteilung, können weniger Zeit aufwenden und die Kosten kaum über die Preise weitergeben. Wir schlagen deshalb schon lange die steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung für kleine und mittlere Unternehmen vor. Das würde einen Anreiz schaffen.
Gibt es aktuell noch andere Risiken für die Betriebe?
Das größte Problem ist momentan der Fachkräftemangel. Die Unternehmen können Innovationen nur mit gut ausgebildeten Mitarbeitern entwickeln – und die sind gerade in Baden-Württemberg knapp. Das müsste die Politik viel breiter angehen. Das zweite große Risiko sind die neuen Barrieren im Welthandel. Einige Branchen exportieren rund drei Viertel ihrer Produktion. Offene Märkte sind deshalb ein wichtiges Thema für die Unternehmen.