Hildesheim. Die Berufsschulen in Stadt und Region leisten nicht mehr das, was Unternehmen von ihnen erwarten. Die Betriebe monieren zu wenig Unterrichtsstunden, zu schlechte technische Ausstattung, zu wenig digitales Training und zu geringes aktuelles Know-how der Lehrer. Diese Kritikpunkte nennt eine große Mehrheit der Firmen in einer aktuellen Umfrage des Verbands Unternehmer Hildesheim. 120 von 400 angeschriebenen Unternehmen beteiligten sich an der Erhebung.

Ihre Hauptsorge ist, dass die Berufsschulen als Partner beim digitalen Wandel ausfallen. Vier Fünftel der befragten Firmen sehen ihren Nachwuchs „nicht“ (23 Prozent) oder „nur zum Teil“ (61 Prozent) auf den digitalen Wandel vorbereitet. Fast 90 Prozent halten es für nötig, die digitalen Kompetenzen der Lehrer zu verbessern. Und 44 Prozent wünschen sich eine bessere technische Ausstattung. Doch statt das anzupacken, kürzt die Landesregierung die Mittel für die Berufsschulen sogar.Klagt über Lehrermangel: Franc Schulz, Leiter der Berufsbildenden Schule in Alfeld.

Erstmals „Weichensteller“-Preis an Pädagogen verliehen

Um die Schulen wieder mehr in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken und ein Zeichen zu setzen für die Bedeutung ihrer Lehrer, hat die Stiftung Niedersachsenmetall in diesem Jahr erstmals gewerblich-technische Pädagogen mit einem neuen „Weichensteller“-Preis geehrt. Ausgezeichnet wurden zwei Lehrer und ein Vierer-Team. Für sie ist die Medaille eine Anerkennung, dass sie in besonderer Weise die Talente junger Menschen wecken und fördern.

Angesichts sinkender Bewerberzahlen sei dieses Engagement besonders wichtig, sagt Volker Schmidt, Vorstand des Stiftungskuratoriums. „Die duale Ausbildung kommt zunehmend in eine Schraubstock-Position: Auf der einen Seite gibt es demografisch bedingt weniger Nachwuchs, und auf der anderen Seite herrscht bei jungen Leuten ein regelrechter Studien-Hype.“

Lehrermangel ist schon heute ein dickes Problem

Zudem werde übersehen, dass die Berufsschulen beim Tempo technischer Entwicklung mithalten müssten, sagt Schmidt. Er fordert: „Die Politik muss sie allerdings auch in die Lage versetzen, diesen Anpassungsprozess zu leisten.“ Das erfordere moderne Ausstattung, Informatik, Breitbandanschluss und vor allem genügend Lehrkräfte.

Der Lehrermangel sei schon heute ein dickes Problem, berichtet Franc Schulz, Leiter der Berufsbildenden Schule in Alfeld. „Ich habe vier Jahre lang Elektrotechnik-Lehrer gesucht.“

Der Arbeitsmarkt sei leer gefegt, die Hochschulen bildeten zu wenig praxisnahe Pädagogen aus. Die Berufsschule müsse wieder attraktiver werden. „Wir brauchen Weiterbildung von Fachleuten, wir brauchen Anreize für Interessenten“, fordert der Berufsschulleiter. Und warnt: „Wenn ich heute nach Asien und China schaue, wird mir angst und bange.“